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    Das schnelle Geld
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Das schnelle Geld
    Von Carsten Baumgardt

    Wall Street war gestern, heute ist „Das schnelle Geld“. Die Börse hat längst ihren Mythos verloren. Schnelle, immens hohe Gewinne werden nun auch in der Milliarden schweren Sportwettenindustrie gemacht. Ob dies tatsächlich so ist, oder nur eine Theorie, spielt keine entscheidende Rolle. Regisseur D.J. Caruso bringt in seinem Spieler-Drama „Das schnelle Geld“ die Fabel von Moral, Macht und Gier auf den aktuellen Stand – ohne dem Publikum allerdings wirklich neue Facetten zu bieten. Die tadellose Besetzung rettet den Film knapp über den Durchschnitt.

    Der Sunnyboy Brandon Lang (Matthew McConaughey) musste seine vielversprechende Footballkarriere in der amerikanischen Provinz wegen einer schweren Knieverletzung an den Nagel hängen. Sein Geld verdient er mit Telefonmarketing. Bei diesem Job stellt Brandon eines Tages seine Begabung für das Voraussagen von Sportergebnissen fest, als er für einen Kollegen einspringen muss. Seine außergewöhnlichen Fähigkeiten fallen auch dem knallharten New Yorker Geschäftsmann Walter Abrams (Al Pacino) auf. Er betreibt eine Sportwettenagentur, die sich darauf spezialisiert hat, ihren Kunden professionelle Voraussagen zu verkaufen. Gewinnt der Wetter, kassiert Abrams zehn Prozent vom Erlös. Der exzentrische Firmenboss mag den neuen Emporkömmling und fördert ihn als seinen Protegé. Brandon Lang wird zur Kunstfigur John Anthony, einem arroganten Vollprofi, der die Klienten mitreißen soll. Lang/Anthony steigt in der Branche zum Star auf, darf in einer Fernsehshow neben dem Chef auftreten, hebt aber zu schnell ab und landet bald sehr unsanft auf dem Boden.

    „Inspired by a true story“: Dass dieses fragwürdige Prädikat in der Wirklichkeit wenig zu bedeuten hat, ist allgemein bekannt (siehe auch Der Exorzismus von Emily Rose). Sein Golfcaddy Brandon Link erzählte Drehbuchautor Dan Gilroy („Freejack“) vor sechs Jahren seine Lebensgeschichte. „Das schnelle Geld“ basiert sehr lose auf Links Vorlage, die zudem von Basketball auf Football umgeschrieben wurde. Und da D.J. Caruso (Taking Lives, The Salton Sea) ein Sportfreak und interessierter Spieler ist, zeigte er großes Interesse an der Regie. Sportwettenberatung ist in den USA nicht illegal, aber das Spielen selbst dagegen nur in den Staaten Nevada, Oregon, Delaware und Montana legal.

    Auch wenn die Protagonisten hier um das große Geld feilschen, hat die Szene im Gegensatz zum Börsenmilieu aus Oliver Stones Meisterwerk Wall Street nicht den Glanz und übt auch nicht diese Faszination aus. Ansonsten werden die Eckpfeiler der Storyline kopiert. Matthew McConaughey spielt Charlie Sheen und Al Pacino gibt den Michael Douglas. Die Geschichte schleppt sich etwas zäh voran und bietet die üblichen Klischees vom Aufsteiger und seinem Mentor auf, wobei sich die Frage um die Moral als Wendepunkt erweist. So weit, so altbekannt. Dass „Das schnelle Geld“ doch noch aus dem Mittelmaß herauskommt, hat der Film hauptsächlich zwei Umständen zu verdanken. Die großartige Besetzung macht einiges wett. Matthew McConaughey (Sahara, Contact, Wedding Planner, Die Herrschaft des Feuers), aktuell gerade zum Sexiest Man Alive gekürt, muss nicht alles in Grund und Boden spielen, was er auch nicht kann, sondern lediglich mit Charisma und kernigem Charme überzeugen. Wenn es in „Das schnelle Geld“ Sympathiewerte zu verteilen gilt, sichert sie sich McConaughey – jedoch macht er es dem Publikum durch seine Abkehr vom Pfad der Tugend und einer nicht zu übersehenden Oberflächlichkeit auch nicht allzu leicht.

    Al Pacino (Insider, Heat, Der Kaufmann von Venedig, Der Einsatz) macht das, was er immer tut. Der spielt sich die Seele aus dem Leib. Sein Walter Abrams ist der moralische Antichrist – eine menschliche Version dieses John Milton aus „Im Auftrag des Teufels“. Er raucht, trinkt, spielt, ist selbstgerecht, hart und unnachgiebig. Eine Standardherausforderung für Pacino. Seine Fans werden diesen Stil lieben, seine Kritiker ihm wieder einmal Overacting vorwerfen. Leben am Anschlag – bis zum Exzess, bis zum Umfallen, immer 110 Prozent. Das Schöne an diesem Charakter sind jedoch - hinter all dem Berechenbaren - die ganz leisen Zwischentöne, die hier und da zart auftauchen, vor allem, wenn Pacino mit Filmehefrau Rene Russo (Die Thomas Crown Affäre, Jede Menge Ärger, „Lethal Weapon 3+4“) interagiert. Dort offenbart sich ein Anflug von Verletzlichkeit, den Russo mit ihrem sorgsamen Spiel als moralisch unbefleckter Gegenpol herauskitzelt.

    Zweiter Pluspunkt des Films ist die deutliche Tempozunahme im letzten Drittel. Dann kommt „Das schnelle Geld“ endlich in die Gänge und weicht gar von der vorgezeichneten 08/15-Dramaturgie ein wenig ab. Der Höhepunkt ist die exzellent inszenierte und perfekt dramatisch geschnittene Schlüsselszene. In dieser Phase macht der Film richtig Spaß und unterhält auf ansprechendem Niveau, was leider nicht bis über die Ziellinie gehalten werden kann. Als Wett-„Wall Street“ light unterliegt „Das schnelle Geld“ seinem Vorbild zwar deutlich, aber als passables Charakterdrama kann der Film dennoch punkten. Wer mehr Tiefgang von einem Spielerfilm erwartet, leiht sich besser Richard Kwietniowskis Indie-Drama Owning Mahowny mit einem herausragenden Philip Seymour Hoffman aus, aber wer’s nicht ganz so anspruchsvoll braucht, oder auch einfach nur unterhalten werden will, ist mit Carusos „Das schnelle Geld“ adäquat bedient. Der Film ist gewiss kein Must-See, aber schaden kann es auch nicht.

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