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    In 80 Tagen um die Welt
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    Serienkritik
    2,0
    Veröffentlicht am 21. Januar 2022
    Ein Klassiker ist ein Klassiker ist ein Klassiker. Und einen solchen in großen Teilen umzuschreiben, kann folgerichtig auch nur schiefgehen. Und ihn gar noch moralinsauer in einen Erziehungsratgeber für "wokeness" umzuschreiben, muss sogar grandios schiefgehen.

    Aber fangen wir trotzdem erst mal mit etwas Positivem an: David Tennant (als Phileas Fogg) und Leonie Benesch (als Abigail Fix) spielen grandios. Vor allem David Tennant nimmt man jederzeit seine Rolle ab, die sich vom sprödem, weltfremden britischem Snobb über den emotional tief verletzten Mann zum schließlich selbstsicheren liberalen Gentleman weiter entwickelt.
    Und für eine direkt vom- und für das öffentlich-rechtliche Fernsehen gedrehte Miniserie sehen die (in Südafrika und Rumänien) aufgenommenen Bilder auch wirklich überraschend gut aus.

    Leider tut das gewählte Ausstrahlungsformat dem Erzählfluss aber nicht gut: Die acht jeweils ca. dreiviertelstündigen Teile wirken eher als in sich abgeschlossene Geschichten, denn als Teile _einer_ Erzählung. Das lässt dann zuwenig Zeit für eine tiefere Figurenzeichnung je Folge und zerhackt den Film nur unglücklich in halbgare Häppchen. -Der gute alte Adventsvierteiler mit je 90 Minuten wäre hier sicherlich ein viel besseres Format gewesen.

    Was aber wirklich ärgert, ist, wie dreist das Drehbuch Jules Vernes Roman kaputt macht. Eigentlich dürfte sich das alles auch schon gar nicht mehr mit dem Romantitel schmücken, denn außer, dass es auch hier um eine Wette geht, die Welt in 80 Tagen umrunden zu können und den beiden Personen Phileas Fogg als Weltreisendem und seinem Diener Passepartout hat das Drehbuch nämlich nichts mehr gemein mit dem Roman.

    Stattdessen hatten die Drehbuchautoren ganz offensichtlich den Auftrag, möglichst viel wokeness und stramm moralischen Erziehungsauftrag in den Film hineinzupacken. So wird z.B. aus Jules Vernes immer leicht schusseligen und bewusst als komische Figur inszenierten weißem Diener Passepartout (der z.B. in der Romanverfilmung von 1989 nicht umsonst von Monty-Python-Komiker Eric Idle gespielt wurde!) nun ein bierernst auftretender dunkelhäutiger Diener, der in schönster Klassenkampfmanier natürlich plötzlich auch noch der Bruder eines französischen Freiheitskämpfers ist und obendrein gleich noch die Standesschranken des Viktorianischen Zeitalters niederreißt, in dem er im Laufe der Handlung eine Liebesbeziehung zu Abigail Fix aufbauen darf. Abigail Fix? -Genau: Bevor Romankenner sich nun gleich doppelt am Kopf zu kratzen beginnen: Stimmt, eine Abigail Fix existiert in Jules Vernes Roman überhaupt nicht und stimmt nochmals: Die Liebesbeziehung hat im Roman auch nicht der Diener, sondern Phileas Fogg selber -nämlich mit der indischen Prinzessin Aouda, die aber hier in der TV-Serie schlichtweg rausgeschrieben wurde, um Platz zu machen für den taffen Feminismus unserer Journalistin Abigail, die dann natürlich im Laufe der Handlung auch Fogg und Passepartout sogar gleich zwei Mal das Leben rettet.

    Und auch sonst stimmt handlungsmäßig herzlich wenig überein; wenn man gnädig ist, vielleicht geschätze 30% der Erzählung. Jedenfalls zuviel, als dass man es aufzählen könnte (noch wollte). Muss man aber auch nicht. Es reicht einfach zu sagen, dass die gesamte filmische Handlung so oft und so penetrant erst umgeschrieben, dann auf social-correctness gewendet- und schließlich mit dickem Moralin-Pinsel angestrichen wurde, dass jemandem, der das Buch (oder die Verfilmungen mit David Niven von 1956 und jene mit Pierce Brosnan von 1989) kennt, einfach die Lust am zuschauen genommen wird.

    Doch bleiben wir fair: Einen Stern hat sich die Verfilmung immerhin redlich verdient für seine Hauptdarsteller, einen weiteren für seine Settings und Kostüme. Mehr ist aber beim besten Willen nicht drin; wer Jules Vernes Roman authentisch erleben will, schaut sich besser nochmals die (zurecht fünffach Oscar-prämierte..) Hollywood-Version von 1956 mit dem grandiosen David Niven als Phileas Fogg an (oder liest am besten mal wieder das Buch selbst).

    Ach, noch vergessen: Die Macher der TV-Serie gaben sogar noch eine Fortsetzung in Form einer zweiten Staffel angekündigt. Da diese dann ja inhaltlich zumindest komplett frei erfunden ist, mag man sich als Cineast da vielleicht sogar weniger ärgern als mit diesem ersten Teil hier..
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