Platz 26
Billy Wilder, USA 1944
Billy Wilder konnte mehr als nur flotte Screwball-Komödien im Dutzend aus dem Ärmel schütteln. Mit „Frau ohne Gewissen“ legte er 1944 einen Thriller vor, der sich gewaschen hat und völlig zurecht auch in unserer Bestenliste einen Platz einnimmt. Ein einfacher Versicherungsvertreter geht einer mit allen Wassern gewaschenen Femme Fatale (Barbara Stanwyck) der verführerischsten Sorte auf den Leim und befindet sich schneller als er gucken kann mitten in einer Mordaffäre, bei der er sich wider besseren Wissens und gegen seinen Willen die Finger schmutzig macht. Basierend auf einem Roman des amerikanischen Großmeisters der Crime-Literatur, James M. Cain, und mit Drehbuch-Rückendeckung des nicht minder legendären Raymond Chandler, ließ Wilder einen Durchschnittstypen auf Abwegen in moralische Niederungen absteigen. Der Mensch ist in diesem Werk nur so gut, wie die Umstände es zulassen und wartet häufig nur auf die Gelegenheit, seinen Trieben, seiner Gier und seiner Verdorbenheit Luft zu machen. Noir-Autoren und -Regisseure mögen Pessimisten sein, was die Coditio Humana angeht, doch sie sind auch Moralisten im Halbschatten und so knüpfen sie ihrem Antihelden immer wieder perfide Stricke, die ihnen das Leben vergällen. Mit der Zwangsläufigkeit einer griechischen Tragödie wird hier stets das Schlimmstmögliche passieren und jede Verfehlung mit grausamer Konsequenz zum Sünder zurückschlagen. Wenn dabei soviel vor und hinter der Kamera versammelt wird, ist es selbstredend ein bitterböses Vergnügen, dabei zuzusehen.
