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    "Game Of Thrones": Darum wünsche ich mir ein Happy End

    Wie endet „Game Of Thrones“ nach acht Staffeln? Nur düster kann klappen, scheinen viele Fans zu glauben. Doch FILMSTARTS-Redakteur Björn Becher ist anderer Meinung. Aber Vorsicht: Happy End ist nicht Happy End.

    HBO

    +++MEINUNG+++

    Ja, ich wünsche mir ein Happy End für „Game Of Thrones“. Doch was ist ein „Happy End“ überhaupt? Der Begriff ist mittlerweile fast schon negativ belegt, denn das erste, was den meisten Lesern einfällt, ist der Märchen-Schluss „Und sie lebten glücklich bis ans Ende aller Tage“. Mein Kollege Benjamin Hecht schreibt in seinem Meinungstext „Darum ist ein Happy End das Schlimmste, was der Serie passieren kann“ so auch: „Ich will am Ende keine Hochzeit von Daenerys und Jon sehen, bei der Brienne und Tormund Händchen haltend in der Ecke stehen, Tyrion einen anzüglichen Witz reißt und sich alle fröhlich in den Armen liegen.“ Da stimme ich ihm komplett zu – ABER: Ein solches Ende wird es für „Game Of Thrones“ nicht geben, da bin ich sehr, sehr sicher.

    Und daher muss ich erst einmal erklären, was ein Happy End für mich überhaupt bedeutet. In der amerikanischen Film- und Kulturkritik ist die Ansicht teilweise noch verbreitet, dass Happy End automatisch bedeutet, dass es für alle (!!!) Hauptfiguren gut ausgeht. Doch dieser Ansatz ist längst überholt (zumal es dann für „Game Of Thrones“ gar kein Happy End mehr geben könnte, da viele Hauptfiguren schon im Verlauf der Handlung gestorben sind). Über 100 Jahre Film- und nun auch Seriengeschichte haben uns auch längst gelehrt, dass Happy Ends unglaublich vielfältig sein können. Ein Happy End bedeutet daher (und so sehen dies auch längst viele Kulturkritiker hierzulande), dass das nach unseren Wertvorstellungen Böse besiegt wird, das Gute obsiegt – und zwar durchaus auch mal mit vielen Opfern, Niederlagen und düsteren Momenten.

    Ein opferreiches Finale

    Ein klassisches Gut-gegen-Böse-Szenario ist bei „Game Of Thrones“ auf den ersten Blick schwer zu entwickeln. Es gibt sehr viele Figuren mit Grauschattierungen und ich glaube, dass auch in der finalen Staffel einige Figuren noch neue Seiten zeigen, aktuelle Verbündete noch zu Feinden werden können und diese Einteilung daher noch schwerer fällt. Doch trotzdem gibt es mit den Weißen Wanderer sowie Cersei (Lena Headey) zwei Parteien, die nach unseren moralischen Wertvorstellungen sowie der Narration der Serie als „böse“ einzustufen sind. Und beim Kampf gegen diese wird es viele Opfer auf Seite der Guten geben und Daenerys, Jon, Tyrion und Co. werden sich am Ende eben nicht alle in den Armen liegen.

    Diese Überlegung zeigt: Ein Happy End bei „Game Of Thrones“ kann man nicht an das Überleben einzelner Figuren knüpfen, sondern an den allgemeinen Sieg über die Weißen Wanderer oder Cersei. Denn was wäre denn ein Unhappy End? Die Weißen Wanderer regieren über Westeros, der gesamte Kontinent ist eine Eiswüste, alle Menschen sind untot. Oder Cersei hat alle ihre Widersacher ausgeschaltet und unterdrückt nun mit eiserner Faust das Volk. Will wirklich jemand, dass die Serie unbedingt mit einer dieser Alternativen endet? Oder wäre es nicht besser, wenn am Ende Jon Snow (Kit Harington) und Co. – vielleicht sogar unter Aufgabe ihrer eigenen Leben – die Gefahr aus dem Norden gebannt und Cersei gestürzt haben? Zumal ein Happy End auch keine Endgültigkeit haben muss, wie es uns von Romanzen bis hin zu anderen Fantasy-Werken oft vorgegaukelt wird.

    Happy End ohne Epilog: Unheil im Anmarsch

    Mein Kollege Benjamin Hecht verweist in seinem bereits zitierten Artikel auf „Herr der Ringe“ – das Musterbeispiel für ein Happy End im Fantasy-Genre. Tolkiens von Peter Jackson verfilmte Saga ist auch für „Game Of Thrones“-Autor George R.R. Martin eine Inspiration, die er aber nicht kopiert, sondern immer wieder unterläuft. Das erfordert aber nicht unbedingt die Abkehr von einem Happy End. Denn „Herr der Ringe“ endet ja gerade nicht (!) mit dem Happy End, sondern schließt noch einen (sehr langen) Epilog an. Schon US-Filmwissenschaftler David Bordwell machte in seinem Klassiker der Filmliteratur „Happily Ever After, Part Two“ deutlich, wie wichtig die Unterscheidung zwischen Happy End und Epilog ist.

    Der Epilog hat laut Bordwell die Aufgabe, an das Happy End anzuknüpfen, um uns zu versichern, dass eine Stabilität erreicht wurde, die Zukunft rosig ist. Daher gibt es diesen Epilog so oft (siehe zum Beispiel auch „Harry Potter“). Doch da Happy End und Epilog zwei getrennte Aspekte des Finales sind, kann es natürlich auch ein Happy End ohne Epilog geben (und gibt es sehr oft). Und hier ist dann die Zukunft ungewiss – und genau das könnten die „Game Of Thrones“-Macher doch nutzen und uns so zeigen, dass zwar das Böse für den Moment besiegt ist, aber immer wieder neues (oder auch altes) Unheil aufziehen wird. Ein simpler Verweis, dass sich Geschichte wiederholt durch einen neuen Untoten, der sich hinter der Mauer erhebt, eine neue Figur, die ihren Anspruch auf den Thron geltend macht, würde da genügen, aber natürlich trotzdem kein Happy End entkräften.

    Das "Wie" ist viel entscheidender

    Dass ich mir ein Happy End wünsche, wie ich es leicht provozierend im Titel des Artikels schreibe, ist auch nicht in Stein gemeißelt. Es liegt einfach daran, dass ich mir aktuell kein vernünftiges Unhappy End vorstellen kann. Aber vielleicht überzeugen mich die Serienmacher David Benioff und D.B. Weiss vom Gegenteil. Wie mein Kollege Tobias Tißen bin ich der Meinung, dass es vor allem darum geht, dass der Weg zum Ende stimmig ist.

    Während er in seinem Artikel „Darum kann die 8. Staffel von ‚Game Of Thrones‘ nur enttäuschen“ aber nicht glaubt, dass Benioff und Weiss diesen Weg finden, bevorzuge ich es immer und grundsätzlich optimistisch zu sein. Falls sie mich nicht überzeugen, kann ich mich hinterher schließlich noch genug ärgern. Um das zu vermeiden, müssen die Macher auch nicht einmal ansatzweise alle offenen Fragen auflösen (ohnehin unmöglich), sondern einfach ein rundes, stimmiges Finale präsentieren.

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