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Frriday
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5,0
Veröffentlicht am 10. November 2024
„Winterschlaf“ ist sicherlich kein Film für Liebhaber kommerzieller Hollywoodproduktionen, bei denen man seinen Kopf ausschaltet und einfach konsumiert. Der Film des türkischen Meisterregisseurs Nuri Bilge Ceylan ist Arthousekino von höchster Güte und regt dazu an, sich intensiv mit der Handlung und den Charakteren auseinanderzusetzen. Ich bin mir noch unschlüssig, ob „Winterschlaf“ möglicherweise meinen Lieblingsfilm aller Zeiten, „Burning“ von Lee Chang-dong, verdrängt hat. Um das herauszufinden, werde ich mir „Burning“ in den nächsten Tagen noch einmal ansehen.
Wirklich herausragende Filme entstehen nicht in Hollywood. Ich weiß, dass viele Cineasten mit dieser Aussage nicht übereinstimmen werden, aber sie entspricht der Wahrheit: US-Spielfilme aus der Traumfabrik Hollywood stehen überwiegend für kommerziell erfolgreiche und stark vermarktete Produktionen. Natürlich gibt es exzellente amerikanische Filme, wie einige von Woody Allen (zum Beispiel „Midnight in Paris“, „Manhattan“ oder „Der Stadtneurotiker“), die auch in Europa und anderen Kontinenten erfolgreich waren. Dennoch ist es erstaunlich, dass der durchschnittliche Amerikaner nur in den seltensten Fällen mit Filmemachern wie Allen vertraut ist.
Kommen wir zurück zu „Winterschlaf“ und der, aus meiner Sicht, beleidigenden Kritik von Filmstarts.de an Ceylan. Er wird dort als Moralist abgestempelt, dem eine machohafte Sicht auf Geschlechterrollen unterstellt wird. Dabei spiegelt er in Filmen wie „Drei Affen“ oder „Es war einmal in Anatolien“ lediglich die türkische Gesellschaft wider, in der die traditionellen Macho-Modelle zunehmend ins Wanken geraten – auch dank eines „Moralisten“ wie Ceylan, der der türkischen Gesellschaft mit seinen Filmen schonungslos den Spiegel vorhält.
Es scheint, als könne man es nicht ertragen, dass die Filme des türkischen Regisseurs bis heute siebenmal für den Wettbewerb in Cannes eingeladen wurden und seine Werke sowie Darsteller stets mit Preisen geehrt wurden. „Winterschlaf“ gewann 2014 die Goldene Palme für den besten Film.