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    Germanikus
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Germanikus
    Von Morton Gudmonsdottir

    Gerhard Polts letzter Kinoauftritt in „Herr Ober“ liegt mittlerweile stolze 13 Jahre zurück. Höchste Zeit für den bayrischen Vorzeige-Kabarettisten, sich wieder einmal auf der großen Leinwand blicken zu lassen. Mit der Urlauber-Satire „Man spricht deutsh“ schaute er den Deutschen immerhin so genau aufs Fell, dass sie nicht wussten, ob sie lachen oder weinen sollten. Hanns Christian Müllers Römer-Persiflage „Germanikus“ lagerte zweieinhalb Jahre im Giftschrank der Constantin. Bereits 2001 gedreht, versuchte der Verleih seitdem, eine vorzeigbare Schnittfassung anzubieten. Was jedoch fehlschlug. Nach endlosen Startverschiebungen traute sich die Constantin nicht einmal mehr, den Film der Presse vor dem Kinostart zu zeigen. Warum ist klar: „Germanikus“ ging mehr oder weniger spektakulär in die Hose. Polt kann zwar in einigen Szenen überzeugen, lässt aber den gewohnten Biss vermissen.

    Germanien 9 nach Christus: Der arbeitsscheue und zutiefst bequeme Sumpf-Bavare Germanikus (Gerhard Polt) wird von Sklavenhändlern nach Rom verschleppt und schnurstracks an die neureiche Römerin Tusnelda (Gisela Schneeberger) verscherbelt. Zwar gelingt ihm die Flucht, aber nur um als Vorkoster am Kaiserhof in der nächsten Misere zu landen. Als der Imperator stirbt, wird er als Kaisermörder verhaftet und soll in der Arena den Tigern zum Fraß vorgeworfen werden. Mit Hilfe der schwarzen Sklavin Saba (Sylviane Aissatou Thiam) schafft er es, den tödlichen Kampf zu gewinnen und wird dafür - gegen seinen Willen - zum neuen Kaiser des Römischen Reiches ausgerufen. Seine pragmatischen Ideen als Staatsmann erklären uns, warum das Römische Reich so abrupt endete. An der Seite der zur Kaiserin erhobenen Saba kehrt er in sein Heimatdorf Sumpfing zurück, wo er sich jetzt ganz neue Perspektiven verspricht...

    Gerhard Polt, bajuwarisches Kabarett-Urgestein Jahrgang 1942, ist als TV-Satiriker über jeden Zweifel erhaben. Mit stoischer Ruhe, Intellekt und scharfer Zunge nimmt er Gesellschaft und Politik brillant aufs Korn. Diese Stärken kamen ihm auch bei seinem größten Erfolg „Man spricht deutsh“ zugute, wo er dem deutschen Urlauber in der (italienischen) Fremde den Spiegel vors Gesicht hielt. Über zwei Millionen Deutschen begeisterten sich damals, 1987, für seine spitzen Pointen. Doch das ist lange her. Der Nachfolger „Herr Ober“ floppte an der Kinokasse. Gleiches ist für Polts jüngsten Auftritt unter Lieblings-Regisseur Hanns Christian Müller („Man spricht deutsh“, „Kehraus“) zu befürchten. Zweieinhalb Jahre nachdem die letzte Drehklappe fiel, kommt die Römer-Persiflage nun doch noch in die deutschen Lichtspielhäuser. Es ist selten ein gutes Zeichen, wenn ein Film derart oft verschoben und umgeschnitten wird. Wenn dann auch noch die Presse kurzfristig ausgeladen wird, bahnt sich meist ein filmisches Desaster an. Das trifft leider auch in großen Teilen auf „Germanikus“ zu.

    Zweifellos hat „Germanikus“ auch ein bisschen was Positives zu bieten. Polts bayrischer Dialekt in der Welt der Römer ist recht komisch – zumal dies beim „Schuh des Manitu“ bereits exzellent funktionierte. In einzelnen Szenen kann Polt seine Klasse aufblitzen lassen. Besonders im Zusammenwirken mit „Man spricht deutsh“-Co-Star Gisela Schneeberger gibt es was zu lachen, wenn die beiden etwa bei einem gepflegten Gläschen Wein über das alte Germanien philosophieren. Doch diese Lichtblicke sind selten. Die Konstruktion mit Pro- und Epilog ist ebenfalls noch als gelungen zu bezeichnen. Zumeist regieren aber Klamauk und Zoten – das Niveau siedelt sich im unteren Bereich an, die satirischen Elemente kommen deutlich zu kurz. Wie es sich für einen komischen deutschen Film gehört, ist auch „Germanikus“ mit Auftritten von Gaststars gespickt. Moritz Bleibtreu, Martin Schneider, Anke Engelke, Rufus Beck, Tom Gerhardt, Hilmi Sözer, Manfred Lehmann etc...: Die Gästeliste ist lang. Allerdings fügen sich diese Szenen-Häppchen schlecht bis gar nicht in die Geschichte ein, wobei es schon ein wenig geprahlt ist, überhaupt von einer stringenten Handlung zu sprechen. Aber diese Episodenhaftigkeit ist in diesem Genre nichts Ungewöhnliches. Das Problem ist, dass „Germanikus“ dem Publikum zu wenig Substanz bietet, um über 90 Minuten das Interesse aufrecht zu erhalten. Gen Ende geht dem Film merklich die Luft aus.

    Technisch ist die Persiflage auch nicht auf der Höhe der Zeit. Die computeranimierten Massenszenen wirken teils billig und unausgereift. Aber das war beim „Wunder von Bern“ auch nicht anders und spielt bei einer Komödie sowieso eine weniger wichtige Rolle. Zumindest drehte das Team in Rom in den Cinecitta-Studios. Viel gebracht hat es aber nicht. Die maue Storyline lässt das Geschehen vor allem zum Ende hin oft hilflos vor sich herdümpeln. Im Endeffekt ist es bedauerlich, dass es Gerhard Polt nicht schafft, sich vom Komödieneinheitsbrei der (jungen) Konkurrenz aus dem teutonischen Lager abzusetzen, gelang ihm dies doch früher mit Leichtigkeit. Ist Polt in die Jahre gekommen? Hat er von seinem Talent eingebüßt? Sicherlich nicht, nur sollte er beim nächsten Kinoausflug mehr Wert auf ein ausgereiftes Konzept legen, so dass er seine Stärken besser ausspielen kann.

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