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    Streaming-Tipp: Dieser brutale, durchgeknallte FSK-18-Actionreißer ist wie eine Adrenalinspritze mitten ins Gesicht!
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“. Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

    Bei diesem ultraharten, hyperaktiven Actionkracher ist der Name Programm: „Hardcore“ ist ein rasanter, blutiger und derbkomischer Klopper mit verrückten Ideen – präsentiert in Egoperspektive!

    Ein halber Kopf wird in Nahaufnahme weg geballert, ein Motorrad inklusive Beiwagen düst mit Volltempo durch einen Kleintransporter, und ein Buspassagier wird mit einem Flammenwerfer attackiert. Doch der größte Thrill ist es, wenn der Protagonist Häuserwände hochklettert, sich von einem Hochhaus abseilt oder auf schmalen Geländern rennt. Denn wir sind der Protagonist!

    Bevor Rockmusiker und Musikvideoregisseur Ilya Naishuller den kernig-unterhaltsamen Actioner „Nobody“ mit Bob Odenkirk inszenierte, lieferte er mit „Hardcore“ einen Klopper ab, der seinem Namen gerecht wird: Der in der Ich-Perspektive gedrehte Brutalo-Reißer ist ein extrem vergnügliches Stuntspektakel voller verrückter Ideen und mit saftig-krachenden Gewaltspitzen. Zahlreiche Streamingdienste bieten den FSK-18-Kracher mittlerweile zum kleinen Preis an, darunter etwa Amazon Prime Video.

    Solltet ihr nicht genug von „Hardcore“ bekommen können: Den dreckigen Spaß gibt es nicht bloß regulär auf DVD* und Blu-ray*, sondern auch im Blu-ray-Steelbook* sowie im langsam zum raren Sammelobjekt werdenden Mediabook* mit Soundtrack und Bonus-Comic.

    POV: "RoboCop" als Bastard von der Straße – das ist "Hardcore"!

    Henry stand an der Schwelle zum Tod, doch glücklicherweise arbeitet Estelle (Haley Bennett) im Gebiet der Kybernetik. Mittels moderner Prothesten setzt sie den schwer verletzten Kämpfer, der sich nicht einmal daran erinnern kann, dass er und Estelle ein Ehepaar sind, wieder zusammen. Bevor Henry seine Stimme zurückerhält, stürmt Söldnerboss Akan (Danila Kozlovsky) ins Labor und nutzt Telekinese, um die Wissenschaftlerin zu entführen. Nun liegt es am weiterhin verwirrten Henry und seiner verwirrenden Zufallsbekanntschaft Jimmy (Sharlto Copley), Estelle zu retten, und zu verhindern, dass Akan ihre Ressourcen nutzt, um eine Cyborg-Armee zu erschaffen!

    Ein kreidebleicher, im siffigen Flüsterton schwadronierender Kerl mit übernatürlichen Kräften, ein stimmloser Protagonist mit den Stehaufmännchenqualitäten eines Straßenköters, ein immer wieder in neuer Verkleidung und mit neuen Charakterzügen aufkreuzender Sharlto Copley. Und wenn gerade nichts in die Luft gejagt wird, Blut spritzt, Knochen brechen oder riskante Straßenstunt-Akrobatik vollzogen wird, wird im derben, pechschwarzen Humor der „Crank“-Filme gebadet: „Hardcore“ ist ein Film der Marke „Schmeiß alles an die Wand und guck, was kleben bleibt!“

    Wer sich das anschaut, sollte schwindelfrei sein, und dazu fähig, für etwas mehr als 90 Filmminuten Geschmacksfragen hinten anzustellen. Wer diese Bedingungen erfüllt, bekommt ein nahezu unvergleichliches Hochdruck-Filmerlebnis, das kaum Verschnaufpausen hat, dafür umso mehr schweißtrunkene, schmuddelige Adrenalinschübe.

    Dass „Hardcore“ dabei nicht zum monotonen, audiovisuellen Lärm verkommt, ist unter anderem Naishullers ebenso kinetischer, wie durchdachter Regieführung zu verdanken: Zunächst führt er vergleichsweise behutsam das leicht futuristische Moskau ein, in dem sein Film spielt, um direkt die „Alles kann, nichts muss“-Attitüde seiner Story zu etablieren.

    Die ist wiederum zwar reich an skurrilen Ideen (siehe etwa: alles rund um den genüsslich übertreibenden Sharlto Copley) und tolldreisten Wendungen. Jedoch ist sich Naishuller dessen bewusst, dass das Publikum für solch einen Film Schusswechsel in Ego-Shooter-Optik, schmerzvolle Nahkämpfe und krachende Stunts will, und nicht etwa bemühte Erklärungen und charaktergesteuerte Dramatik.

    Daher hält Naishuller den Alibiplot im Hintergrund und wickelt die Dilemmata und Figurenentwicklung nebenher ab, während Henry gerade mal wieder sprintet, schlägt, tritt, ballert, kloppt oder klettert. Das gelingt dem Regisseur erstaunlich gut: Obwohl wir meistens nur Henrys Arme sehen und er den ganzen Film über kein Wort verliert, bekommt man einen guten Eindruck, wie dieser Straßen-Raufbold tickt.

    Außerdem vermeidet Naishuller es, die weitestgehend mit der GoPro Hero3 Black Edition gefilmten Actionszenen bei aller Rasanz und Umittelbarkeit ins totale Chaos abrutschen zu lassen: Henry verschafft sich immer, wenn sich die Möglichkeit bietet, einen Überblick über die Situation und den Schauplatz, bevor er loslegt.

    Die unausgesprochenen Pläne Henrys schlagen gelegentlich fehl, was mal für pointierten Humor sorgt, mal für ein Anschwellen der Spannungskurve und hereinbrechenden Trubel. Dadurch bleibt „Hardcore“ durchweg abwechslungsreich und frisch, statt sich auf seinem Ego-Perspektiven-Gimmick auszuruhen.

    Die größten Glanzmomente von „Hardcore“ bleiben trotzdem die Szenen, die puren Stunt-Wirbel aus der Ich-Perspektive abbilden – etwa ein gewagter (und krachend fehlschlagender) Sprung über eine gerammelt volle Rolltreppe: Henry reißt bei einer hektischen Aktion eine Passantin mit und schleudert sie auf den sich bewegenden Metallstufen zu Boden. Das war so ursprünglich nicht geplant, sondern ist ein im Film gelandeter Outtake.

    Da die Statistin eine professionelle Stuntfrau war, konnte sie blitzschnell improvisieren, als sie versehentlich von ihrem Kollegen getroffen wurde. Sie ließ sich so fallen, dass es besonders dramatisch aussieht, ihr aber nichts passiert. Dennoch hatte ihr Szenenpartner für einen Sekundenbruchteil Angst, er hätte gerade durch seinen unglücklichen Absprung jemandem das Leben genommen.

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    Dass während der Produktion mehr als zehn (!) Leute Henry verkörperten und damit zugleich die Kamera bedienten, dürfte bei solch rauer Akrobatik nicht verwundern: Mehrere Kameraleute mussten nach einiger Zeit im Einsatz passen, da die durch den schweren Kamerahelm und den großen Körpereinsatz erzeugten Nackenschmerzen zu belastend wurden.

    Ein Henry-Darsteller/Kameramann verlor beim Dreh sogar einen Zahn, da er in einer Szene unglücklich einen Stuntman rammte. Doch das ist auf perfide Weise das Schöne an „Hardcore“: Diese dreckige Straßenköter-Antwort auf pechschwarz-komische, ultrabrutale Cyborgaction à la „RoboCop“ gibt uns das Gefühl, mitten im schroffen Getümmel zu sein.

    Bloß, dass wir keinerlei Verletzungsgefahr ausgesetzt sind – etwaiges Verschlucken am eisgekühlten Getränk oder den würzigen Chips mal ausgenommen, wenn im falschen Moment wieder was Unfassbares auf dem Bildschirm passiert.

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