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    Creation of the Gods: Kingdom of Storms
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Creation of the Gods: Kingdom of Storms

    Das chinesische "Herr der Ringe"

    Von Thorsten Hanisch

    Dass inzwischen auch aus Asien aufwändiges Big-Budget-Kino kommt, das es in Sachen purer CGI-Bildgewalt auch mit Hollywood aufnehmen kann, ist sicher keine sonderlich frische Erkenntnis. Mit der bereits 2012 (!) erstmals angekündigten „Creation Of The Gods“-Trilogie setzt die chinesische Filmindustrie nun aber trotzdem noch mal einen völlig neuen Maßstab: Die drei am Stück gedrehten Filme haben ein Gesamtbudget von umgerechnet etwa 410 Millionen Dollar. Dazu holte man sich Tipps von James Camerons Effektschmiede Digital Domain sowie Mittelerde-Mastermind Peter Jackson, dessen „Herr der Ringe“-Produzent Barrie M. Osbourne sogar während der ganzen Produktion als Berater zur Verfügung stand. Für die drei Filme wurden weltweit 15.000 Vorsprechen abgehalten, aus denen man schließlich 1.400 Schauspieler und Schauspielerinnen siebte.

    Aus diesem Pool suchte sich Regisseur Wuershan dann höchstpersönlich seine Besetzung zusammen, die ein spezielles, monatelanges Trainingscamp absolvieren musste, um für die Dreharbeiten maximal gewappnet zu sein. Es ist angesichts solcher Dimensionen erstaunlich, dass das Resultat mit doch sehr, sehr wechselhaften Effekten und Darstellerleistungen aufwartet. Spaß macht das zweieinhalbstündige Epos die meiste Zeit dennoch – und das liegt auch an einer gewissen Schizophrenie: Auf der einen Seite bietet „Creation Of The Gods: Kingdom Of The Storms“ jene Art von Bombast-Kino mit Schlachtengetümmel und großen Emotionen, wie man es schon oft aus Hollywood gesehen hat. Auf der anderen Seite setzt sich der erste Trilogie-Teil deutlich von seinen Vorbildern ab – und ist letztendlich doch ein Film, wie er wirklich nur aus China kommen kann.

    Splendid Film
    Nach dem Niederschlagen der Rebellion nimmt Prinz Shou (Fei Xiang) selbst auf dem Thron des Reiches Platz.

    Prinz Shou (Fei Xiang) schägt die Rebellion von Lord Su Hu (Ashton Xu) gegen die Shang-Dynastie mit aller Gewalt nieder und nimmt selbst auf den Thron Platz, um fortan über das gigantische Reich zu herrschen. Doch laut einer finsteren Prophezeiung steht es um die Zukunft seiner Herrschaft zappenduster, denn sein Reich und er sollen von einem bitterbösen Fluch heimgesucht werden. Der einzige Ausweg ist eine legendäre Schriftrolle, die durch die Hände der Unsterblichen wieder ein Gleichgewicht herstellen kann – doch es geht bereits drunter und drüber: Es gibt Intrigen und gewalttätige Auseinandersetzungen im ganzen Reich. Einen nicht unwesentlichen Anteil daran hat ein Fuchsdämon im verführerischen Körper der bildschönen Su Daji (Narana Erdyneeva)…

    Die Beteiligung von Barrie M. Osbourne kommt nicht von Ungefähr: Bei „Creation of the Gods“ handelt es sich um die Adaption des im 16. Jahrhundert erschienenen, bislang noch nie ins Deutsche übersetzten Romans „The Investiture Of The Gods“ von Xu Zhongline. Das Buch vermischt historische Erzählungen mit Folkloren und Fantasy und gilt als das chinesische Pendant zu J.R.R. Tolkiens „Herr der Ringe“. Peter Jacksons Tolkien-Adaptionen wiederum inspirierten Regisseur Wuershan, selbst ein Projekt dieser Art anzugehen. Leider beweist er bei der Umsetzung jedoch ein weniger glückliches Händchen. Selbst wenn man das Buch nicht kennt, und das dürften beim deutschen Publikum wohl die meisten sein, bekommt man schnell das Gefühl, dass die vier Drehbuchautoren Probleme hatten, die umfangreiche Vorlage in den Griff zu kriegen.

    Splendid Film
    Große Actionszenen sind in „Creation of the Gods” die Regel und nicht die Ausnahme.

    Wer Mühe hat, sich Gesichter und/oder Namen zu merken, wird vor allem in der ersten Stunde gewaltig ins Straucheln kommen. Das Figurenpersonal ist ziemlich gewaltig – selbst Texteinblendungen mit Namen und Zugehörigkeit helfen da nicht wirklich weiter, zumal „Creation Of The Gods“ sein Publikum mitten ins rasante, actionreiche und zugleich mit jeder Menge Exposition zustopfte Geschehen wirft. Man muss schon sehr genau aufpassen, wer mit wem und überhaupt. Wenn die wichtigsten Charaktere dann aber irgendwann in Stellung gebracht sind, fängt das Epos trotz teilweise überraschend mauer Effekte an, richtig Spaß zu machen. Was auch an der typischen Eigenart des chinesischen Kinos liegt, dass oft sehr unbedarft zwischen verschiedenen Tonlagen wie pathetisch, dramatisch oder komisch hin- und hergewechselt wird.

    Zudem bekommt man auf der einen Seite zwar ein typisches Historien-Epos mit „Game Of Thrones“-Vibes, zugleich offenbart der Film mit den drei Unsterblichen, die gesandt werden, um die Dinge wieder ins Lot zu rücken, aber auch einen gewissen Marvel-artigen Touch – nur eben Made in China. Das wird vielleicht am deutlichsten bei Ne Zha (Yafan Wu), einem der drei Unsterblichen: Ein quirliges, selbst für dieses Setting exzentrisch frisiertes Kind, das eine Art Düsenantrieb aus Feuerringen in den Füßen aktivieren kann und rote Bänder als Waffen einsetzt – ein echtes Highlight! Auch sonst finden sich immer wieder erfrischende Kuriositäten wie pistazienfarbene Flugdämonen mit rostbraunem Haar, die es so wohl tatsächlich nur in einer asiatischen Produktion geben kann.

    Fazit: Prächtig ausgestattete, aber oft nicht überzeugend getrickste Mega-Produktion auf den Pfaden von „Herr der Ringe“ – allerdings weitaus wilder und chaotischer. In der ersten Stunde wandelt „Creation Of The Gods“ an der totalen Überforderung, doch dann schaltet der erste Trilogie-Teil dankenswerterweise einen Gang zurück und fängt allmählich an, Spaß zu machen. Das liegt vor allem an den vielen Eigentümlichkeiten, dank derer man nie so recht weiß, was die Macher wohl als Nächstes an irren Einfällen aus dem Hut zaubern werden.

    PS: In China soll „Creation of the Gods II: Demonic Confrontation“ noch dieses Jahr und „Creation of the Gods III: Creation Under Heaven“ nächstes Jahr veröffentlicht werden. Man kann davon ausgehen, dass auch wir hierzulande nicht allzu lange auf die Fortsetzungen werden warten müssen. Vielleicht geht’s jetzt, wo „Creation Of The Gods“ nach dem holprigen Start bereits langsam in die Spur gefunden hat, sogar noch überzeugender weiter.

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