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    Transpapa
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Transpapa
    Von Lars-Christian Daniels

    Joachim Król und Ulrich Tukur haben ihren Dienst als Ermittler bereits angetreten, Wotan Wilke Möhring, Til Schweiger und Christian Ulmen ziehen in Kürze nach: Der Trend bei der Besetzung der männlichen Hauptrollen in der Krimireihe „Tatort" geht zur Kinoprominenz. Zu der zählt auch Devid Striesow („Drei", „Yella"), der ab 2013 in der Landeshauptstadt Saarbrücken auf Mördersuche gehen wird. Doch auch auf der großen Leinwand müssen wir auf den gebürtigen Rügener nicht verzichten. In Sarah-Judith Mettkes fürs Fernsehen produziertem Debütfilm „Transpapa", der parallel zur TV-Ausstrahlung in ausgewählten Kinos zu sehen ist, begeistert der gelernte Theaterschauspieler, der 2007 für seine Nebenrolle in Stefan Ruzowitzkys Oscar-Gewinner „Die Fälscher" mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet wurde, in der Rolle der transsexuellen Sophia – nur eine von vielen Stärken des einfühlsam inszenierten und stark besetzten Pubertätsdramas.

    Maren (Luisa Sappelt) steckt mitten in der Pubertät und ist mit sich, ihrem Körper und ihrem Leben mehr als unzufrieden. Als sie nach einer Geburtstagsparty erste sexuelle Erfahrungen mit einem gleichaltrigen Jungen macht, gehen die Probleme erst so richtig los: Ihre Mitschüler halten sie für frigide, ihre Mutter Uli (Sandra Borgmann) hat nur noch Augen und Ohren für ihren eigenen neuen Freund, und dann findet Maren auch noch eine furchtbar kitschige Geburtstagskarte von ihrem vor Jahren abgetauchten Vater im Briefkasten. Ihr Erzeuger heißt jetzt Sophia (Devid Striesow) und lebt ein neues Leben als Frau. Maren sucht den Kontakt zu Sophia und muss schon bald feststellen, dass die sich dank ihrer täglichen Hormonpillen mindestens genauso pubertär verhält wie sie selbst...

    Shoppingrausch und ausgedehnte Gespräche unter Frauen, Unzufriedenheit mit der eigenen Oberweite, zwischendurch ein Tütchen Gras und erste Erfahrungen hinterm Steuer: Sarah-Judith Mettke, die auch das Drehbuch zu ihrem Abschlussfilm an der renommierten Filmakademie Baden-Württemberg schrieb, lässt Maren und ihre neue „Zweitmutter" gemeinsam zur Frau reifen. Das Thema Transsexualität arbeitet die Filmemacherin dabei erfreulich zeitgemäß auf: Umoperierte Männer, die mit Make-Up und Perücke im Supermarkt ihre Einkäufe bezahlen und in männlicher Begleitung auf einer Hochzeitsfeier antanzen, sind heute schließlich längst nichts Besonderes mehr. Dass dennoch nicht jeder von Sophias Mitmenschen im Hier und Jetzt angekommen ist, zeigt Mettke am Beispiel der Nachbarsfamilie, deren jüngster Sprössling Christopher (Damian Hardung) sich im Übrigen in Maren verguckt, obwohl diese ihre weiblichen Reize mit unvorteilhaft geschnittenen Oberteilen und weiten Strickpullis verhüllt.

    „Transpapa" ist kein Film der Marke „Tootsie", „Rubbeldiekatz" oder „Mrs. Doubtfire - Das stachelige Kindermädchen", in denen Männer in Frauenkleidern für Heiterkeit sorgen: Mettke inszeniert ein einfühlsames, nur in wenigen Momenten ironisches Drama und erzählt von der langsamen Annährung Marens an ihre neue wichtigste Bezugsperson. Die Filmemacherin verzichtet dabei nicht nur auf platte Gags und die altbekannten Versteckspiele verkleideter Männer in der Öffentlichkeit, sondern über weite Strecken auch auf einen begleitenden Score: Erst gegen Ende unterlegt sie eine Szene mit Filmmusik und setzt dadurch einen wohlgezielten Akzent. Besonderen Reiz entwickeln auch die Sequenzen, in denen der tatterige Wolfgang (Horst Sachtleben), der die beiden Damen in seinem Haus wohnen lässt, mit von der Partie ist: Hier führt Mettke den Zuschauer bewusst aufs Glatteis und bringt Marens Gefühlswelt durch eine überraschende Wendung im letzten Filmdrittel zusätzlich durcheinander.

    Nachwuchsdarstellerin Luisa Sappelt („Madonnen") meistert die anspruchsvolle Hauptrolle, in der sie die Ängste und Sorgen der sensiblen, häufig unverstandenen Maren überzeugend auslotet, mit Bravour und glänzt vor allem in den Streitgesprächen mit der Mutter, der sie die jahrelange Geheimniskrämerei um das Schicksal ihres Vaters nicht einfach verzeihen kann. Unumstrittener Star des Films ist dennoch Striesow, dessen Performance als transsexuelle „Umma", wie Sophia von ihrer Tochter genannt werden möchte, zu seinen bis dato besten Leistungen zählt. Striesow füllt die Rolle mit Leib und Seele aus und überzeugt mit differenziertem Spiel: Gerade in den Dialogszenen mit Maren wirken seine auffallend zurückgenommene Mimik und vor allem seine Körpersprache unglaublich stimmig und dabei nie aufdringlich.

    Fazit: Sarah-Judith Mettke feiert mit ihrem auf dem Saarbrücker Filmfestival Max Ophüls Preis mehrfach ausgezeichnetem Pubertätsdrama „Transpapa" ein sehenswertes Debüt, in dessen Hauptrolle ein groß aufspielender Devid Striesow förmlich aufblüht.

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