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    The Hollow Crown
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    Michael S.
    Michael S.

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    4,5
    Veröffentlicht am 26. Januar 2016
    Mit Shakespeare vertreibt man normalerweise entweder die Schüler aus dem Englischunterricht oder die Hipster aus dem Anglistikstudium. Der Brite ist in seiner Heimat und darüber hinaus so obligatorisch wie Schiller und Goethe hierzulande, man kann ihm einfach nicht entgehen. Entsprechend negativ ist das Bild meist in der breiten Bevölkerung, die sich höchstens noch entfernt an "Romeo und Julia" erinnert. Dass seine Werke aber deutlich vielfältiger sind und mit der richtigen Inszenierung auch heute noch beeindrucken können, beweist eine (wieder mal) sehr stilvolle BBC-Serie, die den Bühnendichter aus dem sechzehnten Jahrhundert für ein modernes Publikum adaptiert und gleichzeitig erstaunlich wenige Kompromisse dabei macht.
    Ähnlich wie es der historische Roman heute tut, schrieb William Shakespeare seine Stücke, um möglichst vielen Menschen Zugang zu geschichtlich interessanten Themen des eigenen Landes zu ermöglichen und natürlich auch, um gute Unterhaltung zu bieten. So war das Publikum des vermutlich bedeutendsten Dramatikers der europäischen Renaissance seit jeher ein möglichst großes und bestand vor allem zu seiner Zeit nicht nur aus wenigen Gelehrten. Für die waren die Bühnenstücke höchstwahrscheinlich eher ein allzu vereinfachendes Ärgernis. Umso besser, dass der Stoff jetzt in Form einer modernen Historienserie gesendet wurde, um einmal mehr möglichst viele Zuschauer zu finden. Und es wird eine Menge getan, um das auch zu erreichen.
    Da wären zum einen die exzellent ausgewählten Darsteller, die nicht nur Rang und Namen haben, sondern Shakespeares Helden auch jenseits der Bühne mit einer Eindringlichkeit verkörpern, vor der vielleicht sogar der Meister selbst ehrfürchtig erschaudert wäre. Ben Whishaw kann nichts dafür, dass seine Figur ein wenig "überirdisch" abgehoben ist und die erste Episode eher schwerfällig daherkommt, aber er passt ebenso wie alle anderen einfach hervorragend in seine Rolle.
    Neben Schauspiellegenden wie Patrick Stewart ("Star Trek"/"X-Men"), John Hurt ("Der Elefantenmensch") und natürlich Jeremy Irons ("Königreich der Himmel") brillieren in den vielfältigen Nebenrollen auch mehrere Darsteller, die einem zeitgenössischen Publikum aus ähnlich aufwändigen Serien bekannt sein dürften: Iain Glen ("Game of Thrones"), James Purefoy ("Rom"), Michelle Dockery ("Downton Abbey") und David Suchet ("Agatha Christie's Poriot") sind nur einige Beispiele für den bis ins Letzte hervorragend besetzten Cast. Da ist es beinahe überflüssig zu erwähnen, dass sämtliche Darbietungen auf einem für Bühnen- und Filmverhältnisse hervorragenden Niveau sind. Die ganze Tragik der hier dargestellten Könige wird mit geradezu erschütternder Wucht deutlich, auch wenn man es nicht sofort erkennen mag. Aber auch der bei Shakespeare nicht immer ganz unschuldige Humor kommt nie zu kurz, sei es bei einer genialen Parodie Prinz Henrys auf dessen knurrigen Vater oder, wenn Mélanie Thierry sich als französische Prinzessin redlich bemüht, verständliches Englisch zu lernen.
    Ästhetisch befinden sich die vier Folgen sehr nahe an den kontemporären Historienfilmen und -serien. Von wegen abgefilmtes Theater, in einigen Szenen wähnt man sich beinahe einem ausgewachsenen Kinofilm gegenüber. Die in britischen Produktionen stets stilvoll ausgewählten Locations tragen ebenso dazu bei wie die üppige Ausstattung und der realistische Look, der gleich mehrere äußerst dreckige Schlachten beinhaltet. Die Länge einiger Folgen beträgt mehr als zwei Stunden, also wird es auch in dieser Hinsicht episch.
    Gewöhnungsbedürftig sind womöglich die Dialoge, welche durchweg in den von Shakespeare verfassten Reimschemata vorgetragen werden. Für die Darsteller auf der Bühne ursprünglich leichter zu merken, aber auch ein künstlerisches Stilmittel, das der eher prosaischen Filmkunst der heutigen Zeit fehlt. Lässt man sich aber erst einmal darauf ein, verschmelzen Vortragsweise und Bildsprache zu einem Gesamtkunstwerk, das sich gewaschen hat. In seinen besten Momenten weiß "The Hollow Crown" dann auch tatsächlich zu berühren, auch wenn man sich durch den einen oder anderen Monolog hindurchkämpfen muss. Die Distanz zu der meist als altertümlich empfundenen Sprechweise wird von den Darstellern ohne Mühen überbrückt.
    Damit steht diese Serie in der besten Tradition von Kenneth Branaghs legendärer Verfilmung von "Henry V.", in dessen Fußstapfen auch ein Tom Hiddleston (der seinerseits schon mit Branagh in der BBC-Serie "Wallander" Verbrecher jagte) eine ausgezeichnete Figur macht. Und es ist noch lange nicht vorbei. Erst im letzten Jahr war mit Justin Kurzels "Macbeth" eine stilvolle Shakespeare-Adaption im Kino zu sehen. Auch "The Hollow Crown" erfährt noch in diesem Jahr eine Fortsetzung - unter anderem mit "Sherlock"-Star Benedict Cumberbatch in der Rolle des durchtriebenen buckligen Königs Richard III.
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