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    Arizona Junior
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Arizona Junior
    Von Björn Becher

    Die beiden Coen-Brüder Joel und Ethan sind mittlerweile mit Oscars ausgezeichnete Stars des Independent-Kinos und haben mit No Country For Old Men - zumindest medial und kommerziell - einen vorläufigen Karrierehöhepunkt erreicht. Doch jeder hat mal klein angefangen, so auch die Coens. Nach ihrem beeindruckenden Erstling „Blood Simple“ legten sie 1987 ihren zweiten Film „Arizona Junior“ nach, mit dem sie zwar deutlich hinter dem Debütwerk zurückblieben, aber in einigen starken Momenten ihr Gespür für skurrile Charaktere und grotesken Humor bewiesen.

    Der Kleinkriminelle H.I. McDonnough (Nicolas Cage), genannt „Hi“, verbringt eigentlich sein ganzes Leben im Gefängnis. Kaum ist er raus, überfällt er einen Supermarkt und landet gleich wieder im Knast. Sein einziges Highlight sind die Fotos für die Gefängnisakte. Die werden nämlich von der hübschen Polizistin Edwina (Holly Hunter), genannt „Ed“, gemacht. Doch eines Tages beschließt Hi sein Leben zu ändern. Er will ehrlich werden. Für den Neuanfang braucht er eine Frau. Wer wäre da besser als Ed? Sie stimmt zu und glückliche Tage beginnen für das jung verheiratete Paar. Hi bekommt einen Job, sie leben in einem kleinen Trailer und wünschen sich ein Kind. Doch genau das klappt nicht, Ed ist unfruchtbar. Eine Adoption kommt aufgrund der Vorgeschichte von Hi ebenfalls nicht in Frage. Was nun? Das junge Liebesglück scheint am Ende. Da erfahren die beiden, dass die Frau des reichen Möbelhändlers Nathan Arizona (Trey Wilson) Fünflinge zur Welt gebracht hat. Da es eine schreiende Ungerechtigkeit ist, dass die einen zu viel und die anderen zu wenig haben, beschließen Hi und Ed eines der Babys zu entführen.

    Die Filme der Brüder Coen sind für ihre Skurrilität berühmt, doch „Arizona Junior“ schießt dabei noch einmal den Vogel ab. Noch bizarrer geht es kaum. Das fängt schon äußerlich mit den Darstellern (wie in den Filmen der Brüder üblich) an. Die beiden Oscarpreisträger Nicolas Cage (Leaving Las Vegas, Im Körper des Feindes, Adaption) und Holly Hunter (Das Piano, Die Firma) in den Hauptrollen sind hinter ihrem Erscheinungsbild nur zu vermuten. Bei Cage klappt die Identifikation gerade noch, er sieht mit seinen Koteletten und den wirren Haaren zum Schießen aus. Holly Hunter erkennt man eigentlich überhaupt nicht.

    In den Nebenrollen setzt sich das fort. John Goodman trägt wie Cage Elvis-Gedächtnis-Koteletten und die Ehefrau von Joel Coen, Frances McDormand (die später für den Coen-Film Fargo den Oscar gewann), ist mit ihrer Frisur und dem zickenhaften Aussehen genau so wenig wiederzuerkennen, wie ihre männlichen Kollegen. Mit der Inszenierung der Story setzt sich die Groteske fort. Alles wird noch skurriler gemacht, als es durch den Plot ohnehin schon ist, und so wird eine einfache Verfolgungsjagd mit Albereien und Fahrzeugwechsel so durchsetzt, dass man fast gar nicht mehr weiß, wer denn nun wen und warum verfolgt.

    Dabei wursteln sich die Brüder durch alle möglichen Genres. Ist der Film vordergründig eine Komödie, wird schlussendlich sogar der Italo-Western zitiert. Dabei übertreibt man es mit den wilden Einfällen und Witzen aber einige Male etwas zu deutlich. Einzelne Szenen wirken so, als hätten sich die Coens nicht überlegt, wie man „Arizona Junior“ optimal gestalten kann, sondern nur, wie man ihn grotesker und skurriler, also ungewöhnlicher machen kann. Und das schadet dem Film bisweilen. So sorgen gerade einige Gags nur für ein müdes Kopfschütteln. Zum Brüllen komisch dagegen ist die Mimik und Gestik des entführten Babys, das den ganz prominenten Schauspielern, die damals ja größtenteils noch nicht so bekannt waren, die Show stiehlt.

    Interessant sind übrigens aus heutiger Sicht noch zwei Kleinigkeiten: So wird den ein oder anderen die Synchronstimme von Nicolas Cage in der deutschen Fassung verwundern. Das recht dunkle Organ von Rolf Zacher (spricht Cage auch in Wild At Heart )hat überhaupt keine Ähnlichkeit mit seiner heutigen Stimme, passt aber besser zu Cage, vor allem in diesem Film. Interessant ist ebenfalls der Name des Mannes hinter der Kamera: Barry Sonnenfeld war bei den ersten drei Coen-Filmen für die Kameraführung zuständig und ist mittlerweile als Regisseur an den Kinokassen zum Beispiel mit den beiden Men In Black-Filmen erfolgreicher als seine beiden ehemaligen Chefs.

    Insgesamt ist „Arizona Junior“ gerade für Fans der Regisseure und Cineasten durchaus sehenswert. Allerdings lässt das Werk zwar schon die Brillanz des Bruderduos erahnen, kann aber ganz eindeutig nicht mit den großen Filmen wie Fargo oder The Big Lebowski mithalten und bleibt auch ein Stück hinter den „lediglich guten“ Coens (Ein (un)möglicher Härtefall, „Hudsucker“) zurück.

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