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    Der Exorzist: Bekenntnis
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Der Exorzist: Bekenntnis

    Doppelt schockt besser!?

    Von Christoph Petersen

    Horrorfilme sind in den Führungsetagen der Hollywoodstudios auch deshalb so beliebt, weil sie in der Regel deutlich weniger kosten als vergleichbar massentaugliche Produktionen aus anderen Genres (da spielt ein eigentlich fürs Streaming vorgesehener „Smile“ einfach mal das 15-Fache seines Budgets ein, von Profitabilitäts-Monstern wie „Blair Witch Project“ oder „Paranormal Activity“ mal ganz zu schweigen). Aber von der neuen „Der Exorzist“-Trilogie lässt sich das nun wirklich nicht behaupten: Insgesamt 400 Millionen Dollar haben die Studios Universal Pictures und Blumhouse für die drei Teile veranschlagt, wobei allein die globalen Rechte am Franchise einen beachtlichen Anteil an den Kosten ausmachen dürften. Aber so gewaltig, wie die Summe im ersten Moment klingt, ist sie auf den zweiten Blick womöglich gar nicht:

    Zum einen ist der 1974 für zehn Oscars nominierte „Der Exorzist“ des kürzlich verstorbenen William Friedkin inflationsbereinigt immer noch der zweiterfolgreichste Horrorfilm aller Zeiten (hinter Steven Spielbergs „Der weiße Hai“). Und zum anderen haben Regisseur David Gordon Green und Produzent Jason Blum mit ihrer „Halloween“-Trilogie bereits bewiesen, dass sie Horror-Reihen nicht nur neues Blut einflößen, sondern dabei auch noch verdammt viel Geld verdienen können: Dem Gesamtbudget von etwa 60 Millionen Dollar stand am Ende ein Einspielergebnis von ziemlich genau einer halben Milliarde gegenüber. Aber nach dem lauen Trilogie-Auftakt „Der Exorzist: Bekenntnis“ scheint zumindest fraglich, ob sich dieses Kunststück tatsächlich noch einmal wiederholen lässt…

    Mit Ellen Burstyn als Chris MacNeil kehrt ein legendärer Charakter zur Reihe zurück – bekommt aber weniger zu tun als etwa Jamie Lee Curtis in der neuen „Halloween“-Trilogie!

    Seit seine Frau bei einem Erdbeben in Haiti ums Leben gekommen ist, kümmert sich Fotograf Victor Fieldings (Leslie Odom Jr.) allein um seine inzwischen 12-jährige Tochter Angela (Lidya Jewett). Eigentlich ist er übervorsichtig, aber als er ihr dann doch mal erlaubt, nach der Schule eine Freundin zu besuchen, passiert es: Angela und Katherine (Olivia Marcum) verschwinden – und werden erst drei Tage später wieder gefunden, auch wenn die beiden Mädchen selbst behaupten, doch nur wenige Stunden weggewesen zu sein.

    Aber was genau ist in der Zeit im Wald geschehen? Da sich Angela zunehmend derart merkwürdig verhält, dass die medizinischen Deutungsversuche irgendwann einfach nicht mehr ausreichen, wendet sich Victor nicht nur an einen katholischen Priester (E.J. Bonilla) und eine Voodoo-Priesterin (Okwui Okpokwasili), sondern darüber hinaus auch an die Bestsellerautorin Chris MacNeil (Ellen Burstyn), die mit ihrer Tochter Regan (Linda Blair) vor einigen Jahrzehnten bereits etwas Ähnliches durchgemacht hat…

    Ein vielversprechendes Fundament

    Als damals bekannt wurde, dass ausgerechnet David Gordon Green einen „Halloween“-Reboot verantworten würde, war das doch eine ziemliche Überraschung – schließlich war der Regisseur und Autor bis dahin vor allem für ausgeprägte Charakter-Dramen wie „Joe – Die Rache ist sein“ und Kiffer-Komödien wie „Ananas Express“ bekannt. Aber das Risiko hat sich ja bekanntlich ausgezahlt – und auch „Der Exorzist: Bekenntnis“ profitiert zunächst einmal von den unbestreitbaren Qualitäten des Indie-Lieblings: Gerade die Vater-Tochter-Beziehung im Zentrum ist stark gezeichnet – ebenso wie das bleibende Trauma des Haiti-Erdbebens, wo Victor einst die unmögliche Entscheidung treffen musste, ob die Ärzte seine Frau oder ihr ungeborenes Baby retten sollen (ein Dilemma, das auch im weiteren Verlauf wiederholt eine wichtige Rolle spielen wird).

    Die Bilder strahlen dabei alles andere als den üblichen glatten Hollywood-Horror-Hochglanz aus, was etwa den trügerisch-sonnigen Aufnahmen aus Port-au-Prince einen fast schon dokumentarischen Gestus verleiht. Dieser authentische Ansatz zahlt sich vor allem aus, solange das Grauen noch irdischer Natur ist: Die elterliche Horror-Vorstellung, nicht zu wissen, was mit der verschwundenen Tochter während ihrer dreitägigen Abwesenheit geschehen ist, während diese zahlreiche Untersuchungen etwa wegen eines möglichen sexuellen Missbrauchs über sich ergehen lassen muss, arbeitet David Gordon Green noch durchaus effektiv heraus.

    Diesmal muss bei einem Doppel-Exorzismus gleich zwei Mädchen der Teufel ausgetrieben werden. Aber schockt doppelt wirklich besser?

    Aber je mehr Anzeichen einer klassischen Besessenheit Angela und Katherine aufweisen, desto mehr gerät „Der Exorzist: Bekenntnis“ aus der Bahn. Während das Original gerade deshalb so effektiv ist, weil es zu 100 Prozent auf die Lehren der katholischen Kirche einsteigt und speziell die beiden Priester als selbstaufopfernde Superhelden inszeniert (es gibt wohl kaum einen besseren Werbefilm für den Vatikan), versucht David Gordon Green, die christlichen Einflüsse des Stoffes konsequent zu unterwandern: So gibt es diesmal einen Avengers-artigen Verbund aus Amateur-Exorzist*innen, während der Profi maximal unzeremoniell und fast schon verächtlich aus dem Weg geräumt wird. Das mag man als Angriff auf das Original oder als spannenden neuen Weg empfinden …

    … aber so oder so leidet der Schockfaktor darunter: Obwohl er den üblichen Besessenheits-Budenzauber angenehm handgemacht gestaltet und ihn nur in wenigen Momenten mit CGI-Effekten anreichert, will der finale Doppel-Exorzismus einfach nicht wirklich zünden – auch weil man den teuflischen Twist des dämonischen Spiels schon meilenweit kommen sieht. Und auch in anderer Hinsicht geht das „Halloween“-Konzept diesmal nicht auf: Wo Jamie Lee Curtis mit ihrer Rückkehr als Laurie Strode noch mal ganz neue Badass-Maßstäbe setzten konnte, kommt Ellen Burstyn in „Der Exorzist: Bekenntnis“ kaum über die Rolle einer Hintergründe beisteuernden Erklärbärin hinaus.

    Fazit: Nach seinen supererfolgreichen „Halloween“-Filmen legt David Gordon Green auch für seine „Der Exorzist“-Trilogie zunächst einmal ein solides Fundament – mit starken Figuren, einem überzeugenden Look und der festen Absicht, die unbedingte Katholizismus-Hörigkeit des Originals konsequent zu untergraben! Aber dann bleibt ausgerechnet der titelgebende Exorzismus hinter den (zugegeben hohen) Schock-Erwartungen zurück…

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