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    The Machine Girl
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Machine Girl
    Von Björn Becher

    Als der amerikanische Trash-Video-Produzent John Sirabella (Shadow: Dead Riot) sich Planet Terror von Robert Rodriguez angeschaut hat, muss ihm schlagartig eine Idee gekommen sein. Das Maschinengewehr, das Rose McGowan im Fortlauf der Handlung als Ersatz für ihr verlorenes Bein verpasst bekommt, rockt so dermaßen, dass man doch einen ganzen Film aus diesem einen genialen Einfall entwickeln könnte. Und wer ist für so einen verrückten Scheiß am ehesten zu haben? Natürlich die durchgeknallten Japaner! Also kurzfristig vor Ort Partner gesucht, schnell eine kleine Geschichte hingehauen, eine hübsche Hauptdarstellern gecastet und los geht’s: Herausgekommen ist bei dieser Kurzschluss-Produktion das Trash-Feuerwerk „Machine Girl“ - inhaltlich auf eher bescheidenem Niveau, geschmacklos und immer mal wieder ziemlich eklig. Trash pur halt: Blutfontänen bis zum Geht-nicht-mehr, aber nichtsdestotrotz über weite Strecken verdammt unterhaltsam.

    Die blutige Richtung geben schon die ersten Minuten vor: Die junge Ami (Minase Yashiro) stürmt in Schuluniform in ein Lagerhaus, wo ein paar Rüpel gerade einen Mitschüler drangsalieren. Sie erklärt feierlich, dass sie ihren Bruder rächen will, der durch die Hand der Schläger ums Leben kam. Das Lachen bleibt ihren Widersachern schnell im Halse stecken, als Ami mit einem gekonnten Axthieb deren Wortführer einen Arm abtrennt. Während dessen Blut noch in Fontänen durch die Gegend spritzt, offenbart Ami, dass auch sie nur einen Arm hat. Als ihre Gegenüber erneut mit leichtem Spiel rechnen, zückt Ami eine gewaltige Gatling-Gun, steckt sie sich an den Arm und verteilt den matschigen Inhalt der Rüpelköpfe quer über den Boden. Nach diesem furiosen Auftakt lässt es „Machine Girl“ erst einmal langsam angehen und erzählt die Vorgeschichte des Gemetzels: Wie kam denn nun eigentlich ein unbescholtenes Schulmädchen zu einer Gatling-Gun als Armersatz? Und warum herrscht zwischen dem Yakuza-Clan „Hattori Hanzo“ und einer Gruppe rotgekleideter Ninja ein erbitterter Krieg?

    Als Ende 2007 die ersten Trailer zu „Machine Girl“ im Netz auftauchten, brach auf den einschlägigen Internetseiten ein unglaublicher Hype aus. Bei der vielleicht bekanntesten Website für abseitiges Genre-Kino, www.twitchfilm.net, erreichte der Trailer Rekordabrufzahlen und auch die deutschsprachigen Filmblogs sprangen schnell auf den Zug auf. Einfach Hammer sah der Trailer aus, der unterhaltsamen Trash pur versprach. Halten kann der Film diese Versprechung zwar nicht ganz, denn wie so oft wurden die besten Szenen schon alle in der Vorschau verbraten, so dass der fertige Film zwischendurch immer wieder auch auf Füllmaterial zurückgreifen muss, um diese Highlightszenen zu verbinden. Einen Abbruch tut dies dem Spaß, den die Zielgruppe mit „Machine Girl“ haben wird, aber freilich kaum.

    Für die eh nur nebensächliche Handlung haben die Macher auf eine simple Rachestory zurückgegriffen, bei der gelegentlich anklingende tiefere Themen wie Selbstjustiz und Rechtfertigung von Gewalt möglichst schnell wieder beiseite gewischt werden. Stattdessen setzt man voll auf Gore und zwei hübsche Powerfrauen als Kick-Ass-Babes. „Gravure Idol“[1] Minase Yashiro wurde sicher nicht wegen ihres schauspielerischen Talents gecastet, sondern weil ihr süßes und unschuldiges Äußeres genau den richtigen Kontrast zum brutal-splattrigen Wirken ihres Charakters darstellt. Auch Mitstreiterin Asami kommt ursprünglich aus dem Erotikbusiness, darf hier aber – wie ihre Kollegin – nur wenig Haut (dafür aber umso mehr Härte) zeigen. Amüsant ist übrigens, dass beide Darstellerinnen zwar eigentlich gleich alt sind, aber im Film dennoch Mutter und Tochter spielen.

    Dass man japanische Schulmädchen nicht unterschätzen darf, weiß der geneigte Zuschauer spätestens seit Yo-Yo Girl Cop - doch dieser ist im direkten Vergleich mit „Machine Girl“ in Sachen Brutalität die reinste Kindergartenveranstaltung. Der Blutdurst von Regisseur Noboru Iguchi kennt einfach keine Grenzen. Er macht vor nichts halt und stellt immer wieder unter Beweis, dass Rot ganz offensichtlich seine Lieblingsfarbe ist. Die Gliedmaßen fliegen in schöner Regelmäßigkeit durch die Gegend und es dürfte kaum einen Charakter geben, der nach dem großen Finale noch alle Arme und Beine besitzt. Die üblichen Splatter-Gags fehlen natürlich auch nicht: Auseinanderklaffende Gesichter und riesige Löcher im Bauch, durch die man mal einen Blick werfen oder eine Waffe stecken kann, stehen auf der Tagesordnung. Richtig heftig wird es beim Showdown, wenn auch die altbekannte Kettensäge ins Geschehen eingreift und der Oberbösewicht seine Köpfe zerschießende Schleuder hervorholt. Diese ist allerdings noch gar nichts im Vergleich zu dem wunderschönen neuen BH seiner Ehefrau.

    Fazit: Sicherlich kann „Machine Girl“ rein technisch nicht mit dem ähnlich gelagerten Streifen Yo-Yo Girl Cop von Kenta Fukasaku oder den Splatter-Orgien „Fudoh – The New Generation“ und „Ichi, the Killer“ von Takashi Miike mithalten. Hierfür ist der Computereinsatz in den fraglichen Szenen einfach zu leicht zu durchschauen. Doch diesen Makel macht Regisseur Iguchi mit Erfindungsreichtum, Brutalität und einem unglaublich hohen Tempo locker wieder wett. Am besten kommt der Film natürlich in trauter Runde mit ein paar Bier und guter Stimmung. Auch auf diversen einschlägigen Festivals wird er den Kinosaal garantiert zum Kochen bringen. Ungewöhnlich: Um den Erfolg in den USA zu garantieren, gibt es zu „Machine Girl“ nicht nur eine japanische, sondern auch eine englische Tonspur. Die Maßnahme hat gezogen, die DVD ist auch in den Staaten ein Hit. So ist es sicherlich nur eine Frage der Zeit, bis es von dem Film auch hierzulande eine Silberscheibe geben wird.

    [1] „Gravure Idols“ sind besondere japanische Models, die meist noch sehr jung sind, nie nackt posieren, aber trotzdem immer aufreizend in Unterwäsche oder Bademoden, teilweise auch in hautengen Superheldenkostümen und ähnlichem, posieren.

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