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    The Rage
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Rage
    Von Jan Hamm

    Robert Kurtzman ist zurück! Robert wer? Als Regisseur des Djinn-Horrors Wishmaster konnte er zwar keinen nachhaltigen Ruhm einheimsen, dennoch ist Kurtzman im amerikanischen Genrefilm hinter den Kulissen fast allgegenwärtig. Als Produzent und Autor (From Dusk Till Dawn), insbesondere aber als Special-Effects-Profi für blutiges Make-Up schaut er inzwischen auf eine beachtliche Filmographie zurück und sorgte bei Erfolgen wie Predator für den visuellen Feinschliff. Für „The Rage“ hat sich der Gore-Meister erneut auf den Regiestuhl bequemt. Seine Mission: Splatter-Fans sollen mal wieder einen Grund zum Feiern haben! Und so finden sich in seinem aktuellem Wurf weder eine erzählenswerte Story, noch nennenswertes Schauspiel oder gar Gruselmomente. „The Rage“ ist eine puristische Metzelorgie, die ihren engen Horizont kennt, sich einen Dreck um Political Correctness schert und genau das bietet, was Kurtzman perfekt beherrscht: blutrünstige Effekte. Noch mehr Partyspaß wäre allerdings drin gewesen, wenn er dem anvisierten Grindhouse-Format mit mehr Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll gerecht geworden wäre. Gorehounds werden „The Rage“ aber auch so mit einem seligen Grinsen verlassen.

    Dr. Viktor Vasilienko (Andrew Divoff) ist furchtbar wütend. Selbstsüchtige Kapitalisten haben seine erfolgreichen Forschungen zur Krebsheilung einkassiert und ihn in die Irrenanstalt gesteckt. Nach der Flucht sorgt der inzwischen tatsächlich latent wahnsinnige Doc dafür, dass andere seinen Zorn mit ihm teilen und entwickelt eine teuflische Antwort für seine Peiniger: Das Serum „Rage“ verwandelt Mensch und Tier in Zombie-artige Berserker. Dummerweise entwischt ihm einer der tobenden „Patienten“ und gibt den Virus an eine hungrige Geierhorde weiter. Die wiederum will ihren Appetit dann an einer kleinen Partygesellschaft stillen, deren Heimweg damit ein jähes Ende findet. Nach einer verlustreichen Flucht vor dem geflügelten Terror verstecken sich die Überlebenden in einem alten Schuppen irgendwo im Nirgendwo. Doch Vasilienko erwartet seine neuen Gäste bereits...

    „The Rage“ ist ein munterer Spaziergang durch die einzelnen Schubladen des Genres. Eröffnet wird mit einer Zombie-Episode in Vasilienkos Labor, die den satten Gore-Gehalt mit Vollgas via detailreich inszenierter OP am lebenden Objekt klarstellt. Ähnlich intensiv bleibt es, als das „Rage“-Opfer nunmehr irrsinnig durch den Wald fetzt und nebenher ein Päärchen beim Schäferstündchen sprichwörtlich auseinanderreißt. Dann folgen mit der Geierjagd im zweiten Drittel der Tierhorror und damit der Durchhänger des Films. Denn die untoten Federviecher sind unterirdisch animiert und schlampig in die Einstellungen geschnitten. Das schraubt den Trash-Faktor kurzfristig in enorme Höhen und macht durchaus Spaß, dauert nur einfach viel zu lange. Die Geier können zwar heftig zupicken, sind aber schnell langweilig anzuschauen und im Kontext des Schlussaktes nicht mehr von Belang. Denn sobald die verbliebenen Youngster das verwahrloste Labor erreichen, dreht „The Rage“ völlig ab und feiert ein groteskes Monsterhorror-Fest, das den kannibalischen Zombie-Stumpfsinn weit hinter sich lässt. Hier macht sich Kurtzmans Erfahrung deutlich bemerkbar. Die Wesen, die Vasilienko erschaffen und um sich geschart hat, sind sadistische und absurde Keaturen, die durch großartiges Make-Up sehr plastisch und damit auch entsprechend bedrohlich – und natürlich enorm unterhaltsam - auftreten.

    Mit dem Schlussakt schafft „The Rage“ mit Bravour das, was er eben schaffen will: selbstironisches, morbides und kreatives Splatterkino. Dass in diesem Rahmen an Plot und Darsteller keine Ansprüche gestellt werden können, versteht sich von selbst. Eher ist das Gegenteil der Fall - das unterirdische Schauspiel und die dämlichen Dialoge passen bestens ins Selbstverständnis des Films. Außerdem ist mit einem Blick auf den Cast ohnehin alles klar. Hauptdarstellerin Erin Brown (bei Fans unter dem Pseudonym Misty Mundae bekannt) ist eine wahre B-Film-Ikone und hat ihre schauspielerischen Ambitionen mit brüllkomischem Softporno-Trash wie „Lord Of The G-Strings – The Femaleship Of The String“ längst zum Mond geschossen. Warum nutzt Kurtzman die eigentlichen „Qualitäten“ seiner Actrice nicht? Dafür, dass der Film ohnehin keine Regeln kennt und sogar Kinder (Kurtzmans eigene Sprösslinge) zwischen die Hauer „Rage“-infizierter Biester befördert, hätten die Partysequenzen zu Beginn ruhig etwas exzessiver ausfallen dürfen. Wie schön wäre es außerdem gewesen, mehr von den gastierenden Mushroomheads (sehen aus wie Slipknot, sind es aber nicht) zu hören. Deren Nu-Metal/Hardcore-Geballer hätte toll mit der ein oder anderen Sequenz im letzten Drittel harmoniert und wäre spaßiger als das ausgelutschte Synthie-Zeug gewesen, das es letztendlich auf den Soundtrack geschafft hat.

    Fazit: Mit mehr Mut zur Exploitation wäre „The Rage“ der ultimative Partyspaß und ein würdiger Grindhouse-Erbe geworden. Aber Kurtzman hat natürlich vor allem Augen für die Gore-Effekte und die beherrscht er meisterlich. Ohne erahnbares Gespür für Dramaturgie oder gar Dramatik scheucht er seine unfähigen Darsteller durch ihr Martyrium, badet dabei genüsslich in Klischees und entfesselt gegen Ende ein Pandemonium à la carte. Splatter-Referenzen wie Braindead rückt „The Rage“ zwar nicht auf den fauligen Pelz, für Genrefans ist die Trash-Achterbahn aber vorbehaltslos empfehlenswert.

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