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    Viel zu brutal für die FSK: Netflix zeigt Action-Kracher trotzdem ungekürzt

    Am 27. Juni 2019 erschien „Avengement – Blutiger Freitag“ in Deutschland auf DVD und Blu-ray – allerdings nur gekürzt. Der Verleih scheitert sogar insgesamt drei Mal an der FSK. Bei Netflix gibt es nun den Film trotzdem komplett uncut. Ein Fehler?

    Black Hill Pictures / Netflix

    Eine Minute und 13 Sekunden fehlen in der deutschen DVD- und Blu-ray-Fassung von „Avengement – Blutiger Freitag, sodass wir hierzulande nicht die volle Ladung knallharter Scott-Adkins-Action bekommen, wie wir bereits zur Veröffentlichung bedauerten. Dabei versuchte der Verleih damals alles. Insgesamt drei Mal legte man „Avengement“ damals ungekürzt oder mit leichten Schnitten bei der FSK vor, wie die Kollegen von Schnittberichte.com in einem sehr ausführlichen Artikel mit der Begründung der Ablehnungen protokollierten. Wer den Film nun uncut sehen will, muss trotzdem nicht auf eine Importfassung aus dem Ausland zurückgreifen, sondern kann einfach Netflix einschalten.

    Dort ist „Avengement – Blutiger Freitag“ mittlerweile verfügbar und wir gingen anfangs davon aus, dass es sich doch sicher um die gekürzte Fassung handeln wird. Doch schon ein Blick auf die Laufzeit machte uns stutzig. Und so haben wir einen genauen Blick gewagt. Und ja, die Szenen, die laut Schnittberichte.com in der deutschen Heimkino-Fassung fehlen, sind bei Netflix alle enthalten. Ziemlich absurd.

    Hat Netflix sich vertan?

    FSK, das bedeutet freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft, und dieser Name sagt schon viel. Die FSK ist keine staatliche Kontrolle, sondern die Filmbranche verpflichtete sich auf diese Weise selbst, für Jugendschutz zu sorgen. Ein analoges Modell gibt es auch im TV. Netflix ist aber nicht Teil dieser Filmbranche. Als Online-Anbieter unterliegt der Streaminggigant, wie auch FILMSTARTS.de, dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag, was ihnen die Möglichkeit aber auch die Pflicht gibt, Inhalte selbst zu prüfen. Allerdings muss Netflix eine bereits vorliegende FSK dabei berücksichtigen. So wird auch „Avengement“ mit einer Altersfreigabe ab 18 Jahren gelistet. Diese hat schließlich die gekürzte (!) Fassung bekommen:

    Webedia GmbH

    Wie uns der deutsche Verleih Black Hill Pictures auf Anfrage bestätigte, hat man selbst nichts damit zu tun. Die Flatrate-Streaming-Rechte verblieben beim Produzenten, der sie nun wohl weltweit an Netflix verkauft hat (so ist der Film auch seit Anfang September in den anderen Ländern verfügbar). Und Netflix dürfte sich einfach nicht um länderspezifische Kürzungen gekümmert haben, sondern einfach nur gesehen haben: „Avengement“ ab 18 Jahren freigegeben, also rein bei uns damit, ab 18-Hinweis dran.

    Netflix arbeitet seit Herbst 2018 mit der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM) zusammen, um Inhalte, die nicht von der FSK geprüft wurden, einstufen zu lassen. Hier geht es aber vor allem um die Netflix-eigenen Inhalte. „Avengement“ wurde ja gerade von der FSK geprüft. Ob die Netflix-Beschränkung ausreicht, um den Zugang zu einem solchen Inhalt zu reglementieren, ist durchaus umstritten. Die bereits erwähnte FSM geht davon aus, dass die Regelung mit der Eingabe einer PIN-Nummer ausreichet. Allerdings könnten Inhalte, die von der FSK nicht freigegeben werden, nachträglich beschlagnahmt werden, was sogar zu einer juristischen Strafverfolgung führen kann. Filmverleiher sichern sich dagegen mit einem sogenannten JK-Gutachten ab, welches Netflix in diesem Fall nicht eingeholt haben dürfte. Ein Risiko gibt es damit.

    Zudem: Für die Einhaltung des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages ist am Ende die Kommission für Jugendmedienschutz der Landesmedienanstalten zuständig, die auf Antrag aber auch proaktiv mögliche Jugendschutz-Verstöße bei Netflix prüfen und ahnden kann. Allerdings ist uns bislang nicht bekannt, dass es bei Netflix schon einmal zu einem Fall kam, bei dem eine solche Prüfung stattfand. Möglicherweise bringt das aber die Zukunft: Eine ungekürzte Veröffentlichung eines Films, dem in dieser Fassung von der FSK selbst eine Freigabe ab 18 Jahren (also das Siegel: Keine Jugendfreigabe) verweigert wurde, ist schließlich ein Novum, das es bisher noch nicht gab.

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