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    Unser letzter Sommer
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Unser letzter Sommer
    Von Asokan Nirmalarajah

    „Für meine Großmutter, die mir ALLES erzählte.“ – Diese vielversprechende Widmung stellt der polnische Dokumentar- und Kurzfilmregisseur Michal Rogalski seinem Spielfilmkinodebüt „Unser letzter Sommer“ voran. Doch in seiner schön fotografierten und kraftvoll gespielten deutsch-polnischen Co-Produktion berichtet er nicht etwa von einem skandalösen Familiengeheimnis oder von den Hintergründen eines historischen Ereignisses, wie man nach dem Eingangssatz vermuten könnte. Rogalski richtet in seinem bereits preisgekrönten Drehbuch seinen Fokus stattdessen auf die ersten Liebesgeschichten einiger jungen Männer und Frauen und ihr brutales Erwachen aus der jugendlichen Unschuld in einem verschlafenen Örtchen in Ostpolen im Sommer 1943. Zwischen der deutschen Sicherheitspolizei, korrupten Autoritätsfiguren in allen Gesellschaftsschichten und fliehenden Juden erleben Rogalskis fehlerhafte Protagonisten die erste Liebe und den ersten großen Verlust im Leben. Das Ergebnis ist starkes europäisches Kino mit authentischen Figuren und reichem Lokalkolorit.

    Zwischen Aufnahmen idyllischer, sonnendurchfluteter Landschaften erzählt Michal Rogalski vom Alltag des jungen polnischen Heizers Romek (Filip Piotrowicz) und des nach Ostpolen strafversetzten jungen Soldaten Guido (Jonas Nay). Der Deutsche ist gelangweilt und zeigt sich interessiert an den Gleichaltrigen seiner neuen Umgebung und ihrer gemeinsamen Begeisterung für die Jazz-Musik. Er verguckt sich in die Polin Franka (Urszula Bogucka), die Tochter eines Bauern, was den Zorn seines Oberleutnants (Steffen Scheumann) heraufbeschwört. Indes versucht Romek die flüchtige Jüdin Bunia (Maria Semotiuk) vor den Deutschen zu verstecken. Behutsam und ganz ohne reißerische Dramatik schildert Rogalski den Alltag seiner Figuren, über die erst im letzten Drittel das Unheil der Zeit hereinbricht. Bis dahin ist man als Zuschauer so sehr in die Figuren mit all ihren Makeln und in das detailliert und liebevoll gezeichnete historische Umfeld involviert, dass man beim dramatischen Ende ihrer Unschuld intensiv mitfühlt.

    Fazit: Regisseur Michal Rogalski legt mit „Unser letzter Sommer“ ein eindrucksvoll stilsicheres und persönliches Kinodebüt vor: eine so menschliche wie nüchtern-realistische Coming-of-Age-Geschichte in Polen während des 2. Weltkrieges.

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