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    Wen die Geister lieben
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Wen die Geister lieben
    Von Carsten Baumgardt

    Steve Carell ist in den USA richtig durchgestartet und hat den Sprung vom TV- zum Kinokomiker bravourös gemeistert. Sein deutsches Pendent Christoph Maria Herbst tat es ihm gleich und drückte seinen Fuß fest in die Kinotür. Doch ausgerechnet das britische Vorbild ließ sich bisher bitten. Die Rede ist von Ricky Gervais, dem Star des „The Office“-Originals, dem die Comedy-Serie „Stromberg“ sowie die US-Version der kultigen Büro-Serie folgten. Allerdings ist Gervais von dem Trio als Leading Man sicherlich am schwersten vermittelbar. Dennoch hat Star-Drehbuchautor David Koepp den schrägen Briten nun in seiner romantischen Fantasy-Komödie „Wen die Geister lieben“ besetzt – und zwar mit einem eigenständigen Ansatz und nicht als David-Brent-Kopie. Aber trotz des spröden Charmes des Hauptdarstellers kommt die fade Geistergeschichte nicht übers Mittelmaß hinaus.

    Dr. Bertram Pincus (Ricky Gervais) ist ein Bilderbuch-Misanthrop. Der mürrische New Yorker Zahnarzt fühlt sich in Gegenwart anderer Menschen unwohl und lässt diese das auch deutlich spüren. Am liebsten hat er seine Ruhe. Mit der ist es nach einem OP-Unfall allerdings vorbei. Pincus stirbt bei einem Routineeingriff. Glücklicherweise wird er nach sieben Minuten wiederbelebt. Doch das hat Folgen: Plötzlich ist Pincus in der Lage, Geister aus der Zwischenwelt zu sehen - all jene Seelen, die in der realen Welt noch eine Rechnung offen oder etwas Dringendes zu erledigen haben. Die Untoten zerren gehörig an Pincus' Nerven. Als besonders hartnäckig und penetrant erweist sich Frank Herlihy (Greg Kinnear). Dessen Frau Gwen (Téa Leoni) hat am Tag seines Todes erfahren, dass er sie nach Strich und Faden betrogen hat. Das nagt an ihm, weil er sie noch immer liebt und es nicht erträgt, dass Gwen nun kurz davor steht, wieder zu heiraten. Frank drängt Pincus dazu, sich an Gwen heranzumachen, um die bevorstehende Hochzeit mit Vorzeige-Menschenfreund Richard (Bill Campbell) zu sabotieren…

    Als Drehbuchautor ist David Koepp (Jurassic Park, Carlito’s Way, Mission: Impossible, Panic Room, Spider-Man, Krieg der Welten, Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels) in Hollywood der Mann für die Blockbuster. Übernimmt Koepp neben dem Skript aber auch noch die Regie, ist alles ein paar Nummern kleiner. Weder „Echoes“ (1999) noch die Stephen-King-Verfilmung Das geheime Fenster (2004) waren große Erfolge, spielten ihre Kosten aufgrund moderater Budgets aber dennoch wieder ein. Auch „Wen die Geister lieben“ ist nun eher Indie-Komödie als Hollywood-Blockbuster. Doch während Koepp für seine ersten beiden Filme jeweils einen fremden Roman adaptierte, wagt er sich diesmal an eine eigene Idee, die ihm spontan kam, als er an einer Zahnarztpraxis vorbeilief: Was wäre das Schlimmste für einen menschenfeindlichen Zahnarzt, der am liebsten allein ist? „Natürlich, dass er plötzlich von Tausenden bedrängt wird und es keinen Zufluchtsort gibt“, so Koepp. Den Ansatz noch um zwei Ecken weitergesponnen und plötzlich wird aus Manhattan eine Stadt voll aufdringlicher Geister.

    Koepp schlägt von Anfang an einen märchenhaften Ton an, bei dem eine unaufdringliche, milde Naivität mitschwingt. Dieser läuft jedoch dem bissigen Humor von Ricky Gervais (Nachts im Museum, Der Sternwanderer), dem eigentlichen Markenzeichen des Komikers, zuwider. Der füllige Gervais, der in „The Office“ als abgründiger, durchtriebener Proll glänzte, wird hier nach guter alter amerikanischer Mainstream-Manier glattgebügelt, was nicht nur in seiner Frisur Marke Hannibal-Lecter-Ölung zum Ausdruck kommt. Aber auch ein Gervais light ist noch sein Geld wert. Die bösen Spitzen lässt der Brite diesmal zwar aus, dennoch entwickelt er im Laufe des Films den nötigen Charme, um „Wen die Geister lieben“ kurzweilig zu halten. Die Story als altmodisch zu bezeichnen, ist noch schmeichelhaft. Ob die Prämisse des Films - New York wird von Geistern aus der Zwischenwelt bevölkert, die noch ein dringendes, unerledigtes Geschäft zu verrichten haben – Sinn ergibt oder nicht, spielt keine Rolle. Schließlich ist „Wen die Geister lieben“ eine romantische Komödie erweitert um ein Fantasy-Element. Allerdings ist der Film auch innerhalb dieser konstruierten Idee nicht immer plausibel. Warum zum Beispiel terrorisiert die von Greg Kinnear gespielte Obernervensäge Frank Herlihy den miesepetrigen Zahnklempner fast im Alleingang? Immerhin warten Tausende andere auch auf Erlösung und die Abreise Richtung Himmel.

    Ebenso wenig nachvollziehbar ist die holprige Charakterentwicklung von Pincus. In seinen ersten Szenen als Super-Misanthrop zieht Gervais voll auf, aber diese Grundeinstellung kommt ihm ab Mitte des Films abhanden. Laut Drehbuch ist seine erweckte Liebe zu Franks Frau Gwen dafür verantwortlich, was gleich zum nächsten Problem führt: Allein die Vorstellung, dass eine Klassefrau wie Téa Leoni (Spanglish, Dick und Jane, Jurassic Park 3) etwas mit einer Wurst wie Ricky Gervais anfängt, ist absurd. Unter dieser mangelnden Leinwandkompatibilität leidet der ganze Film, weil sie Glaubwürdigkeit kostet. Leoni gibt sich alle Mühe und setzt ihre Ausstrahlung dagegen. Auch Greg Kinnear (Little Miss Sunshine, Baby Mama, Besser geht’s nicht) macht aus seiner undankbaren Rolle das Beste. Er muss dem Publikum als Ehebrecher und Nervensäge dennoch irgendwie sympathisch erscheinen, was Kinnear erstaunlich gut gelingt.

    Doch bei aller Harmlosigkeit und einigem Leerlauf im Mittelteil hat „Wen die Geister lieben“ auch geistreiche, witzige Dialoge auf Lager. Beispielhaft dafür steht eine Szene zu Beginn, in der eine Ärztin und der Krankenhausanwalt dem verdutzten Pincus erklären, dass bei seiner Darmspiegelung etwas gehörig schief gegangen ist. Gervais dreht im Zusammenspiel mit Kristen Wiig (Nie wieder Sex mit der Ex, Beim ersten Mal) und Michael Leon Wooley (Dreamgirls) voll auf. Hier sprüht der Wortwitz Funken. Das sind jedoch nur Strohfeuer. Ansonsten regiert das Klischee. Der Film ist nahezu komplett überraschungsfrei – nur gegen Ende gelingt Koepp eine einzige elegant-originelle Wendung.

    Fazit: „Wen die Geister lieben“ ist eine harmlose romantische Fantasy-Komödie, die aus einer wenig originellen Grundidee dank gut aufgelegter Darsteller noch einiges herausholt.

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