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    Mia Madre
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Mia Madre
    Von Michael Meyns

    Filme übers Filmemachen sind vor allem bei Filmemachern (und Kritikern) beliebt, fallen beim generellen Publikum aber oft durch. Häufig sind die autobiografisch angehauchten Nabelschauen einfach zu sehr auf ein spezielles Insiderwissen ausgerichtet, als dass ein Durchschnittszuschauer damit genauso viel anfangen könnte wie jemand, der mit dem Business selbst zu tun hat. Ein wenig ist das auch das Problem von „My Mother“, dem neuen Film von Nanni Moretti, der im Wettbewerb von Cannes 2015 seine Premiere gefeiert hat. Zum Glück will der Regisseur aber noch mehr als nur ein paar Set-Anekdoten verbraten: Im deutlich von seinem eigenen Leben inspirierten „My Mother“ verarbeitet er den Tod seiner Mutter, die während der Dreharbeiten zu Morettis vorigem Film „Habemus Papam – Ein Papst büxt aus“ gestorben ist. So geht es nun vor allem ganz allgemein darum, wie schwierig es oft ist, Berufliches und Privates unter einen Hut zu bekommen. Ein spannendes Thema, zu dem Moretti auch eine Menge Sinnvolles zu sagen hat – aber sein Film wirkt trotzdem oft zerfahren und mitunter auch unpassend klamaukig.

    Margherita (Margherita Buy) ist eine erfolgreiche Regisseurin, die mitten in den Dreharbeiten zu einem politisch motivierten Sozialdrama steckt. Aus Übersee kommt extra der amerikanische Filmstar Barry (John Turturro) eingeflogen, um dem Film ein internationales Profil zu verleihen, aber nicht nur mit der italienischen Sprache so seine lieben Probleme hat. Sorgen ganz anderer Art plagen Margherita abseits der Dreharbeiten, denn ihre Mutter Ada (Giulia Lazzarini) liegt im Krankenhaus, wo sich vor allem Margheritas Bruder Giovanni (Nanni Moretti) um sie kümmert. Zwischen den Arbeiten am Film und der Sorge um die Mutter stellt Margherita zunehmend ihr ganzes Leben in Frage…

    Nanni Moretti war als Regisseur schon immer ein Erzähler persönlicher Geschichten auch übers Filmemachen, verzichtete dabei aber weitgehend auf eine visuelle oder konzeptionelle Überhöhung seiner Stoffe. Es braucht hier also niemand auf einen neuen „Achteinhalb“, „Die Verachtung“ oder „Der Stand der Dinge“ zu hoffen. Moretti taucht zwar in manchen Szenen tief in die Welt des Filmemachens ein, aber viel wichtiger als ein Meta-Werk über das Filmgeschäft ist ihm die persönliche Ebene. Das ist schon ein wenig schade, deutet er doch immer wieder einen kulturellen Verfall an, aufgrund dessen die Art von sozialkritischem Film, wie sie Margherita dreht und auch der junge Moretti selbst einst gedreht hat, kaum noch gefragt sind. Diese Entwicklung spiegelt sich auch im Sterben der greisen Ada wider, die als Lateinlehrerin gearbeitet hat – also ausgerechnet in einem Schulfach, das einst für den Zenit der Bildung stand, heutzutage aber kaum noch unterrichtet wird.

    Allzu weit sollte man diesen Dopplungen des Privaten und Beruflichen aber nicht ins Kaninchenloch folgen, dafür wirken die beiden Welten in „My Mother“ dann letztendlich doch zu disparat – so wollen zum Beispiel die slapstickartigen Einlagen von John Turturro („The Big Lebowski“) partout nicht zum ernsthaften emotionalen Kern des Films passen. Der liegt nämlich ganz eindeutig in der subtil gezeichneten Beziehung zwischen Margherita, ihrer Mutter und ihrem Bruder, bei der Moretti sein schon wiederholt bewiesenes Gespür für die präzise Darstellung von Familienkonstellationen ausspielt - allerdings ohne je das Niveau seines Goldene-Palme-Gewinners „Das Zimmer meines Sohnes“ zu erreichen. Am Ende ist „My Mother“ kein wirklich runder Film und bisweilen sogar etwas beliebig, aber dennoch voll von interessanten Ansätzen und erfüllt von Morettis ganz eigener Menschlichkeit.

    Fazit: In dem stark autobiografisch geprägten „My Mother“ verknüpft Regisseur Nanni Moretti Anekdoten über Filmemachen mit seinen Erfahrungen angesichts des nahen Todes eines Elternteils. Das ist mitunter etwas holprig erzählt, aber trotzdem zumindest sehenswert.

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