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    La Belle Saison - Eine Sommerliebe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    La Belle Saison - Eine Sommerliebe
    Von Thomas Vorwerk

    Die französische Regisseurin Catherine Corsini („Die Affäre“) ist der Meinung, dass es heute wichtiger denn je ist, für Frauenrechte zu kämpfen. Es mag sich in den westlichen Industrienationen zwar schon viel in Sachen Gleichberechtigung getan haben, aber solange in Frankreich noch immer große Demonstrationen „gegen die Ehe für alle“ stattfinden, bei denen auch diverse Eltern mitmarschieren, die ganz genau wissen, dass sie damit gegen die Selbstbestimmung ihrer homosexuellen Kinder kämpfen – und das ist nur ein Beispiel -, gibt es noch eine ganze Menge zu tun. Corsinis filmischer Beitrag zur Aufklärung ist das lesbische Liebesdrama „La Belle Saison - Eine Sommerliebe“: Sie dreht die Uhr zurück in eine Zeit, als sie selbst noch Teenager war, und erzählt engagiert von Pariser Aufbruchstimmung und verbotener Liebe in der Provinz: dramaturgisch nicht perfekt, aber ausdrucksstark!

    Frankreich 1971. Die 23-jährige Delphine (Izïa Higelin) verlässt den  landwirtschaftlichen Betrieb ihrer Eltern, weil sie deren Drängen auf eine Heirat für die „Zukunft des Hofes“ nicht mehr ertragen kann. Auch weil sie insgeheim Frauen bevorzugt. In Paris gerät sie in eine Gruppe provokanter Feministinnen und ist schnell Feuer und Flamme für Carole (Cécile de France), die sich nach anfänglichem Schock von ihrem Freund trennt, um sich ganz auf die leidenschaftliche neue Liebe einzulassen. Doch dann erleidet Delphines Vater Maurice (Jean-Henri Compère) einen Schlaganfall und sie kehrt zurück an den Hof, um ihrer Mutter Monique (Noémie Lvovsky) beizustehen. Die Verliebten leiden extrem unter der Trennung und schließlich reist die als „Kollegin“ ausgewiesene Carole ihrer großen Liebe hinterher ...

    Ähnlich wie Ang Lees „Brokeback Mountain“ oder Todd Haynes‘ „Carol“ ist „La Belle Saison“ in der Vergangenheit angesiedelt, wodurch die gleichgeschlechtliche Liebesgeschichte auch hier mit einem Schlag viel dramatischer und konfliktbehafteter wird: Wenn es legal ist, Homosexuelle zur „Heilung“ in psychiatrischen Anstalten wegzuschließen, überlegt man sich ein Coming-Out noch gründlicher. Wie wichtig die frühen 70er Jahre für die Entwicklung heute weitgehend selbstverständlicher Rechte waren, davon erzählt Regisseurin Catherine Corsini über die Aktivistinnen in Paris, die im Übrigen nicht etwa „gegen Männer“ protestieren, sondern für die Gleichberechtigung der Frauen – ein wichtiger Akzent: Zur Emanzipation gehört als erstes die Selbsterkenntnis. So sind auch die intimen Szenen hier bei aller Freizügigkeit weniger demonstrativ inszeniert als etwa im von vielen als provokant empfundenen „Blau ist eine warme Farbe“.

    Wenn es hier in idyllischer Landschaft nackte Haut zu sehen gibt, dann bringt das auf ungezwungene Weise Freiheit und Natürlichkeit zum Ausdruck, auch die beiden Hauptdarstellerinnen harmonieren hervorragend. Newcomerin Izïa Higelin („Heute bin ich Samba“), die man in Frankreich bisher vor allem als Sängerin kennt, kann neben ihrer erfahreneren Kollegin Cécile de France („Der Junge mit dem Fahrrad“) durchaus bestehen, ähnlich wie das „Brokeback Mountain“-Traumpaar Heath Ledger und Jake Gyllenhaal sorgen sie gemeinsam für emotionale Durchschlagskraft. Die hoffnungsvollste Szene des Films gehört allerdings Noémie Lvovsky („Monsieur Chocolat“) als Monique: Als Carole ihre mögliche „Schwiegermutter“ zum Tanz auffordert, erscheint diese für wenige Momente fast unbeschwert und verjüngt - ehe sie sich wieder ganz unter das patriarchale Joch begibt und ihrer Tochter ins Gewissen redet. Das wiederum hat etwas Tragisches: Regisseurin Corsini versteht sich auf widerstreitende Gefühle, so bleibt die Wirkung auch über das etwas kompliziert erzählte letzte Filmdrittel erhalten.   

    Fazit: Gefühlvolles Liebesdrama mit kleinen dramaturgischen Schwächen.

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