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    Arschkalt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Arschkalt
    Von Özkan Cira

    Vier Jahre nach seinem Langfilmdebüt „Selbstgespräche" widmet sich Regisseur André Erkau in seinem zweiten Kinofilm „Arschkalt" drei grundverschiedenen Menschen, die mit Enttäuschungen und Rückschlägen auf ihre ganz persönliche Art und Weise fertig werden. Eigentlich ist dabei eine nette Komödie herausgekommen, doch Erkaus Inszenierung leidet unter der dialoglastigen Erzählweise. Fast alles wird für das Publikum in Worte verpackt, statt die Bilder für sich sprechen zu lassen. Zusammen mit der konventionellen Ästhetik erinnert die Machart des Films mehr an eine TV-Produktion, als an einen leinwandfüllenden Kinofilm. Sieht man von diesen Schwächen ab, kann „Arschkalt" aber durchaus noch etwas abgewonnen werden. Dazu tragen vor allem die Schauspieler, allen voran Herbert Knaup, bei. Die schaffen es nämlich, ihre Figuren einer seicht erzählten Geschichte zum Trotz sympathisch und lebendig wirken zu lassen.

    Der eiskalte Misanthrop Rainer Berg (Herbert Knaup) will bloß noch seine Ruhe haben. Nichts und niemand, so scheint es, kann den harten Panzer des zynischen Ex-Unternehmers durchdringen. Seit er das Familienunternehmen in den Konkurs geführt hat, arbeitet der emotional eingefrorene Berg – wie passend - als Tiefkühlkostverkäufer im flachen Norddeutschland. Als in der Firma die neue Chefin Lieke van der Stock (Elke Winkens) ihren Job antritt, wird dem erfahrenen Einzelgänger Berg ein neuer Kollege zugeteilt - der aufdringliche, stets fröhliche Ex-Friseur Tobias Moerer (Johannes Allmayer). Die Vorgabe der Chefin: Wenn Berg den Neuen nicht innerhalb von zwei Wochen eingelernt und zu einem guten Verkäufer gemacht hat, verlieren beide ihren Job. Das kann sich Berg aber nicht leisten. Schließlich hat er seinem schwerkranken Vater (Péter Franke), der ein einsames Dasein in einem teuren Altenheim fristet, noch nichts von der Pleite der Familienfirma erzählt. Berg ist also gezwungen, sich dem positiv aufgelegten Greenhorn Moerer anzunehmen. Da sind Konflikte vorprogrammiert – doch nach einiger Zeit gelingt es Moerer mit seiner lebensbejahenden Art tatsächlich das harte Herz seines Kollegen zu erweichen...

    „Arschkalt" erzählt nur wenig über Bilder, über die Sprache des Kinos. Nahezu alles wird in expliziter Dialogform angereicht – jedes Detail, jedes Gefühl und jeder Schritt der Handlung. Diese Vorgehensweise erinnert an die Erzähltechnik herkömmlicher TV-Produktionen. Um die Geschichte auch ohne die Überstrapazierung des gesprochenen Wortes zu vermitteln, fehlt jedoch schlichtweg eine taugliche Bildsprache. Besonders deutlich wird das, wenn Berg in kurzen Zwischensequenzen seine zynischen Lebensweisheiten zum Besten gibt. Diese allegorischen Einschübe sind zwar gelegentlich ganz witzig, zugleich aber auch die große Schwäche des Films: Was nicht mehr über Dialoge vermittelt werden konnte, muss dem entmündigten Zuschauer via Off-Text eröffnet werden.

    Genau wie in Erkaus Erstlingswerk bildet hier die Dienstleistungsbranche mit ihren beinharten Regeln den großen Rahmen. Darin entfaltet der Regisseur eine Geschichte von Menschen, die in ihrem Leben mit Enttäuschungen und Rückschlägen konfrontiert werden und lernen müssen, damit umzugehen. Überraschungen und Wendungen gibt es bei „Arschkalt" nicht. Die Story ist voraussehbar und plätschert gemächlich vor sich hin. Das ist bei diesem Format derweil nicht weiter tragisch, entscheidend ist vielmehr, ob die Protagonisten und ihre Entwicklungen ansprechend ausgeführt werden. Sich mit den nahezu parodistisch zugespitzten Figuren zu identifizieren, ist zwar selten möglich. Umso beeindruckender, dass die Schauspieler ihre Rollen mit sympathischer Leichtigkeit zum Leben erwecken und damit doch noch interessant machen. Vor allem Herbert Knaup überzeugt als kühler Misanthrop, der durch die schwere Krankheit seines Vaters erkennt, dass man sich der Vergänglichkeit des Lebens nicht durch Zynismus entziehen kann.

    Inszenatorisch leistet Erkau zwar solide Arbeit; warum dieser Film eigentlich ins Kino und nicht direkt ins Fernsehprogramm der Öffentlich-Rechtlichen kommt, ist jedoch nicht ersichtlich. Im Grunde ist „Arschkalt" eine ungeheuer konventionelle Läuterungsgeschichte mit obligatorischem Happy End. Daran ändern auch die wenigen auflockernden Montagen („Kopfnick-Trick") und stimmungsvollen Landschaftsaufnahmen wenig. Erkaus Zweitling ist unspektakuläres Mittelmaß, eine tragisch angehauchte Komödie à la carte, deren massive Dialoglastigkeit von ihren Hauptdarstellern gerade noch aufgefangen wird.

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