Die 300. Folge "Großstadtrevier": Ein Western zum Jubiläum
von Björn Becher ▪ Montag, 10. Januar 2011 - 00:00

Seit der Ausstrahlung der ersten Folge „Großstadtrevier“ am 16. Dezember 1986 ist das ARD-Vorabendprogramm nicht mehr ohne die Abenteuer der sympathischen Kiez-Polizisten vorstellbar. Am 10. Januar feiert die Serie nun ein Jubiläum. Die 300. Folge steht an und für dieses Ereignis bricht man mit einer Western-Episode aus der üblichen Dramaturgie aus. Wir haben die Folge schon einmal vorab unter die Lupe genommen.

Auf dem von TV-Regielegende Jürgen Roland („Stahlnetz“, „Tatort“) in den Jahren 1983 / 84 entwickelten „Großstadtrevier“ ist seit dem Bestehen schon allerhand Außergewöhnliches passiert. Eine Episode so fern ab vom eigentlichen Handlungsschauplatz gab es aber noch nicht. Für die 300. Folge geht es ab in den wilden Westen. In „5 nach 12“ (Buch: Rainer Butt, Regie: Philipp Osthus), der 6. Episode der aktuell im TV laufenden 24. Staffel, bekommen Kino-Fans eine Reunion der besonderen Art geboten. „Großstadtrevier“-Frontmann Jan Fedder bekommt es mit seinen ehemaligen „Das Boot“-Unterwasserkollegen Claude-Oliver Rudolph, Martin Semmelrogge und Martin May zu tun. Leider entpuppt sich der Wilde Westen zu schnell als deutsche Provinz und die charmante Idee wird zu oft von der mangelhaften Ausführung überschattet. Zurück bleibt zwar etwas, das einmal komplett anders ist als der übliche Serientrott, aber trotzdem nicht sonderlich lange in Erinnerung bleiben wird.

 

Mit diesen Ganoven ist nicht zu spaßen...

Bildmaterial: © ARD/Thorsten Jander

 


In der kleinen Stadt Kiez City regiert Sheriff Clint (Jan Fedder). Dank seiner Aufräumarbeit ist nicht nur die Hauptstraße, die Davidstreet, sondern der ganze Ort wieder sicher. Endlich ist der Zeitpunktpunkt gekommen, sich auch mal eine Auszeit zu nehmen und die seit einem Jahr überfällige Hochzeitsreise mit seiner Annie (Dorothea Schenck) anzutreten. Auch der Bürgermeister Sam Hank (Marc Zwinz) ist einverstanden, dass für ein paar Wochen Hilfssheriff Harvey (Steffen Groth) das Sagen hat, obwohl dessen Taten nicht mit seiner großen Klappe mithalten können und er vornehmlich der schönen Saloontänzerin Harriet (Maria Ketikidou) zu imponieren versucht. Doch als die Abreise ansteht, herrscht plötzlich Aufregung. Der gefürchtete Bandit Frank Miller (Claude-Oliver Rudolph) wurde vorzeitig aus dem Gefängnis entlassen. Mit seinem Bruder Ben (Martin May) und Kompagnon Colby (Martin Semmelrogge) ist er auf dem Weg nach Kiez City, um Rache an Clint zu üben. Der hat ihn nämlich einst ins Gefängnis gebracht. Clint heftet sich also den Sheriffstern wieder an die Brust, entlässt Trunkenbold Charly (Karl Dall) aus dem Knast und bringt seine Freunde in Sicherheit, um sich den drei Ganoven entgegenzustellen…

Das Ansinnen der Macher wird schnell offenbar. Man wollte etwas Besonderes und Außergewöhnliches kreieren, das es so kein zweites Mal gibt. Was mit dem umgestalteten Vorspann, der das altbekannte Lied von Ede und dem Schutzmann mit typischen Western-Geräuschen verbindet, noch halbwegs klappt, geht anschließend aber leider schnell den Bach runter. Wenn man sich ein paar Cowboykostüme anzieht und den Schauplatz der Karl-May-Spiele in Bad Segeberg als Hintergrund wählt, reicht das halt noch nicht, um nach mehr auszuschauen, als nach ein paar zu groß geratenen Kindern, die „Cowboy & Indianer“ spielen. Besonders peinlich wird es dann, wenn die Westernkutsche über brachliegende deutsche Waldrandfelder rast.

Trotz des Wunsches, sich quer durch die eigene Geschichte zu zitieren und auch noch ein paar Verweise auf reale und filmische Westernvorbilder einzubauen, hätte man die Dramaturgie keineswegs völlig vernachlässigen dürfen. Die lose an „Rio Bravo“ angelehnte Geschichte fesselt auf 42 Minuten gestaucht und mit zahlreichen Plänkeleien gefüllt leider nicht für eine Sekunde.

 

... doch der Ort steht zu seinem Sheriff!

Bildmaterial: © ARD/Thorsten Jander

 

Fans der Serie werden der Episode wenigstens einige Kleinigkeiten abgewinnen können. Gerade die Neuzusammenstellung der Charaktere liefert einige amüsante Szenen. Streifenpartner bekommen eine Romanze spendiert und der gutmütige Hannes Krabbe (Marc Zwinz), der sich in der Serie immer „nur“ als Kumpel mit den Liebesproblemen seiner hübschen jungen Kollegin Nicki Beck (Sophie Moser) befassen darf, darf hier ihren Ehemann geben und ihr damit die ersehnte glückliche Beziehung bescheren. Und dann gibt es da natürlich noch das Gastdarstellertrio. Jan Fedders Idee, seine einstigen Kollegen aus dem Filmklassiker „Das Boot“ zurückzuholen, erweist sich als eine der besseren. Leider müssen Claude-Oliver Rudolph, Martin Semmelrogge und Martin May zwar etwas zu viel Zeit mit kindischen Dialogen verplempern, wenn man sich aber zum finalen Showdown auf der Davidstreet versammelt und exzessive Augen-Close-Ups aufgefahren werden, kommt endlich – wenn auch nur für ein paar Sekunden – doch noch richtiges Western-Feeling auf…

 

Die "Großstadtrevier"-Jubiläumsfolge "5 nach 12" kommt am Montag, den 10. Januar, um 18.50 Uhr auf Das Erste.

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