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    Das Mädchen und der Künstler
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Das Mädchen und der Künstler
    Von Ulf Lepelmeier

    Nach „Chico & Rita“, seinem farbenfrohen Animationsausflug nach Kuba, kehrt der spanische Regisseur Fernando Trueba in die alte Welt zurück und wendet sich nach der Jazzmusik nun der figurativen Kunst zu. In seinem gemächlichen Drama „Das Mädchen und der Künstler“ erzählt Trueba von der Suche eines Künstlers nach Inspiration und sinniert über Kunst und Schönheit in den eisigen Zeiten des Zweiten Weltkrieges.

    Sommer, 1943. Ein hübsches, mittelloses Mädchen wäscht sich im Brunnen einer französischen Kleinstadt am Rande der Pyrenäen die geschundenen Beine und wird von Léa Cros (Claudia Cardinale) in ihr Haus eingeladen. Die vor dem Franco-Regime über die spanische Grenze geflohene Mercè (Aida Folch) bekommt von der freundlichen, älteren Dame etwas zu essen und das Angebot für ihren Mann Marc Cros (Jean Rochefort) Modell zu stehen. Der 80-jährige Bildhauer, der seit Ausbruch des Krieges sein Atelier nicht mehr betreten hat, ist angetan von der jungen Frau und führt sie zu seiner einsam gelegenen Wirkungsstätte, die ihr von nun an auch als Versteck dient. Das sie sich für den Künstler völlig entblößen soll, bereitet Mercè jedoch Unbehagen. Nach anfänglichen Vorbehalten, fasst die junge Frau aber zunehmend Vertrauen zu dem alten Mann, der ihren Blick auf die Welt grundlegend verändert.

    Fernando Truebas („Belle Époque – Saison der Liebe“) fiktives Künstlerportrait „Das Mädchen und der Künstler“ ist ein extrem ruhiger Film, in dem von der Suche des Künstlers nach Inspiration erzählt und die besondere Verbindung zwischen Muse und Künstler ins Zentrum gestellt wird. Mit stimmungsvollen schwarz-weiß Bilder wird die Suche nach Schönheit gezeigt, der Versuch, einen besonderen Moment künstlerisch einzufangen. Bedächtig, fast sinnlich, ruht die Kamera dabei auf dem Körper des Mädchens, den Händen des Malers, seinen Skizzen und Skulpturen in dem von idyllischer Natur umgebenen Atelierhäuschen.

    Auch wenn der Zweite Weltkrieg in Europa wütet, ist der 80-jährige Künstler nicht wirklich am Zeitgeschehen interessiert, sondern nur an seinem Schaffen. Die Arbeit an dieser letzten, finalen Skulptur soll sein Lebenswerk abschließen, doch mit der von Aida Folch überzeugend gespielten Mercè tritt auch das Kriegsgeschehen zunehmend in sein Leben ein. Ein weiterer Flüchtling findet kurzzeitig Unterschlupf im Atelier, vor allem aber kommt der deutsche Offizier und Kunsthistoriker Werner (Götz Otto) zu Besuch, der an einem Buch über den Bildhauer schreibt. Doch auch dieses kurzzeitige Eindringen der Realität kann die Ruhe des Künstlerrefugiums letztlich nicht ins Wanken bringen. Im Mittelpunkt der Handlung bleiben stets der langwierige und unspektakuläre Prozess der Motivsuche sowie die schrittweise Entstehung eines Kunstwerkes. Das auf gegenseitigem Respekt basierende und ohne viele Worte auskommende besondere Verhältnis zwischen Künstler und Modell wird in „Das Mädchen und der Künstler“ dabei gerade auf Grund der kontemplativen Inszenierung und der durchdacht-sinnlichen Bildgestaltung erfahrbar.

    Anfangs hat Mercè zwar noch Bedenken sich vor dem greisen Mann zu entblößen und seinen Anweisungen Folge zu leisten. Doch schon bald wird ihre Neugier durch die konzentrierte Arbeit des wortkargen Künstlers geweckt, der tief in seine Arbeit versunken ist und seit 15 Jahren keine größere Skulptur mehr beendet hat. Doch nicht nur das: Zunehmend eröffnet er der jungen Frau auch eine neue Sicht auf die Welt, versucht ihre Augen für die Wahrnehmung der magischen Momente der Kunst zu schulen. So zeigt er der naiven, aber wissbegierigen Mercè einmal eine Radierung Rembrandts, die ein meisterliches Abbild der geschilderten Situation darstellt und letztlich auch Fernando Truebas eigene künstlerische Herangehensweise verrät.

    Fazit: „Das Mädchen und der Künstler“ ist Fernado Truebas schwarz-weiße Liebeserklärung an die bildende Kunst. Dabei gelingt es dem spanischen Regisseur in seinem bedächtigen Film mit großer Sensibilität, die fragile Verbindung zwischen Muse und Künstler darzustellen.

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