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    Bitch Slap
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Bitch Slap
    Von Julian Unkel

    Drei leicht bekleidete Amazonen, kernige Sprüche und das Versprechen von viel Sex und Gewalt: Der unter anderem auf den diesjährigen Fantasy Filmfest Nights prominent platzierte Trailer zu Rick Jacobsons „Bitch Slap" konnte in der anvisierten Zielgruppe einen beträchtlichen Hype auslösen. Nachdem die Filmindustrie in den vergangenen Jahren so ziemlich jedes Nischengenre der 70er Jahre reanimierte, war es ja auch nur eine Frage der Zeit, bis sich jemand dem Sexploitation-Kino von Russ Meyer und Konsorten annehmen würde. Doch wie schon so oft geschehen, überragt auch hier die Marketingkampagne das Endprodukt bei weitem: „Bitch Slap" ist lange nicht so wild und ungestüm, wie es der Trailer erhoffen lässt, und hat außer seinen offensichtlichen optischen Reizen kaum etwas zu bieten.

    Irgendwo in der amerikanischen Wüste: Die toughe Maklerin Hel (Erin Cummings), die naive Stripperin Trixie (Julia Voth) und die frisch aus dem Knast entflohene Psychopathin Camero (America Olivo) haben sich zusammengeschlossen, um in der Gegend versteckte Diamanten im Wert von 200 Millionen Dollar zu klauen. Doch natürlich entfaltet sich der Coup lange nicht so, wie er geplant war: Zahlreiche andere Gauner, wie der Punk Hot Wire (William Gregory Lee) und seine durchgeknallte japanische Freundin Kinki (Minae Noji), haben es ebenfalls auf die Edelsteine abgesehen. Die Polizei ist längst informiert, der als Geisel genommene Gangster Gage (Michael Hurst) erweist sich als widerspenstiger als erwartet und zu allem Überfluss scheint auch noch die phantomhafte Unterweltlegende Pinky in die Sache verwickelt. In der glühenden Wüstensonne kommt es zu einigen blutigen Konfrontationen – und schnell merken die drei Komplizinnen, dass sie sich auch gegenseitig keinen Meter weit trauen können...

    Der mit Szenen aus Exploitation-Klassikern wie „Die Satansweiber von Tittfield", „Coffy" und „Thriller" gespickte Vorspann gibt die Marschroute vor. Und auch die Einführung der drei Hauptfiguren, bei denen konsequent immer zuerst das Dekolleté und erst zweitrangig das Gesicht fokussiert wird, lässt die durch den Trailer erzeugte Vorfreude noch einmal hochkochen. Doch bald darauf setzt auch schon Ernüchterung ein: Das erhoffte Feuerwerk will einfach nicht zünden. Natürlich würde im Normalfall bei einem solchen Film niemand ernsthaft kritisieren, dass die Story komplett uninteressant und ähnlich spärlich wie die Outfits der Darstellerinnen ausgefallen ist. Doch da Rick Jacobson lieber die Hintergründe des Coups in zahllosen Rückblenden auswalzt, anstatt sich voll und ganz auf die Situation in der Wüste zu konzentrieren, bremst sich der Film ständig selbst aus – und verlangt so nebenbei auch noch, dass man der missratenen Handlung (inklusive dem obligatorischen abgedroschenen Final-Twist) deutlich mehr Gewicht beimisst, als ihr gut tun würde.

    Gerät das Tempo erst einmal ins Stocken, treten auch all die anderen Mängel deutlich stärker hervor: Die Dialoge sollen wohl anrüchig klingen, sind aber letztlich nur gezwungen vulgär; die grundsätzlich vor ultrabilligen CGI-Hintergründen gedrehten Rückblenden scheitern an ihrer Aufgabe, einen Comicstil à la „Sin City" zu etablieren; das gnadenlose Overacting gerät besonders bei der völlig überdrehten America Olivo schnell enervierend. Zu allem Überfluss ist der Film mit seinen über 100 Minuten auch noch mindestens eine Viertelstunde zu lang, was man auch den wenigen gelungenen Szenen anmerkt. Besonders schlimm ist das bei dem brachialen, zweiteiligen Catfight zwischen Hel und Camero im Schlussdrittel, der von Star-Stuntwoman und Quentin-Tarantino-Muse Zoe Bell („Kill Bill") zwar beachtlich choreographiert wurde, sich dann aber viel zu sehr in die Länge zieht und bald ermüdet. Wirklich unterhaltsam ist „Bitch Slap" daher nur in den seltenen Fällen, in denen Regisseur Jacobson seinen Film völlig von der Leine lässt und etwa eine so unerwartete wie sinnfreie - natürlich in Super-Zeitlupe gefilmte - Wasserschlacht zwischen den Mädels einfügt.

    Retten können diese Szenen aber nicht mehr viel. Es ist schon bezeichnend, dass sich die besten Gags des Films in den Opening Credits (wo Jacobson und Co-Autor Eric Gruendemann sich als „Poets Laureate" kreditieren) beziehungsweise im Abspann (der mit dem Hinweis aufwartet, dass sämtliche Ähnlichkeiten zu den Werken Shakespears rein zufälliger Natur sind) finden lassen. Zwischen seinen In- und Outros ist „Bitch Slap" als Neo-Sexploitation viel zu zahm, als Parodie des Genres nicht witzig genug und als Guilty Pleasure schlichtweg zu fad. Damit taugt der erhoffte Sexploitation-Spaß maximal als überraschend zugeknöpfte Fleischbeschau in feuchtfröhlicher Männerrunde.

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