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    Ausgerechnet dieses Biopic zählt zu den härtesten Filmen der letzten 5 Jahre - die FSK-18 ist mehr als nur angebracht!
    Pascal Reis
    Pascal Reis
    -Redakteur
    Pascal liebt das Kino von „Vertigo“ bis „Daniel, der Zauberer“. Allergisch reagiert er allerdings auf Jump Scares, Popcornraschler und den Irrglauben, „Joker“ wäre gelungen.

    Von Biopics erwartet man große Emotionen, nicht aber grenzüberschreitende Gewaltexzesse. Im Falle von „Lords Of Chaos“ ist das anders. Den auf wahren Begebenheiten beruhende FSK-18-Schocker könnt ihr aktuell bei Netflix streamen.

    Wenn wir an Biopics denken, dann kommen uns in erster Linie Geschichten über Lichtgestalten und große Persönlichkeiten in den Sinn, welche die Popkultur, die Wissenschaft, die Menschheitsgeschichte maßgeblich beeinflusst haben. Es ist aber auch filmische Biografien, die aus einem ganz anderen Holz geschnitzt sind – wie zum Beispiel „Lords Of Chaos“ von Jonas Akerlund, basierend auf dem gleichnamigen Sachbuch der Journalisten Michael Moynihan und Didrik Soderlind.

    Behandelt wird hier der Aufstieg und der noch viel heftigere Fall der Osloer Black-Metal-Band Mayhem in den 1980er-Jahren. „Lords Of Chaos“ ist dabei aber kein klassisches Biopic, sondern vielmehr ein düsterer Horror-Trip, der durch seine wirklich grenzüberschreitende Gewalt wahrlich an die Substanz geht. Falls ihr den Film bislang noch nicht gesehen habt, könnt ihr ihn nun im Abo von Netflix nachholen.

    Darum geht’s in "Lords Of Chaos"

    Im Jahre 1984 gründet der 16-jährige Øystein Aarseth aka Euronymous (Rory Culkin) in Oslo die Black-Metal-Band Mayhem. Ziel des Teenagers ist es dabei, härtere, brutalere und bösere Musik zu erschaffen, als bisher in dem ohnehin nicht gerade zimperlichen Metal-Genre zu hören war. Nach einer Weile hat der Gitarrist eine feste Besetzung und tatsächlich einige Fans um sich geschart.

    Aus einer Form von jugendlicher Rebellion und echter Faszination, aber auch um ihre Musik noch stärker zu promoten, spielt die Band auf und neben der Bühne mit satanischen Ritualen. Ein Image, das tatsächlich dazu beiträgt, dass Mayhem erste Erfolge feiern kann. Als ihr depressiver Sänger (Jack Kilmer) Selbstmord begeht, stößt der undurchsichtige Varg (Emory Cohen) zur Gruppe. Zwischen ihm und Euronymous entbrennt schnell ein Machtkampf, der kein gutes Ende nimmt...

    Krimi, Biopic und schwarze Komödie

    Nein, „Lords of Chaos“ ist beim besten Willen kein handelsübliches Biopic, obgleich die Struktur und Dramaturgie von Aufstieg und Fall erst einmal recht vertraut wirkt. In Wahrheit aber geht es Jonas Akerlund gar darum, den Protagonisten ein „Denkmal“ zu erschaffen. Der schwedische Filmemacher, der sich in der Vergangenheit als Musikvideoregisseur nahezu unsterblich gemacht hat, möchte die gesamte Death-Metal-Szene entlarven.

    „Lords Of Chaos“ ist deswegen gleichwohl True-Crime-Krimi, der aufzeigt, wie sich die Band Mayhem – in ihrer damaligen Konstellation – selbst zerfleischt hat, aber auch eine ziemlich giftige schwarze Komödie. Die Death-Metal-Szene ist für Akerlund ein affiger Haufen an Posern, die ihre angebliche Abgründigkeit mit aufgesetztem Ernst zelebrieren und gar nicht merken, wie sie sich selbst der Lächerlichkeit preisgeben. Um Musik geht es Mayhem so irgendwann kaum noch. Es geht allein um das Ego.

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    Hier wird nur noch geposet!

    Obwohl sich „Lords Of Chaos“ immer wieder mit Wonne über seine Charaktere lustig macht, gibt es zugleich Momente, die einen ziemlich kalt erwischen. Da wird dann auch die tiefe Tragik der Geschichte deutlich, wenn sich die Figuren nur noch mit der in ihren Liedern propagierten Gewalt zu helfen wissen. Mayhem fällt quasi seinem eigenen Mythos zum Opfer. Es gibt genau drei Sequenzen, die sich in ihrer ungeschönten Härte wirklich ins Gedächtnis brennen und der FSK damals mit Sicherheit großes Kopfzerbrechen bereitet haben.

    In den Gewaltexzessen, die sich immer wieder über mehrere Minuten erstrecken, steckt dann der Horrorfilm, welche der sehr sehenswerte „Lords Of Chaos“ ob seiner düsteren Gnadenlosigkeit eben auch ist. Jonas Akerlund gelingt es dabei, die Brutalität in einem schier unerträglichen Maß zu zelebrieren, ohne diese aber zu glorifizieren. Nach „Lords Of Chaos“ wird man auf die Death-Metal-Szene mit einer gewissen Leere blicken. So viel Blut und Schmerz wegen... nichts.

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