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    Das größte Problem an "Aquaman" ist ausgerechnet das Wasser

    Ein Film wie „Aquaman“ lässt sich wohl kaum ohne Szenen unter Wasser drehen. Dumm nur, wenn diese dann wesentlich schlechter aussehen als die meisten anderen Szenen des Films, wie unser Autor Julius Vietzen findet.

    2018 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC.

    +++ MEINUNG +++

    Achtung, der folgende Text enthält Spoiler zu „Aquaman!“

    Aquaman“ ist ein Film, der unter Wasser spielt. Diese Aussage sollte wohl niemanden überraschen. Ein „Aquaman“-Film lässt sich auch gar nicht ohne Unterwasserszenen realisieren, zumindest nicht, wenn man darin auch Atlantis zeigen will oder die ganzen anderen Kulturen unter dem Meer. Doch unter Wasser zu drehen, ist schwierig: Wasser verträgt sich schlecht mit Make-up, Kostümen und Technik. Man kann nur kurze Einstellungen drehen und man kann nicht zu lange am Stück drehen, weil die Darsteller sonst ertrinken. Und es gibt noch haufenweise andere Probleme.

    Mir ist also durchaus bewusst, dass die Macher um James Wan sich irgendetwas einfallen lassen mussten, um „Aquaman“ realisieren zu können. Die technischen Fortschritte und den Einfallsreichtum der Macher will ich dabei überhaupt nicht in Abrede stellen. Dennoch musste ich beim Kinobesuch feststellen: Ausgerechnet die Unterwasserszenen sind das größte Problem des Films – egal, ob es sich dabei um eine stilistische Entscheidung der Macher handelt oder sie es einfach nicht besser hinbekommen haben.

    Trübes Wasser, kristallklares Land

    Denn sobald „Aquaman“ unter Wasser spielt, sieht der Film einfach unglaublich künstlich aus. Der krasse Gegensatz zwischen (vor Greenscreen gedrehten) Unterwasserszenen und (den allermeisten) Szenen an Land wird immer dann besonders deutlich, wenn die Figuren innerhalb einer Szene zwischen den beiden Elementen hin und her wechseln: Zu Beginn etwa besuchen Aquaman (Jason Momoa) und Mera (Amber Heard) ein Schiffswrack, in dem sich eine Luftblase gebildet hat, und treffen sich dort mit Vulko (Willem Dafoe). Sie treten durch eine Art Wasservorhang und stehen auf einmal auf einem echten, detailverliebt ausgestatteten und fantastisch aussehenden Set. Das Bild wird auf einmal kristallklar und kontrastreich, während alle Unterwasserszenen davor im Vergleich verwaschen und trüb aussahen.

    Oder man vergleiche die beiden Duelle zwischen Aquaman und seinem Halbbruder Orm (Patrick Wilson): Während das erste Duell unter Wasser stattfindet und zu einem zwar ganz flott inszenierten, aber irgendwie auch seelenlosen CGI-Gekloppe verkommt, findet das zweite Duell auf dem Deck eines riesigen atlantischen U-Boots statt. Im Hintergrund bilden die gigantischen Schiffsschrauben eine spektakuläre Kulisse (die noch dazu in den Kampf eingebunden wird). Die von Regen und Gischt durchnässten Kontrahenten sehen um einiges echter und greifbarer aus als noch bei ihrem ersten Duell, weswegen diese Szene auch um Welten besser ist.

    Atlantis vs. Erice

    Am dramatischsten jedoch ist der Gegensatz zwischen Wasser und Land, wenn man zwei der Handlungsorte vergleicht. Atlantis sieht mit seinen psychedelisch leuchtenden Farben und seiner Mischung aus futuristischem Design, mit Algen zugewachsenen Ruinen und buntem Meeresgetier zwar hübsch aus, bleibt aber gleichzeitig auch überhaupt nicht in Erinnerung, weil die Details fehlen und das Unterwasserreich reine Kulisse bleibt – ein Hintergrund, vor dem die Handlung stattfindet. Ich zumindest kann mich im Nachhinein an kein einziges denkwürdiges Detail erinnern und könnte auch das Design von Atlantis nicht genau beschreiben.

    Die kleine sizilianische Stadt Erice hingegen strotzt nur so vor Details, wovon wir uns bei unserem Besuch am „Aquaman“-Set auch selbst versichern konnten. Erice fühlt sich wie ein echter Ort an, an dem sich haufenweise Menschen tummeln und essen, trinken, tanzen oder einkaufen. Arthur und Mera interagieren mit ihrer Umgebung, lernen die Bewohner des Städtchens kennen und als Erice dann schließlich zum Schauplatz eines Angriffs von Black Manta (Yahya Abdul-Mateen II) und seinen Soldaten wird, hat das ungleich mehr Bedeutung als ein Kampf vor dem Hintergrund der blassen Atlantis-Kulisse.

    2018 WARNER BROS. ENTERTAINMENT INC. / Jasin Boland/ ™ & © DC Comics

    Dass man auch Fantasy-Orte mit Leben füllen kann, haben nicht zuletzt Peter Jackson & Co. bei der „Der Herr der Ringe“-Trilogie bewiesen. Kaum jemand würde wohl bestreiten, dass sich das Auenland wie ein Ort anfühlt, an dem tatsächlich Leute wohnen. Bei Atlantis und den anderen Unterwasserkönigreichen hatte ich nie dieses Gefühl. Doch das Auenland wurde eben auch an Ort und Stelle in Neuseeland gebaut und bepflanzt, während die Unterwasserwelten von „Aquaman“ offensichtlich weitestgehend am Computer entstanden sind. Es zeigt sich also wieder einmal: Visuelle Effekte mögen ihren Nutzen haben, doch bei CGI-Überfluss fehlt oft – wie in den „Star Wars“-Prequels oder der „Der Hobbit“- Trilogie – die Liebe zum Detail und damit auch der Bezug zur Wirklichkeit.

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