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    The Job
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    The Job
    Von Robert Cherkowski

    In den Euro-Südländern wird zurzeit deutlich, wie schnell sich die Maschen des sozialstaatlichen Netzes in Krisenzeiten vergrößern und wie ungeheuer viele Menschen tatsächlich unmittelbar davon betroffen sind. Selbst ein fester Job ist vor dem Hintergrund des Firmen-Massensterbens kein Garant mehr für ein geruhsames Leben. Und viele Selbständige, Zeitarbeiter und Aufstocker landen direkt im Haifischbecken der Krisenwirtschaft. Für das Mainstream-Kino sind derartige Themen oft zu brenzlig – in günstiger produzierten Filmen, bei denen kein so großes finanzielles Risiko besteht, können es sich Regisseure jedoch durchaus leisten, auch unangenehm lebensnahe Szenarien zur Bühne für Nervenkitzel oder Klamauk zu erklären. So auch Shem Bitterman, der in seiner bereits 2009 fertiggestellten tragikomischen Thriller-Farce „The Job" von einem Syndikat erzählt, das selbst seine Auftragsmorde von freien Mitarbeitern ohne Zukunftsperspektive erledigen lässt. Was sich auf dem Papier wunderbar schwarzhumorig und gesellschaftskritisch liest, entpuppt sich aber schnell als thematisch unscharfe, ziellose und unsicher erzählte Genre-Mixtur.

    Ohne Geld, Job und Perspektive hängt der Endzwanziger Bubba (Patrick Flueger) in den Kneipen von Baltimore ab, schwätzt mit anderen Arbeitslosen oder schäkert mit der Kellnerin Joy (Taryn Manning) – bis der seltsame Herumtreiber Jim (Ron Perlman) des Weges kommt und Bubba in ein Gespräch verwickelt. Er würde nie länger als drei Tage an einem Ort bleiben; ob Bubba denn eine Bleibe empfehlen könne? Im Gegenzug leitet Jim seinen Gönner an eine Arbeitsvermittlung der etwas anderen Art und damit an den mysteriösen Perriman (Joe Pantoliano) weiter. Als Bubba über die wahre Natur des neuen Jobs ins Bild gesetzt wird, wird ihm allerdings ganz anders: Für eine fürstliche Bezahlung soll er einen Mann töten. Erst schlägt er aus. Dann verleitet ihn die Aussicht auf ein besseres Leben wider besseres Wissen dazu, den Auftrag anzunehmen. Doch damit beginnt der Irrsinn erst...

    Die Geschichte vom phlegmatischen Durchschnittstypen, der im kriminellen Sumpf den Fluchtweg aus einem tristen Leben mit unsicherer Zukunft sucht, ist ein klassischer Stoff der Noir-Literatur, der von Jim Thompson bis Patricia Highsmith oft variiert wurde. Von Thompson („The Killer Inside Me", „The Getaway") lieh sich Drehbuch-Autor und Regisseur Shem Bitterman das Milieu urbaner Hoffnungslosigkeit. Dabei wirkt die mittlere Großstadt Baltimore hier weniger wie die Verbrechensmetropole, als die sie in der Serie „The Wire" porträtiert wird, sondern vielmehr wie eines jener verlassenen US-Wüstenstädtchen vergangener Zeiten. Auch Highsmith-Elemente finden sich in „The Job", vor allem in Jim, der wie ein entfernter Verwandter des „amerikanischen Freundes" Tom Ripley wirkt und der den vorgeblich harmlosen Vermittler zum dämonischen Perriman spielt.

    Statt eines geradlinigen Thrillers im Neo-Noir-Stil von „Red Rock West" wollte Bitterman aber offenbar lieber eine schräge Farce nach Art der Coen-Brüder („Burn after Reading") drehen. Und tatsächlich schlägt er bei der Einführung der Figuren und der Etablierung der Konflikte ein ähnlich flottes Tempo an wie die berühmten Kollegen. In diesem Fall erweist es sich aber als zu flott, denn für emotionale Höhepunkte bleibt keine Zeit und auch der inszenatorische Feinschliff bleibt auf der Strecke: So werden entscheidende Handlungsmomente kaum anders in Szene gesetzt als rein funktionale Übergangsszenen. Auch der Humor bleibt seltsam unspezifisch. Immer wieder muss man sich wundern, wie die oft besonders schrägen Dialogzeilen wirklich gemeint sein mögen, denn angesichts des schwachen Timings geht so manche Pointe ins Leere.

    Wichtig ist, was auf der Mattscheibe zu sehen ist. Und da kann nicht einmal Ron Perlman („Hellboy", „Drive") punkten, dafür ist sein Jim viel zu eindimensional geschrieben. Hauptdarsteller Patrick Flueger („Footloose", „4400 – Die Rückkehrer") hat deutlich mehr Raum, seinen schluffigen Antihelden mit Leben zu füllen und er nutzt ihn. Mit der Kellnerin Joy, einer gescheiterten Schauspielerin mit dem Herzen am rechten Fleck, kommt es sogar zu einer Romanze, die bis zum Schluss nie peinlich oder abgeschmackt wird. Weniger leicht hat es Joe Pantoliano („Auf der Flucht", „Memento") als schrill-schräger Mordvermittler, der oft wie ein Fremdkörper im unfokussierten Geschehen wirkt. Ständig wechselt Shem Bitterman den Erzählton, eine stimmige Balance zwischen gewichtigem Drama und doppelbödiger Leichtigkeit findet er kaum einmal.

    Fazit: Shem Bittermans „The Job" hat eine spannende Ausgangssituation, aus der im Verlauf einer inkohärent erzählten und ziellos gespielten Handlung aber viel zu wenig herausgekitzelt wird.

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