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    In diesem Horror-Klassiker spielen zwei der größten Gruselstars der Geschichte mit – jetzt gibt’s ihn erstmals uncut im Heimkino!
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    Im atmosphärischen und stilvollen Horror-Klassiker „Der Leichendieb“ stehen die Horrorikonen Boris Karloff und Bela Lugosi gemeinsam vor der Kamera. Hierzulande war die Schauergeschichte bislang bloß gekürzt erhältlich – endlich erscheint sie uncut!

    +++ Meinung +++

    Basierend auf einer Kurzgeschichte von Robert Louis Stevenson, jagte der Horrorfilm „Der Leichendieb“ einst dem Publikum einen eiskalten Schauer über den Rücken. Mittlerweile gilt die atmosphärisch dichte, suspensereiche Gruselgeschichte als Genreklassiker mit moralisch komplexen, toll gespielten Figuren. Jetzt, geschlagene 77 Jahre nach seiner Weltpremiere und 51 Jahre nach seiner deutschen TV-Erstausstrahlung ist es endlich so weit: „Der Leichendieb“ feiert seine hiesige Uncut-Heimkinopremiere.

    Denn bisher erschien im deutschen Handel bloß eine um mehrere Minuten gekürzte Schnittfassung, den vollständigen Film gab es hierzulande nur sporadisch im Fernsehen zu sehen. Das hat nun ein Ende: Das Label Filmjuwelen veröffentlicht „Der Leichendieb“ am 19. August 2022 erstmals in voller Länge – sowohl auf DVD als auch als Blu-ray-Premiere.

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    Zusätzlich zum finster-stimmungsvollen Film befinden sich auf der Disc unter anderem eine fast einstündige Dokumentation über Produzent Val Lewton, dem nicht wenige Filmhistoriker*innen nachsagen, das (Sub-)Genre des anspruchsvollen Horrorfilms erfunden zu haben. Darüber hinaus liegt der DVD- sowie der Blu-ray-Edition ein 20-seitiges Booklet über die Entstehung und historische Nachwirkung von „Der Leichendieb“ bei.

    "Der Leichendieb": Knackig-schaurige Suspense

    Schottland anno 1831: Der Medizinstudent Donald Fettes (Russel Wade) erhält eine Assistenzstelle bei Dr. MacFarlane (Henry Daniell), der ein dunkles Geheimnis hat. Er lässt auf dem Friedhof heimlich Leichen entwenden, um sie als Anschauungsexemplare während Anatomiestunden und zu Versuchszwecken zu benutzen. MacFarlanes Bezugsquelle ist der Kutscher John Gray (Boris Karloff), ein garstiger Bursche, der sich alsbald gegen seinen Auftraggeber wendet. Oder hat er mit seiner Empathie für das gelähmte Mädchen Georgina (Sharyn Moffett) gar eine löbliche Motivation..?

    Während Val Lewton bei RKO Pictures tätig war, stellte er den für ihn tätigen Filmschaffenden klare Regeln auf: Sie mussten sich an eine Laufzeit-Höchstgrenze von 75 Minuten halten und durften das Budget von 150.000 Dollar nicht überbieten. Außerdem wurden die Filmtitel streng von einer Marketingabteilung überwacht, um den Projekten effektive Promo zu garantieren. Wer sich diesen Gesetzen unterwarf, genoss im Gegenzug eine künstlerische Freiheit, wie sie im damaligen Studiosystem nahezu unerhört war. Der heutige Horror-Produzent Jason Blum und seine „Haltet euch ans Budget, dann lasse ich euch schalten und walten“-Mentalität lassen grüßen!

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    Einer der Filmemacher, die sich von Lewtons Vorgehen haben anlocken lassen, war Robert Wise, der zuvor den Schnitt von „Citizen Kane“ verantwortete und später solche filmischen Evergreens wie „West Side Story“ inszenieren sollte. Zwar erlebte er mit seiner Regiearbeit „Der Leichendieb“ einen der wenigen Fälle, dass sich Lewton nicht nur als Produzent, sondern auch als Drehbuchautor beteiligte. Aber das Debakel, das häufig eintritt, wenn sich hauptberufliche Produzenten doch mal an die Schreibmaschine setzen, blieb aus:

    „Der Leichendieb“ nimmt die kurze, stimmungsvolle Stevenson-Vorlage, baut sie atmosphärisch aus und unterfüttert sie mit einem größeren Figurenpersonal sowie psychologisch komplexen, fesselnden Charakterzeichnungen. Vor allem John Gray ist eine packende Persönlichkeit: Der vornehmlich als Frankensteins Monster bekannte Boris Karloff spielt hier eine seiner besten Rollen – einen gerissenen, gefährlichen Menschen mit grantiger Überzeugungskraft, der dennoch mehr Freundlichkeit und Empathie besitzt als der harmlos wirkende, jedoch eiskalte Dr. MacFarlane.

    Bela Lugosi hat indes mit seiner Nebenrolle als MacFarlanes Diener Joseph weniger zu knabbern, dennoch verleiht die „Dracula“-Ikone ihr eine denkwürdige Schaurigkeit. Schauspielerisch fällt allein Russel Wade als mit der Situation überforderter Lehrling raus – fast so, als wäre der Mime selbst mit dem geballten Talent um ihn herum überfordert. Ausgeglichen wird das allerdings durch einen wunderschön-unwohlen Score, eine Handvoll dunkel-melancholischer Volksweisen sowie mit denkwürdig gestalteten Kulissen.

    Die können zwar nicht mit dem Prunk der 40er-Jahre-Universal-Horrorfilme mithalten, allerdings wurde hier mit kleinen Mitteln zielgenau eine intensive Stimmung erzeugt. Die beklemmend-finstere Bildsprache, die Wise und Kameramann Robert De Grasse kreieren, rundet „Der Leichendieb“ einprägsam ab – furchteinflößend ist dieses Grusel-Juwel zwar nicht, jedoch lässt es stimmungsvoll und nachhaltig in unbequeme seelische Abgründe blicken. Und das ist im besten Sinne schrecklich genug!

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