Die FILMSTARTS-Perle
Samstag, 2. Juli 2011 - 10:00

Mit der „FILMSTARTS-Perle“ gibt euch jeweils am Sonntag ein FILMSTARTS-Redakteur eine ganz persönliche Film-Empfehlung. Das können übersehene, unbekannte oder unterschätzte Werke genauso sein wie Lieblingsfilme und Guilty Pleasures. In jedem Fall sind es ganz besondere Filme, die das Ansehen und das Wiedersehen lohnen.

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"Fußball wie noch nie"
(Hellmuth Costard, Deutschland 1970)

Von Björn Becher

 

Am heutigen 26. Juni beginnt die Frauenfußball-WM, genau der richtige Tag, um im Rahmen der FILMSTARTS-Perle einmal einen Fußballfilm zu empfehlen. Doch welchen? Gute Fußballfilme gibt es nämlich ziemlich wenig. Im Spielfilmbereich muss man sehr lange suchen bis man fündig wird. John Hustons „Flucht oder Sieg“ mit Sylvester Stallone und Pelé ist unterhaltsam, aber ziemlich trashig, auch der kürzlich erst im britischen TV ausgestrahlte „United“ gehört noch zu den besseren Versuchen – trotz einiger Schwächen.  Der wohl bisher beste Spielfilm ist „The Damned United“ von Oscar-Preisträger Tom Hooper mit Michael Sheen in der Rolle der Trainerlegende Brian Clough. Aber auch dieser steht deutlich hinter einigen wirklich herausragenden Dokumentationen zurück, die das Sub-Genre des Fußballfilms immer noch am nachhaltigsten prägen. Nein, ich meine natürlich nicht „Deutschland. Ein Sommermärchen“, denn Sönke Wortmanns Momentaufnahme des Sommers 2006 surfte auf einer Euphoriewelle, die es damals einfach machte, die eklatanten Schwächen des Films zu übersehen. Richtig gute Dokumentationen sind andere: „Frei:Gespielt - Mehmet Scholl: Über das Spiel hinaus“, „Profis - Ein Jahr Fußball mit Paul Breitner und Uli Hoeneß“ und vor allem und ganz an der Spitze: „Fußball wie noch nie“ – meine FILMSTARTS-Perle.

Superdribbler, Popstar, Partylöwe,... einfach: George Best!

 

Das Konzept des deutschen Regisseurs Hellmuth Costard für „Fußball wie noch nie“ ist so einfach wie genial: Sechs Kameras filmen ein Fußballspiel, nein falsch, sie filmen einen Fußballspieler. Der geniale britische Kicker George Best wird beobachtet, immerzu nur er, nicht das übrige Spiel. Best ist die ganze Zeit groß im Zentrum des Bildes zu sehen, was sonst auf dem Spielfeld und daneben vor sich geht, nur teilweise zu erahnen. Costard filmte Best auch nicht bei einem besonders bedeutenden Spiel, sondern bei einem ganz stinknormalen Ligaspiel seines Teams Manchester United gegen Coventry City und das zu einer Zeit – im September 1970 -, als der erste Popstar des Fußallgeschäfts seinen Zenit schon überschritten hatte. Trotzdem hatte Costard Glück: Best schoss ein Tor, bereitete ein weiteres vor, machte ein herausragendes Spiel. Nicht auszudenken, wie sein Film ausgesehen hätte, wenn das komplette Spiel so an Best vorbeigelaufen wäre wie in den ersten 15 Minuten, bevor Best urplötzlich seine ganze Klasse zeigte. Auch dann wäre Costards Ansatz noch sehr interessant gewesen, das Ergebnis aber womöglich zu eintönig. So ist „Fußball wie noch nie“ ein - heute, wo das Spiel mit unzähligen Spezialkameras aus allen Winkeln beleuchtet wird, noch mehr als damals – faszinierender und spannender Bruch mit den Fußballsehgewohnheiten.

“Maradona good, Pelé better, George Best” – britische "Volksweisheit"


Costards Dokumentation ist natürlich auch deshalb so gut, weil George Best ein außergewöhnlicher Spieler auf und neben dem Platz war. Was er mit dem Ball anstellen konnte, ist sensationell und darauf liegt der Fokus. Wann immer Best an den Ball kam, veränderte sich das Spiel, es wechselte das Tempo und oft genug geschah etwas Unerwartetes. Dieser Effekt, den ein Einzelner auf das Teamspiel „Fußball“ haben kann, wird hier noch einmal verstärkt, da meist wirklich erst mit dem Auftauchen des Balls in der Aufnahme eine neue Dynamik in die einzelne Szene kommt. Costard gelingt es mit seiner fast experimentellen Herangehensweise tatsächlich die besondere Begabung des einmaligen Fußballtalents George Bests einzufangen. Für dessen fast ebenso legendäres Privatleben, das er selbst mit dem berühmten Ausspruch „I spent a lot of money on booze, birds and fast cars – the rest I just squandered.“ treffend beschrieben hat, ist hier aber logischerweise kaum Platz. „Fußball wie noch nie“ ist keine Dokumentation über den Menschen George Best, sondern über einen der begnadetsten Kicker, die je über diesen Planeten wandelten. Nur einmal inszeniert Costard den Popstar Best – ein wundervoller Moment. Zur Halbzeit folgt die Kamera Best in die Stadionkatakomben. Wir sehen den Dribbler lässig pausieren, ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen und in einer so relaxten Haltung als hätte er gerade einen gemütlichen Nachmittag auf der Couch und nicht die erste Hälfte eines Fußballspiels hinter sich. Möglicherweise entspricht dies sogar der Wahrheit, denn ein zweiter Blick offenbart ganz schnell, dass Best deutlich mehr Bart hat als in den Spielszenen, zudem trägt sein Trikot keine Nummer: Die angeblichen Szenen in der Halbzeitpause wurden erst später nachgedreht. Ein genialer inszenatorischer Bruch mit dem dokumentarischen Charakter, den man so sonst nur von Werner Herzog erwartet.

Immer auf George Best gerichtet: Kameras aus allen Blickwinkeln!

 

Auch wenn gute Spielfilme zum Thema Fußball weiter rar gesät bleiben, sehenswerte Dokumentationen erblicken regelmäßig – zu oft wenig beachtet – das Licht der Filmwelt. Am 28. Juli 2011 kommt zum Beispiel mit „Tom Meets Zizou - Kein Sommermärchen“ von Aljoscha Pause, der schon einige sehr gelungene Dokumentationen für Sport1 (früher: DSF) gedreht hat, das nächste sehr sehenswerte Exemplar in die deutschen Kinos und ich kann das Werk über die Ex-Nachwuchshoffnung Thomas Broich jedem Fußballfan empfehlen. Das Maß aller Dinge bleibt aber Hellmuth Costards herausragendes Werk über George Best. „Fußball wie noch nie“ ist der vielleicht beste Fußballfilm überhaupt!

 

 

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Kommentare

  • Tobi-Wan

    Schöne Idee, dieser persönliche Blick auf einen Film.

  • Loconut

    ach, dann hab ich das falsch verstanden, dass der film in der darauf folgenden woche im tv läuft?

  • MaxPowers

    kann mich nur an Tobi Wan anschliessen....

    meiner Meinung nach die beste Rezension vom Filmstarts Team!

  • wes4su

    defintiv die berührenste Rezension in der FS- Geschichte

  • C4rter

    Mit 11 Jahren Hard to Kill und mit 8 Jahren Terminator? Respekt :-D

  • ParanoidAndroid

    [quote]Mit 11 Jahren Hard to Kill und mit 8 Jahren Terminator? Respekt :-D[/quote]
    PÖH!! Ich sah mit 8 Jahren Predator (und bemerkte bereits in jenem Alter, daß in der "Extremitäten-Abschieß-Szene" eindeutig der Arm des Protagonisten in der Hose verborgen war).

  • iicv

    Pah! Meine Mutter hat bei der Geburt Alien geguckt...

  • Fain5

    Das da bei Alien war MEINE Geburt!

  • Philbo

    Und ich gebe 'ne Geheimvorstellung von "A Serbian Film" im Kindergarten hier um die Ecke!

  • ParanoidAndroid

    Ich aß während ich den Blut-und-Gedärme-Schmodderfilm "Man-Eater" (aka "Antropophagus") mit Kumpels auf VHS anschaute einen Hamburger - und der blieb trotz des unappetitlichen Geschehens der sich auf der Mattscheibe abspielte drin!

    Mal schauen, wie Ihr das toppen wollt, Ihr Fummeltrinen...

  • Zombiegulasch

    Ich hatte mit 11 bereits die ersten 6 freitag der 13. und die ersten 4 Halloween gesehen muhahaha

  • HappyTiger

    ich bin ja eher der van damme - fan gewesen, aber die frühen seagals sind wirklich ziemlich gut.

  • Jimmy Conway

    Pfff....als ich 6 war, habe ich, während ich in meiner linken Hand gerade meine tägliche Portion Hammelkeulen hielt und aß, mit meiner rechten Faust einen nervenden Schulkollegen die Fresse poliert, bis sein Gesicht so aussah, als wäre man mit einer Dampfwalze drüber gefahren. Ihr Luschen!

  • ChiliPalmer

    hahahaha @ Jimmy...

  • ChiliPalmer

    ich hab mit 7 bloodsport gesehen... das beste was es gab... allerdings bekam ich alpträume wegen dem chinesischen muskelpaket... und ich hatte auch alpträume wegen dem beißer in den bondfilmen... wenn ich mich recht erinnere hab ich mir damals das bett vollgepisst... nichtsdestotrotz waren das fette zeiten... yeah

  • Gueri1la

    mein bescheuerter Vater hat mir mit 5 Jahren Poltergeist gezeigt, dann hab ich mir erstmal in die Hose geschissen und konnt netmehr schlafen.
    Meine Mutter hat ihn auch erstmal ausgehaun, aber geschadet hats mir net...

  • sunx

    mein bruder hat mir mit 6 jahren alien 2 gezeigt...seitdem konnte ich nie wieder in ruhe schlafen xd

  • GonzoFist

    Erinnert mich, auch wenn ich Fluchtpunkt San Francisco nicht gesehen, habe an The Wild Angels, einen weiteren kultigen Roadmovie noch vor Easy Rider, der meiner Ansicht nach auch sehr unterschätzt wird. Ein klasse Film!

  • Koyaanisqatsi

    Der Link zu Peta Wilson kann irgendwie nicht stimmen.

  • Tobi-Wan

    "[...] den aber von der jüngeren Generation weit weniger Menschen gesehen haben als allgemein behauptet wird.[...]"
    So ist es. Ich habe diese Wissenslücke erst kürzlich geschlossen und war ziemlich angetan von "Fluchtpunkt San Francisco". Dieser unbändige Freiheitsdrang, den der Film geradezu zelebriert, dem konnte ich mich einfach nicht entziehen.

  • Lieutenant-Dan-Taylor

    Ich liebe das Siebzigerjahre-Kino auch. Der Streifen wurde hier vor Monaten schon eimnal empfohlen. Lietenant Dan kaufte ihn und hat es nicht bereut. Wird hier zurecht gewürdigt als "die Perle der Woche" und ist für mich neben Spielbergs "Duell" ein absolutes Highlight dieser Dekade!

  • lukimalle

    kommt der film denn jetzt im fernsehen oder ist die perle der woche davon unabhängig?
    Zum Film: Kenne ihn nicht, scheint mir aber so ein Film für Antis wie etwa "der unbeugsame" zu sein, den fand ich echt super, der hier würde mir bestimmt auch gefallen.

  • Truman

    @ lukimalle: Die "Perle der Woche" ist unabhängig von TV-Ausstrahlungen. Das ist jeweils Filme, die die Redakteure - in ausführlicher, perönlicher Form - empfehlen möchten.

  • Bunbary

    Wenn ich hier in der Redaktion säße wäre ich jetzt sauer, denn diesen Film hätte ich auch als Perle der Woche vorstellen wollen - mein absoluter Lieblingsfilm, ich freue mich auch schon wahnsinnig auf Teil 4. Zur Frage: War das nicht Billy Loomis? Oder kann ich mich da an irgendetwas aus den Sequels nicht erinnern?

  • PokerFace

    Gut, dass man mit 13 in Scream gelassen wird ;D

  • P14INVI3VV

    Stu und Billy haben Sidney's Mutter getötet, da sie eine Affäre mit Billy's Vater hatte

  • P14INVI3VV

    -SPOILER- (nächster post)

  • Trip-

    Da hört man dann eben die ARD-Bundesliga-Konferenz und muss nicht auf die Sportschau warten :)

  • Jimmy Conway

    Mal was anderes....danke Herr Staben, dass sie auch mal so einen Film ausgegraben haben.

  • GonzoFist

    Interessanter Beitrag. Wird gemerkt.

  • Roy-Batty

    Wie gut das ich mir den Streifen vor 4-5 Jahren im GB Urlaub geholt hab. Toller Film, wirklich!

  • Felix Schmidt

    Ich wollte nur mal sagen das es den Film in deutsch bei amazon.de gibt. Für ca. 11,00 Euro !!

  • Truman

    "Reality Bites" gibt es übrigens für 6,97 Euro bei Amazon.

  • kokki67

    also die ultimativen "generation x"-filme sind doch neben dem hier erwähnten singles vor allem "swingers" und von linklater eher "slackers" denn "before sunrise". "office space" ist auch noch ganz toll. "reality bites" ist natürlich auch gut, mochte ich aber früher mehr als heute...

  • kokki67

    steiner endlich ungekürzt. wird gekauft.

  • GonzoFist

    Kann es sein, dass es so ein Film auch über Zidane gibt?

  • Chief Thunder

    Endlich eine Kritik nach meinem Geschmack!
    Großartige wunderschöne Romanze und auch auf meiner Liste eine Perle der Filmgeschichte!

  • Danielo

    Ich weiß auch nicht weshalb Rendezvous mit Joe Black teills so schwache Kritiken erhielt. Den Film würde ich immer einem Titanic o.ä vorziehen. Nur die Länge ist teilweise schon extremst.
    Aber das der selbe Kamermann wie bei Tree of Life tätig war hät ich mir glatt denken können.

  • peter1967

    Für mich ist dieser Film bestimmt keine Perle.
    Brad Pitt und Anthony Hopkins wirken dekadent, lächerlich und schwul.

  • JanKonge

    gottchen, für mich auch keine Perle, den Film musste ich mir mal mit meiner Tante anschauen, die längsten 3 Stunden meines Lebens ^^ aber offensichtlich kann man ihn gut finden ;)

  • johndoe86

    braindead ist die beste komödie aller zeiten!

  • dr.strangelove

    Braindead, zu Recht eine Perle :D

  • P-Saimon

    "Braindead" als Perle, klasse ist das! :D Überragender Film, mir kommt schon das Kotzen wenn ich nur an die Pudding-Szene denke ^^

  • Schnafffan

    "Braindead" ist einfach göttlich :D Jacksons sichere Hand liegt im imponierend souveränen Erzählen von Geschichten und unwiderstehlicher Unterhaltung. Moral oder intellektueller Unterbau seiner Filme ist dabei zwar nie sonderlich subtil,aber durchaus vorhanden. Damit ist er in seiner Art wie auch in der Qualität ein Regisseur-Typ wie Spielberg oder Cameron.

  • C4rter

    "Helpful Bus" ist meine Lieblingsfolge. Super Serie, schön das hier jemand die Masse nochmal drauf hinweist.

  • Ducem

    Roadside ASSistance ist auch meine absolute Lieblingsfolge.
    James Gunn kommt so herrlich geil psycho rüber und Sasha Grey ist imo die heißeste Pornodarstellerin, die es gibt.

  • Jimmy Conway

    Schon gut, aber Jenna Haze und Aria Giovanni sehe ich auf einer Stufe. Tori Black ist imo noch heißer :-D

  • Saeglopur

    Ich hab mich halb tot gelacht bei Squeal Happy Whores und Helpful Bus! Absolut genial! HAHAHA

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