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    Comic-Legende verteufelt eine der besten Serien der letzten Jahre – obwohl er sie nicht mal gesehen hat
    Markus Trutt
    Markus Trutt
    -Redakteur
    Markus ist nicht nur großer MCU-Fan, sondern hat auch sonst ein Faible für Superheldinnen und -helden und ihre meist sogar noch spannenderen Widersacher*innen.

    Dass Comic-Autor Alan Moore nicht gerade gut auf die Adaptionen seiner Werke zu sprechen ist, ist kein Geheimnis. Nun hat er sogar gegen die ansonsten so gefeierte „Watchmen“-Serie von 2019 geschossen – ohne sie selbst gesehen zu haben.

    HBO

    „Lost“- und „The Leftovers“-Macher Damon Lindelof hat sich mit „Watchmen“ 2019 an ein durchaus riskantes Projekt gewagt. Die HBO-Miniserie sollte einerseits die wegweisende Comic-Vorlage von Autor Alan Moore fortführen (allein das ist schon Mammut-Aufgabe genug), auf der anderen Seite aber auch Zuschauer und Zuschauerinnen ohne Vorwissen abholen.

    Am Ende hat Lindelof aber nicht nur diesen Spagat mit Bravour gemeistert, sondern auch sonst ein komplexes Serien-Highlight mit Top-Besetzung geschaffen, das im Rahmen seiner abgründigen (Anti-)Helden-Geschichte auch große gesellschaftliche Themen gekonnt aufgreift. Nicht ohne Grund konnte die Serie stolze elf Emmys einheimsen und sich auf zahlreichen Jahresbestenlisten wiederfinden, so auch bei uns:

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    Ausgerechnet „Watchmen“-Schöpfer Alan Moore ist von Damon Lindelofs Adaption jedoch alles andere als begeistert, wie er in einem ausführlichen neuen Interview mit GQ nun verraten hat.

    Alan Moore hält nichts von Adaptionen

    Moore, der neben „Watchmen“ auch für weitere Kult-Comics wie „From Hell“, „V wie Vendetta“ oder „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ verantwortlich zeichnet, ist seit jeher dafür bekannt, dass er nichts von Verfilmungen seiner Werke hält. Seine Stoffe seien ihm zufolge für die Erzählung im Comic-Medium prädestiniert und für Filme schlechtweg ungeeignet.

    Um Geld zu machen, hat er anfangs zwar noch seinen Namen für entsprechende Adaptionen hergegeben, inzwischen besteht er jedoch darauf, dass er in Verbindung mit derartigen Projekten nicht genannt wird, um sich von ihnen, soweit es geht, zu distanzieren. Aus Prinzip schaut er sich die fertigen Ergebnisse dann auch gar nicht erst an – was ihn allerdings nicht davon abhält, über sie herzuziehen, so nun auch im Fall von „Watchmen“.

    Alan Moore watscht Damon Lindelof ab

    Wer angesichts der Qualität der „Watchmen“-Serie die Hoffnung hatte, dass Alan Moore seine Meinung hier vielleicht doch mal ändern könnte, wird durch die Aussagen der Comic-Legende nun eines Besseren belehrt. Dass er dem Projekt nicht wohlgesonnen ist, könnte durchaus auch damit zu tun haben, dass er im Vorfeld einen Brief von Damon Lindelof bekam, der ihn um Rat fragte, obwohl Moore laut eigener Aussage dem produzierenden Studio Warner Bros. klar gemacht hatte, dass keiner von dessen Mitarbeiter*innen ihn jemals kontaktieren solle.

    Dass Lindelof, der sich über Moores kritische Grundhaltung durchaus bewusst war, sein Schreiben auch noch selbstironisch mit den Worten „Ich bin einer der Bastarde, die gerade ‚Watchmen‘ zerstören“ begann und das Ganze dann mit, laut Moore, „jeder Menge neurotischem Gefasel“ weiterging, stieß bei dem Comic-Autor ebenfalls nicht auf viel Gegenliebe.

    » "Watchmen" bei WOW*

    Dennoch sah sich Moore zu einer Antwort genötigt, die aber alles andere als freundlich ausfiel: „Ich habe erklärt, dass ich das besagte Projekt ablehne, zum Teil weil die Film- und die Comic-Industrie Dinge kreiert haben, die nichts mit meiner Arbeit zu tun hatten, in der öffentlichen Wahrnehmung aber mit dieser assoziiert werden würden“, verriet Moore GQ und offenbarte dann auch noch die weiteren harschen Worte, die er an Lindelof richtete: „Mir ist das Ganze peinlich. Ich möchte nichts mit dir oder deiner Serie zu tun haben. Bitte belästige mich nicht noch mal.“

    So kritisiert Alan Moore die "Watchmen"-Serie

    Und auch dass „Watchmen“ dann so euphorisch aufgenommen wurde, konnte Alan Moore nicht umstimmen, ganz im Gegenteil, fühlte er sich und sein Schaffen dadurch doch ziemlich unverstanden: „Vielleicht denkt ein Großteil der Menschen, dass das wirklich ‚Watchmen‘ sei. Sie denken, dass es ein düsteres, dystopisches Superhelden-Franchise ist, das etwas mit weißer Vorherrschaft [O-Ton: „white supremacy“] zu tun hat.“

    Damit hätten sie das Werk in seinen Augen nicht begriffen: „‚Watchmen‘ ist fast 40 Jahre her und war relativ simpel im Vergleich zu vielen meiner späteren Arbeiten. Wie hoch stehen die Chancen, dass sie seitdem überhaupt etwas davon verstanden haben. Das bringt mich dazu, dass ich von meinen eigenen Werken weniger angetan bin. Sie bedeuten mir dadurch etwas weniger.“

    Obwohl er solche harten, klaren Worte findet, hat Alan Moore – wie schon bei vorherigen Adaptionen – allerdings auch von der „Watchmen“-Serie keine Minute selbst gesehen, würde das doch gegen seine erwähnten Prinzipien verstoßen: „Ich wäre der Letzte, der irgendwelche Adaptionen meiner Arbeit durchstehen will. Nach allem, was ich gehört habe, wäre das enorm anstrengend und qualvoll.“ Das mag auf Film-Ausfälle wie „Die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen“ durchaus zutreffen. Im Fall von „Watchmen“ müssen wir Moore allerdings klar widersprechen, auch wenn es natürlich sein gutes Recht ist, die Serie zu verteufeln, wenn sie in seinen Augen nichts mehr mit dem zu tun hat, was das Werk für ihn ausmacht.

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