Mein Konto
    Der FILMSTARTS-Familientipp zum Wochenende: "Johan und der Federkönig"

    In seiner 14-täglichen FILMSTARTS-Kolumne macht Rochus Wolff Vorschläge für den nächsten Familien-Filmabend - und zwar nicht nur aus der Perspektive eines Filmkritikers, sondern vor allem auch mit seiner Erfahrung als zweifacher Familienvater.

    Der kleine Hase, der Tod und das Leben

    Universum Film Home Entertainment

    Kleiner Hase, großes Meer: „Johan und der Federkönig“ hat immer wieder solche Szenen, in denen der kindlich-langohrige Protagonist im Kontrast steht zur weiten Welt um ihn herum. Damit trifft der Film von Esben Toft Jacobsen nicht nur ein Gefühl, das viele junge (und nicht wenige ältere) Zuschauer teilen können, sondern vermittelt auch in Bildern, worum es in der Geschichte geht. Denn auf diesem Meer sucht Johan den Federkönig, der seine Mutter mitgenommen hat, als sie schwer krank war.

    Universum Film Home Entertainment

    Er ist beharrlich und vor allem ziemlich frech – und so gelangt Johan dann eben doch an Bord des geheimnisvollen Schiffes, das ins Land des Federkönigs fährt. Dort bestimmt die geheimnisvolle Mora die Regeln – und entscheidet, wer kommen darf und wer nicht: wessen Zeit gekommen ist. Denn natürlich ist der Federkönig hier eine kindgerechte Figur, die für den Schnitter Tod steht – er kommt mit dem Geräusch großer Flügel und hinterlässt, wenn er verschwindet, nur ein paar schwarze Federn – aber auch er bestimmt nicht die Zeit und die Stunde. Johans Versuch, seine Mutter zurückzuholen, ist deshalb auch natürlich zum Scheitern verurteilt; „Johan und der Federkönig“ hat kein Happy End, aber eine steile Lernkurve, an deren Ende der kleine Hase akzeptieren muss, dass er seine Mutter nicht wieder mit zurück in seine Welt nehmen kann. Die Ordnung der Dinge, von Geburt, Leben und Tod, kann nicht umgestoßen werden.

    Universum Film Home Entertainment

    Ist das eine Geschichte für Kinder? In „Johan und der Federkönig“ bekommt der Tod keine angsteinflößende Präsenz – dafür ist der Federkönig zu milde, zu wohlwollend. Der Tod ist im Weltbild dieses Films keine grausame Abtrennung vom Leben, sondern eine Fortsetzung an anderem Ort und mit anderen Bedingungen – darin ist er „Manolo und das Buch des Lebens“ recht ähnlich, den ich hier vor zwei Wochen vorgestellt hatte. Allerdings geht es – anders als bei „Manolo“ – tatsächlich um die großen Fragen: wie weitermachen, wie weiterleben nach der Trennung von geliebten Menschen? Damit das als Kinderfilm gelingt, bleibt Jacobsen immer an seinem kleinen Protagonisten, der schrittweise und sehr mühsam begreift; aufgefangen wird er durch die enge Beziehung zu seinen Eltern, letztlich ist es aber er selbst, indem er dickköpfig und oft impertinent immer weiter fragt und forscht, dem Antworten zufallen, nach denen die Erwachsenen nicht einmal mehr gesucht haben. „Johan und der Federkönig“ wird so, ganz unaufdringlich und in niedlichster Animation, in seiner Beschäftigung mit dem Tod zu einer Feier des Lebens: Liebe, Neugier, Sehnsucht.

    Universum Film Home Entertainment

    Trotzdem: Das ist kein Film, mit dem man seine Kinder allein lassen sollte. Es wird genug Redebedarf geben, dafür sorgen die Nebenfiguren mit durchaus fragwürdigen Motiven und Verhaltensweisen, die komplexe Mythologie im Hintergrund, die der Film nie ganz ausbuchstabiert, und natürlich das übergreifende Thema. Es kann aber auch sein, dass das Kind sich anschließend dringend einen Plüschhasen wünscht. Auf solche Dinge muss man bei Filmen gefasst sein.

    Rochus Wolff, Jahrgang 1973, ist freier Journalist und lebt mit seiner Frau und seinen zwei Kindern im Grundschulalter in Berlin. Sein Arbeitsschwerpunkt ist der Kinder- und Jugendfilm; seit Januar 2013 hält er in dem von ihm gegründeten Kinderfilmblog nach dem schönen, guten und wahren Kinderkino Ausschau.

    facebook Tweet
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top