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    In der Nacht des 12.
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    Kinobengel
    Kinobengel

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    4,0
    Veröffentlicht am 21. Januar 2023
    Die Toten sind noch da und quälen uns

    Frankreich: Clara (Lula Cotton-Frapier), 21, wird nach einer Party auf dem Heimweg mit einer brennbaren Flüssigkeit überschüttet und verbrannt. Für den neuen Teamleiter bei der Kripo, Yohan (Bastien Bouillon), ist es der erste Fall.

    „Warum haben Sie mir das nicht schon vorher gesagt?“ „Ich dachte, es wäre nicht wichtig.“ Solche Sätze fallen nicht nur in den reichlich ausgestrahlten Vorabendkrimiserien des deutschen Fernsehens. Der Masterplot sieht zu jeder dieser Folgen ein Happy End für die Polizei vor. Das Publikum verlangt es so. Dominik Moll („Lemming“ 2005, „Die Verschwundene“ 2019 u.a.) möchte es jedoch anders. Er zeigt den Alltag der Ermittler ohne jede Seichtigkeit, Zuständigkeitsprobleme, die Differenzen untereinander sowie defekte Kopierer als Frustverstärker. Keiner trennt seine privaten Baustellen von der Arbeit, und die Fälle werden gegen die Vorschriften zur weiteren Recherche auf dem heimischen Wohnzimmertisch ausgebreitet. Die Beamten reiben sich an der heranschleichenden Aussichtslosigkeit auf, denn das Opfer liebte viele Männer, vornehmlich die bad Boys, die Verdächtigen mit den mehr oder weniger wasserdichten Alibis.

    Schonungslos inszeniert, lässt der Regisseur Yohan an seiner drohenden Niederlage leiden. Kameramann Patrick Ghiringhelli bietet (wie schon in „Die Verschwundene“) neben den treffend aus der Nähe eingefangenen Gesichtern zur trostlosen Situation das kalte Drücken der beschneiten Berge. Das ist stärker als solides Beobachtungskino, denn die üblen Vibes verbreiten eine bewegende Ernüchterung im Saal, ohne dass die Handlung künstlich negativ befrachtet wirkt. Wer gute Unterhaltung ausschließlich mit den Begriffen Freude oder Zerstreuung definieren möchte, sollte einen anderen Film oder die oben genannten Massenprodukte wählen.

    „In der Nacht des 12.“ besticht durch desillusionierende Realitätsnähe.
    FILMGENUSS
    FILMGENUSS

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    3,5
    Veröffentlicht am 13. April 2023
    ERMITTELN A LA MÖBIUS

    Die Zeiten sind anscheinend vorbei, in welchen sich Drehbuchautoren im Schreiben ihrer Krimi-Plots stets nach der Lauflänge ihrer Serien-Episoden richten mussten. Zugegeben: viele davon haben angesichts ihrer Plausibilität gleich vorweg die Flinte ins Korn geworfen. Andere, die vielleicht mehr Zeit für ihren Fall hatten, strapazierten das Sitzfleisch so mancher Zuschauer. Der Zufall wurde ausgereizt, das Glück des Ermittlers hielt sein Publikum oftmals für dumm. Im True Crime, dem Subgenre des Thrillers, lassen sich Fälle auf wesentliche Wendepunkte reduzieren oder Zeitsprünge wagen, welche die ganze Spannung aber auseinanderreißen können. So gesehen zuletzt in Boston Strangler, einem Versuch, den berüchtigten Mordfall aus den 60ern als Fakten-Entertainment zu verkaufen. Doch man muss als Filmemacher weder das eine noch das andere tun. Man kann Fiktives mit Dokumentarischem kombinieren und das Verhalten der Kriminologen in den Mittelpunkt stellen, die zunehmend daran verzweifeln, nichts zu Ende bringen zu können.

    Dominik Moll, der seit jeher mit dem Mysteriösen liebäugelt und mich mit dem an David Lynch-Werke erinnernden Lemming so richtig beeindruckt hat, konnte letztes Jahr mit In der Nacht des 12. beeindruckende Besucherzahlen schreiben sowie den französischen Filmpreis César fast so oft einheimsen wie die beiden Daniels mit ihrer Multiversum-Oper. Molls Anti-Krimi, wie ich ihn bezeichnen würde, hat sein interessiertes Publikum nicht für dumm verkauft. Hat Erwartungshaltungen unterwandert und sich davor gescheut, sich allen anzubiedern. Wie er das geschafft hat? Er hat sein Werk nicht einem filmischen Zeitfenster angepasst, sondern dieses einfach ignoriert. Ist der Fall nicht gelöst, endet das Ganze ungelöst. Wie bei Eduard Zimmermann und seinem (längst nicht mehr von ihm gehosteten) Dauerbrenner Aktenzeichen XY. Das Mysteriöse, Ungeklärte blieb das Geheimnis eines Erfolges. Niemand will in Wahrheit wirklich wissen, wer‘s war, außer bei Agatha Christie vielleicht. Doch jeder will wissen, wer es hätte sein können. Filme wie diese sind ein Rätsel, welches seine Aufgaben stellt und den Zuseher selbst ermitteln lässt. Ein interaktives Mitarbeiten setzt ein. Und das macht Spaß. Auch wenn ein Fall wie dieser wirklich nicht dazu einlädt, beschwingt ans Recherchieren zu gehen.

    Was In der Nacht des 12. In Grenoble geschieht, ist schließlich so grausam wie gespenstisch. Eine junge Frau namens Clara, gerade mal 21 Jahre alt, wird auf dem Nachhauseweg überfallen, mit Benzin übergossen und angezündet. Sie erliegt ihren Verbrennungen – tags darauf findet man die teils verkohlten Überreste in der Wiese nahe eines Sportplatzes. Polizeibeamter Yohan und sein älterer Kollege Marceau beginnen zu ermitteln. Das Ganze fängt natürlich damit an, den geschockten Eltern vom Ableben ihrer Tochter zu erzählen – harter Tobak. Als nächstes muss Claras Vertraute Nanie, die als letzte das Opfer lebend gesehen hat, einige Fragen beantworten, auch sie am Boden zerstört. Und so geht es weiter. Es stellt sich heraus, dass die junge, durchaus promiskuitive und gar nicht an feste Liaisonen interessierte Frau so manche Beziehungen hinter sich gehabt hat – mit den unterschiedlichsten Typen, die letztendlich alle, auf gewisse Weise, verdächtig sein könnten. Außer jene, die ein Alibi haben. Aber auch da heißt es zu hinterfragen.

    Man folgt den beiden Ermittlern, die selbst so ihre privaten Probleme haben, kreuz und quer durch die Provinz. Dabei nimmt sich Moll genug Zeit für all seine Figuren, um in wenigen Minuten von jedem hier einen plausiblen Steckbrief zu zeichnen. Der eine: gewalttätig, der andere: opportunistisch. Der dritte wiederum: trotzt dem System. Welches Verhaltensmuster also ist die beste Voraussetzung dafür, einen Mord zu begehen? Vor allem einen auf diese Art? In der Nacht des 12. wird immer mysteriöser. Puzzleteile passen nicht ganz zusammen, andere versprechen, die richtige Spur zu ergänzen. Und dann bringt man sich als Publikum selbst ins Spiel. Überlegt, rätselt. Und dennoch quält es einen nicht, am Ende nichts zu wissen. Es muss nicht alles gesagt, nicht alles auserzählt sein. Dominik Moll hält nicht viel von bewährten Mustern des Genres. Er will das Thema neu andenken – und findet die Lösung, in dem er einfach loslässt.
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    CineMoenti
    CineMoenti

    11 Follower 191 Kritiken User folgen

    4,0
    Veröffentlicht am 7. Januar 2023
    Wie kann ein Krimi, in dem es um einen ungelösten, unlösbaen Fall geht, spannend sein? Der Facettenreichtum dieses mit großem Bedacht und großer Genauigkeit gebauten Kriminalfilms ist faszinierend, denn wir gehen mit den Figuren in die Introspektive, erwischen uns womöglich selbst bei angemessenen wie unmöglichen Gedanken über das Geschlechterverhältnis (Männer morden, Männer sind es, die die Morde aufklären sollen, - wie konnte das Opfer nur so "wahllos" mit so vielen Männern etwas anfangen? usw.)
    Wie können die Ermittelnden noch professionell bleiben, wenn sie von einem Fall quasi aufgezehrt werden? All diese differenzierten Schilderungen sind außergewöhnlich echt, beunruhigend real.

    Schon jetzt würde ich sagen: In der Nacht des 12. ist eine der bittersten und zugleich wertvollsten Enttäuschungen des Kinojahres.

    www.cinemoenti.blogspot.com
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