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    Der FILMSTARTS-Familientipp zum Wochenende: "Quatsch und die Nasenbär-Bande"

    In seiner 14-täglichen FILMSTARTS-Kolumne macht Rochus Wolff Vorschläge für den nächsten Familien-Filmabend - und zwar nicht nur aus der Perspektive eines Filmkritikers, sondern vor allem auch mit seiner Erfahrung als zweifacher Familienvater.

    Lokomotiven sind zum Träumen da!

    Eisenbahnen, immer wieder Eisenbahnen – und die Lokomotiven sind sowieso das Allertollste. Für mein ältestes Kind war das eine Art Schlüsseltechnologie, seitdem er laufen kann - vielleicht auch, weil wir selbst passionierte Bahnfahrer sind. Das zweite Kind interessierte sich hingegen etwas breiter für Flugzeuge, Bagger und ähnliche Ungetüme: Die Kleinen mögen eben, was groß, laut und motorisiert ist. Der aktuell in den deutschen Kinos gezeigte „Quatsch und die Nasenbärbande“ erfüllt nun diesen Kindertraum, einmal Lokführer, Baggerfahrer oder Pilot zu sein – und zwar nicht irgendwann als Erwachsener, sondern sofort! Und dann gehen die Flugzeuge und Baufahrzeuge auf die lautestmögliche Art und Weise kaputt, dass es eine wahre Freude ist.

    Regisseur Veit Helmer schmeißt alles über Bord, was deutsche Kinderfilme sonst oft auszeichnet: Pädagogik, eine gewisse Betulichkeit, verständnisvolle Eltern – das alles sucht man hier vergebens. Die titelgebende Nasenbärbande macht Rabatz gegen ihre Eltern und die verstehen bis zum Schluss nicht wirklich, worum es eigentlich geht. Die Eltern (zwar allesamt verkörpert von namhaften Schauspielern wie Fritzi Haberlandt, aber dennoch nur Nebenfiguren im großen Spiel der Kinder) halten es nämlich für eine gute Idee, möglichst durchschnittlich zu sein, weil ihr „Bollersdorf“ so zu einem Eldorado der Marktforschung wird. Damit auch der Altersdurchschnitt stimmt, werden die Großeltern kurzerhand in ein Pflegeheim entsorgt, was den vier- und fünfjährigen Enkeln dann aber doch deutlich zu weit geht: Sie befreien sich von der Knute ihrer Kita-Erzieherin und ziehen los, um die abgeschobenen Alten zu befreien.

    Ohne Kollateralschäden geht sowas aber natürlich nicht, also liegt am Ende ein Gutteil des Dorfes in Schutt und Asche. „Quatsch und die Nasenbärbande“ ist ein Krawallfilm, gewissermaßen die Kreuzberger 1.-Mai-Unruhen mit Kitakindern. Die Bösen sind hier die grauen Herren (fast wie in Michael Endes „Momo“) von der Gesellschaft für Konsumforschung. Sie stehen für eine Welt, in der alles vorgefertigt und hübsch verpackt daherkommt. Die Kinder wollen aber spielen und vor allem Dinge selber ausprobieren. So versuchen sie sich etwa an einer Pupsmaschine, die mittels der Ausdünstungen einer Kuh Strom erzeugen soll. Dieser radikale Bruch mit der Elternwelt ist ganz weit weg vom sonst oft allzu braven deutschen Kinderkino.

    Stattdessen feiert Helmer die Lust an der Zerstörung, den freien Fluss des Geschehens, der Zuschauer und ganz Bollersdorf einfach mitreißt. Kino muss nicht immer brav sein, es kann auch einfach mal die Verhältnisse umkehren und im brachialen Spiel Lokomotiven, Dampfschiffe, Feuerwehrautos und Baukräne in Schrott verwandeln. Schrott aber, und da bewahrt sich „Quatsch“ sein kindliches Herz, ist eben nicht nutzlos, sondern nur Material, das seiner bisher eng begrenzten Nutzung entrissen und für neue Ideen genutzt werden kann. Wer sagt denn bitteschön, dass eine Lokomotive immer nur am Boden bleiben muss? „Quatsch“ macht Träume wahr - und den Nasenbär als kluges Haustier gibt’s als Zugabe obendrauf!

    In diesen Kinos läuft "Quatsch und die Nasenbär-Bande" am kommenden Wochenende!

    Rochus Wolff, Jahrgang 1973, ist freier Journalist und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Grundschulalter in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Kinder- und Jugendfilm; seit Januar 2013 hält er in dem von ihm gegründeten Kinderfilmblog nach dem schönen, guten und wahren Kinderkino Ausschau.

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