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    Dolpo Tulku - Heimkehr in den Himalaya
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Dolpo Tulku - Heimkehr in den Himalaya
    Von Sascha Westphal

    Dokumentationen über Tibet und den Dalai Lama, über buddhistische Vorstellungen und Rituale sind seit einigen Jahren kaum noch aus den Kinos wegzudenken. Sie haben sich mittlerweile fast schon zu einem eigenen Subgenre entwickelt. Allerdings erreichen sie meist nur die bereits Eingeweihten oder zumindest Interessierten. Nur wenige der Filmemacher nähern sich ihrem Gegenstand mit so viel begierigem Interesse, aber eben auch einer so aufrichtigen, die Differenzen zwischen der östlichen und der westlichen Kultur respektierenden Zurückhaltung wie Werner Herzog bei seinem kleinen Meisterwerk Rad der Zeit. Er hat einen bis heute gültigen Maßstab etabliert, an dem sich im Prinzip alle anderen Buddhismus-Dokumentationen messen lassen müssen. Auch „Dolpo Tulku – Heimkehr in den Himalaya“, das Regiedebüt des Cutters Martin Hoffmann (Trip To Asia, Mein halbes Leben), kann letztlich nicht an den von Herzog gesetzten Standard heranreichen. Doch zumindest setzt sich diese Dokumentation über einen jungen Mönch, der im Alter von gerade einmal 26 Jahren seine Position als religiöses Oberhaupt der Buddhisten im Dolpo, einer abgeschiedenen, an Tibet grenzenden Bergregion Nepals, antritt, deutlich von solch naiven spirituellen Filmtraktaten wie Zehn Fragen an den Dalai Lama und Dalai Lama Renaissance ab.

    Für den 1981 geborenen Hirtenjungen Sherap Sangpo stand schon in frühester Kindheit fest, dass er einmal ein buddhistischer Mönch würde. Im Alter von zehn Jahren ist er dann zusammen mit seinem Großvater nach Indien gepilgert und hat an einer Initiation durch den Dalai Lama teilgenommen. Damit war sein weiterer Weg endgültig vorgezeichnet. Er ist daraufhin in ein Kloster nahe der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu eingetreten und wurde dort als Reinkarnation des Dolpo Lamas Nyinchung Rinpoche erkannt und bestätigt. Seine Ausbildung hat Dolpo Tulku dann in Südindien im Namdroling Kloster erhalten. Nach dem Abschluss seines Studiums hat er kurze Zeit unterrichtet und ist dann im Sommer 2008 erstmals wieder in das Dolpo zurückgereist, um dort sein Amt als geistliches Oberhaupt der Region anzutreten. Auf dem Weg vom unteren ins obere Dolpo, wo auch seine drei Amtssitze liegen und seine Inthronisation stattfindet, hat ihn Martin Hoffmann mit einem kleinen Filmteam begleitet.

    Das tibetischsprachige Dolpo, das sich erst seit gut 200 Jahren unter nepalesischer Herrschaft befindet, gehört zu den ärmsten Regionen der Welt. Nahezu gänzlich von der modernen Welt abgeschieden, haben sich dort buddhistische Traditionen erhalten, die es so selbst in Tibet nicht mehr gibt. Vor diesem außergewöhnlichen Hintergrund, der zugleich auch eine extreme Herausforderung darstellt, kommt Dolpo Tulku nicht nur eine besondere spirituelle Rolle zu. Dessen ist sich der Mönch, der in den Jahren seiner Ausbildung die Annehmlichkeiten der modernen Welt durchaus zu schätzen gelernt hat, auch vollkommen bewusst. So spricht er Martin Hoffmann gegenüber immer wieder überraschend offen von den Zweifeln, die ihn angesichts seiner immensen Verantwortung plagen.

    Das Amt des buddhistischen Oberhaupts im Dolpo stellt an sich schon sehr hohe Anforderungen. Die Menschen, die seit Jahrhunderten traditionellen Lehren und Ritualen folgen, haben besonders große Erwartungen an ihn. Aber für den ehemaligen Hirtenjungen, der davon träumt, die Moderne in diese Region zu bringen, ergibt sich gerade aus den sozialen Verhältnissen in seiner Heimat, zu der allgemeinen Armut kommt auch noch eine hohe Kindersterblichkeit, eine weitere extreme Herausforderung. Dabei geben weder er noch Martin Hoffmanns Dokumentation vor, Antworten auf all die brennenden Fragen und Probleme zu haben. Hoffmanns Films ist einfach ein Reisebericht, das Dokument einer Rückkehr und zugleich Ankunft, die Hoffnungen weckt. Darin liegt seine große Stärke. Wenn Hoffmann und sein Team die jahrhundertealten Rituale und Zeremonien der Dolpopa filmen, bekommt ihre Arbeit einen beinahe ethnologischen Touch. Hoffmanns Verzicht auf Erklärungen ist insofern nur konsequent, er will nicht mehr als ein Beobachter sein. Aber aus dieser reizvollen Strategie erwächst für einen dem Buddhismus eher fremden Betrachter eine Distanz, die selbst die eindrucksvollsten Aufnahmen des Films nicht überbrücken können.

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