von Julian Unkel
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Samstag, 17. Juli 2010 - 00:00
In den USA längst zum Kritikerliebling und neben „Mad Men“ zum Aushängeschild des eigentlichen Spielfilmsenders AMC avanciert, zeigt ARTE „Breaking Bad“ ab Herbst endlich auch bei uns im Free-TV. Wir haben uns die ersten beiden, bereits auf DVD erhältlichen Staffeln angesehen und verraten euch, was die Serie so einzigartig macht.
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Der Ausdruck „to break bad“ stammt aus dem amerikanischen Südstaatenslang und bedeutet in etwa „vom rechten Weg abkommen“. Das spielt natürlich vorrangig auf die Situation von Walter White an, doch auch abseits des Protagonisten wimmelt es in „Breaking Bad“ vor hochambivalenten Charakteren, die sich jeglicher schematischen Gut/Böse-Simplifizierung entziehen. Das ungewohnt gemächliche Tempo der Serie erweist sich dabei als großer Pluspunkt, da sich viele der intensivsten Momente aus den leisen Szenen und subtileren Konflikten ergeben und gleichzeitig die seltenen Gewalteruptionen so noch schockierender ausfallen. Ebenso hervorzuheben ist der pechschwarze Humor, der die ansonsten zutiefst pessimistische Grundstimmung immer wieder aufbricht. Vor allem aber ist „Breaking Bad“ eines: zumeist vollkommen unberechenbar und daher bisweilen nahezu unerträglich spannend. In Kombination mit den wirksam platzierten, nie billigen Cliffhangern entwickelt die Serie schnell eine ungeheure Sogwirkung.
Die erste Staffel war ursprünglich auf neun Folgen ausgelegt, musste in Folge des Drehbuchautorenstreiks jedoch um zwei Episoden gekürzt werden und endet somit recht abrupt. Das ist vielleicht auch der Hauptgrund dafür, warum „Breaking Bad“ im ersten Jahrgang zwar bereits sehr gute Unterhaltung bietet, sein volles Potenzial aber noch nicht entfaltet. In den dreizehn Episoden der zweiten Staffel entwickelt sich die Serie dann aber endgültig zum TV-Meisterwerk, in dem die Autoren die wenigen Schwächen (darunter den Subplot um Maries Ladendiebstähle) geschickt herausstreichen und die Stärken – die komplexe Haupthandlung und die tiefgründigen, auch psychologisch hochinteressanten Charaktere – weiter ausarbeiten.
Am faszinierendsten ist dabei der Wandel von Walter White vom tragischen Helden zum kaltblütigen, kühl kalkulierenden Schwerkriminellen. Gegen Ende steht für Walt das ursprüngliche Motiv, die Versorgung seiner Familie, längst nicht mehr im Vordergrund. Er hat Gefallen gefunden an seiner neuen Machtposition und nimmt auch in Kauf, durch einen einzigen Fehltritt nicht nur sich, sondern auch sein gesamtes Umfeld ins Verderben zu reißen. In diesen Momenten geht „Breaking Bad“ weit über den Status eines packenden Crime-Dramas hinaus und wandelt sich zur schonungslosen Dekonstruktion patriarchalischer Kontrollfantasien. Dies findet seinen Höhepunkt im kontrovers diskutierten Staffelfinale, das nicht wenige Fans vor den Kopf gestoßen hat, in seiner metaphorischen Konsequenz aber schlichtweg brillant ist – und noch einmal unterstreicht, dass „Breaking Bad“ in derselben Liga wie die Serienklassiker „Die Sopranos“ oder „The Wire“ spielt.
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