Platz 30
Roman Polanski, Frankreich1976
Nicht wenige der in dieser Liste vertretenden Thriller ziehen ihren Reiz aus der fürchterlichen Ahnung, dass sich die Gefahren und Bedrohungen mit keiner Ratio der Welt in ihre Schranken weisen lassen und der Mensch von allgegenwärtigem Grauen umgeben ist, das sich weder beschwichtigen noch verstehen lässt. Roman Polanskis auf Roland Topors Roman basierender Schocker „Der Mieter“ geht in dieser Hinsicht sogar noch einen Schritt weiter, da der Held Trelkovsky (den der Regisseur hier selbst spielt) sich bald schon nicht einmal mehr seiner eigenen geistigen Gesundheit sicher sein kann. Kurz nachdem er ein altes Pariser Mietshaus bezogen hat, beginnt er sich nicht nur von seinen Mitbewohnern bedroht und eingeschüchtert zu fühlen, sondern stellt immer mehr seine eigene Identität in Frage. Ist er noch er oder verwandelt er sich mehr und mehr in seine Vormieterin Simone? Diese hat sich im Wahn selbst aus dem Fenster gestürzt und vegetiert nun als vollbandagierte Mumie im örtlichen Spital vor sich hin. Je tiefer sich Trelkovsky in Isolation und Psychosen begibt, desto mehr droht sich die Katastrophe zu wiederholen. So tief wie selten zuvor und danach blickt Polanski hier in den Rachen des Wahnsinns. Dieser Thriller braucht keine langen Messer und keine Bedrohung von außen. Der Schrecken, daran lässt Polanski keinen Zweifel, sitzt tief in uns selbst und wartet nur darauf, uns zu verzehren. Da er dabei auch ausgiebig seinem rabenschwarzen Humor frönt, ist sein Trip in den Wahnsinn obendrein auch noch höchst unterhaltsam.
