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    Miller's Girl
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Miller's Girl

    "Wednesday"-Star Jenna Ortega verführt "Bilbo Beutlin" Martin Freeman

    Von Helena Berg

    Was bedeutet es, erwachsen zu sein? Und ab wann ist man es eigentlich? Dass Cairo Sweet, die Hauptfigur des Coming-Of-Age-Dramas „Miller’s Girl”, sich mit 18 noch nicht erwachsen fühlt, erfährt das Publikum per Voice Over in den ersten Minuten. Dazu gibt es gleich noch die Info, dass Sehnsucht nichts Romantisches ist. Sie sei gierig. Zu diesen Worten läuft Cairo - gespielt von „Wednesday”-Star Jenna Ortega - durch den nebligen Wald Tennessees zu ihrer Schule. Dort unterrichtet der gescheiterte Schriftsteller Jonathan Miller (Martin Freeman als klar auf „Sexus“-Autor Henry Miller anspielende Figur), der in ihr ein großes Talent sieht - und sie in ihm. Angeheizt durch ihre beste Freundin (Gideon Adlon) möchte Cairo nach und nach mehr von ihrem Lehrer als reinen intellektuellen Austausch und sieht sich später mit den Konsequenzen konfrontiert.

    Es ist schwer an dieser Stelle nicht das Wort „Verführung” zu wählen, denn im Grunde ist es das, was Ortegas Figur macht: Sie verführt Jonathan Miller durch ihren neuen Look (= kurze Schulmädchen-Outfits), das Teilen von Zigaretten, Zitieren seines Buches, körperliche Nähe und dem Schreiben einer Sexszene, in der ein Lehrer eine Schülerin von hinten „nimmt”. Das Wort „verführen” ist aber falsch. Es suggeriert, dass eine Frau einen Mann in eine falsche Richtung lenkt, als könnte sich dieser nicht zur Wehr setzen, sondern wäre ihrer Manipulation hilflos ausgeliefert. Das Problem fängt schon damit an, dass Cairo Sweet ja trotz ihrer 18 Jahre laut Einführung gar keine Frau ist – und der Film von Jade Bartlett bezeichnenderweise nicht „Miller’s Woman” heißt...

    Studiocanal
    Die beiden Stars sind das Beste am Film.

    Autorin und Regisseurin Bartlett stopft ihre bekannte Geschichte voll mit Klischees: das einsame Wunderkind, die weniger attraktive beste Freundin, der liebenswürdige ältere Mann, welcher in einer Ehe gefangen ist, in der seine Frau keine Zeit für ihn hat. „Miller’s Girl” zeigt keine komplexen Figuren, sondern Karikaturen, die an ebenfalls sehr unrealistischen Orten wie majestätischen Schulen und verwunschenen Herrenhäusern leben und arbeiten – und dabei schwingt immer ein unangenehmer Subtext mit, den die Filmemacherin sicher nicht beabsichtigt hat, der sich aber trotzdem aufdrängt: Passt auf liebe Frauen, wenn ihr zu viel arbeitet und deshalb keine Zeit für euren Gatten habt, dann müsst ihr euch nicht wundern, wenn dieser (vor allem sexuelle) Sehnsüchte entwickelt.

    Die Bilder von „Miller's Girl“ sorgen dann noch für ordentlichen Kitsch – und nicht nur weil sie das Szenario immer wieder in ein romantisches Licht tauchen. Da erscheint Cairo Sweet immer wieder wie eine mystische Figur aus dem Nebel oder läuft im hautengen Seidenkleid barfuß durch den Regen auf ihren Lehrer zu. Nicht nur aus ihren zahlreichen Projekten von „Scream 5“ und „X“ bis zur „Der Hobbit”-Trilogie oder „Sherlock“ wissen wir, dass Jenna Ortega und Martin Freeman herausragende Schauspieler*innen sind. Auch hier zeigen sie es im Zusammenspiel immer wieder. Doch selbst sie können nichts dagegen ausrichten, dass diverse solcher Szenen wie Parfumwerbung anmuten – und teilweise unfreiwillig komisch wirken.

    Die Inszenierung ist nur ein Problem

    Am Ende von „Miller's Girl“ bleiben aber nicht nur diese inszenatorischen Fehltritte rund um platt-kitschige Werbebilder und zudem ein unglaublich langatmiges Drehbuch voller gewollt intellektueller Texte zurück. Es bleibt auch die Frage, was Bartlett den nun mit ihrer Coming-Of-Age-Interpretation der schon oft erzählten Geschichte von der Affäre eines älteren und verheirateten Mannes mit einer jungen „Frau“ erzählen will? Denn neben dem schon eingangs angesprochenen Subtext bleibt die Botschaft hängen: Erwachsensein bedeutet, seinen Sehnsüchten nicht nachgehen zu können und erwachsen macht einen die schmerzliche Erfahrung, dass dir das bewusst wird.

    Fazit: „Miller’s Girl” ist trotz zweier guter Stars ein unglaublich kitschiger Film geworden, der auch noch sehr problematische Lebensweisheiten und Botschaften transportiert.

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