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    Belle & Sebastian - Ein Sommer voller Abenteuer
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Belle & Sebastian - Ein Sommer voller Abenteuer

    Nach nur 5 Jahren Pause geht's schon wieder von vorne los

    Von Oliver Kube

    Zehn Jahre nach dem Kinohit „Belle & Sebastian“, der zudem auch noch zwei Sequels sowie eine Spin-Off-Zeichentrickserie von 2017 nach sich zog, war es noch nicht zwingend wieder an der Zeit für eine neue Verfilmung des gleichnamigen Jugendbuch-Bestsellers von Cécile Aubry. Zumal ihr Roman wiederrum auf einer von ihr selbst entwickelten TV-Serie aus den 1960ern basiert und 20 Jahre später auch schon als Anime-Reihe in Japan umgesetzt wurde. Regisseur Pierre Coré („Sahara“) scheint dieses Überangebot von Adaptionen aber nicht gestört zu haben …

    … und so liefert er mit „Belle & Sebastian - Ein Sommer voller Abenteuer“ fleißig die nächste Version. Der familienfreundliche Abenteuerfilm rechtfertigt seine Existenz dabei immerhin mit zumindest im Ansatz neuen beziehungsweise modernisierten Handlungsaspekten, ohne sich dabei allzu weit vom Kern der Vorlage zu entfernen. Dazu kommen grandiose Naturaufnahmen und ein Junge/Hund-Duo, dessen enge Bindung und Zuneigung zueinander im Laufe der Spielzeit immer glaubhafter wird.

    Die Geschichte des Jungen Sebastian (Robinson Mensah-Rouanet) und der Hündin Belle ist offensichtlich absolut zeitlos.

    Die menschliche Hälfte des Titelheldenduos heißt Sebastian (Robinson Mensah-Rouanet), ist zehn Jahre alt und – das lernt das Publikum schon im noch in Paris spielenden Prolog – ein nicht nur mutiger, sondern dazu ausgesprochen gerechtigkeitsliebender Junge. Letzteres ist eine Eigenschaft, die ihn offenbar schon mehrfach in Schwierigkeiten gebracht hat. Jetzt gibt es allerdings erst einmal ein anderes Problem: Seine alleinerziehende Mutter Cécile (Caroline Anglade) muss beruflich dringend für zwei Wochen verreisen. Da der Junge in den Sommerferien nicht allein in der Stadt bleiben kann, bringt sie ihn kurzfristig in den Süden des Landes.

    Dort unterhalten seine meist mürrische Oma Corinne (Michèle Laroque) und seine deutlich lebenslustigere Tante Noèmie (Alice David) einen Berghof mit Schafen, der seit dem Tode des Großvaters allerdings in Finanznot geraten ist. Nachdem er sich anfangs eher lustlos gibt und ungeschickt anstellt, entwickelt Sebastian nach ein paar Tagen doch noch Interesse an der Arbeit mit den Tieren in freier Natur. Schuld daran ist vor allem Belle, die riesige und ebenfalls sehr eigensinnige Hündin vom Nachbarhof. Nach einem holprigen Start entwickelt sich zwischen den beiden eine große Freundschaft. Zusammen müssen sie dabei sowohl gegen aggressive Wölfe als auch Belles brutalen Besitzer (Syrus Shahidi) bestehen…

    Klare Rollenverteilung

    Im Gegensatz zur 2013er-Version, die zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs spielte, ist „Belle & Sebastian - Ein Sommer voller Abenteuer“ in unserer Gegenwart verortet. Anstelle von einmarschierenden Wehrmachtsoldaten wird der Bergfrieden hier von einem zynisch-geldgierigen Großgrundbesitzer (Aurélien Recoing) gestört. Dieser will aus den nur von Schafen und Murmeltieren besiedelten, von Menschen fast unberührten Almen ein Paradies für Wintersporttourist*innen machen. Um dies zu erreichen, schreckt er offenbar auch vor Lug, Trug, Umweltzerstörung und Tierquälerei nicht zurück. Selbst die Kleinsten im Kinosaal werden den Bösewicht also schnell identifizieren können.

    Man macht es sich sogar so einfach, die Rollenverteilung kurzerhand an das jeweilige Geschlecht anzuheften. Mit Ausnahme von Sebastian sind nämlich alle männlichen Figuren im übersichtlichen Cast entweder gierige Fieslinge, schlagen Hunde oder glänzen wie der Vater des Jungen durch Abwesenheit. Sämtliche weibliche Charaktere werden im Gegensatz dazu komplett positiv, engagiert und liebevoll dargestellt. Das ist selbst für einen Kinderfilm schon etwas arg plump.

    Vom spektakulären unterirdischen Bergsee bekommt man am Ende leider enttäuschend wenig zu sehen.

    Robinson Mensah-Rouanet, der sich während des Casting-Prozesses gegen mehr als 2.000 Mitbewerber durchgesetzt hat, macht für einen Novizen einen erstaunlich guten Job. Laut Regisseur Coré entwickelte der Nachwuchsschauspieler im Laufe der 13-wöchigen Produktion ein stetig wachsendes Selbstbewusstsein – was sich sichtbar auf die Leinwand übertrug. Dass Mensah-Rouanet als kleines Kind von einem Hund ins Gesicht gebissen wurde, hatte scheinbar einen nicht unerheblichen Einfluss auf sein Spiel. Zu Beginn der Dreharbeiten begegnete er seinem vierbeinigen Co-Star noch sehr reserviert, was glücklicherweise perfekt zur Geschichte passt. Schließlich wird Sebastian zum Einstieg von Belle ebenfalls alles andere als nett begrüßt.

    Der eigentliche Star des Films wird für junge Kinofans ebenso wie für das Gros des erwachsenen „Begleitpersonals“ dennoch eher die wunderschöne Belle sein. Dargestellt wird diese von insgesamt vier verschiedenen, mit ihrem weißen Fell extrem kuschelig aussehenden Pyrenäenberghündinnen – eine Rasse, die ausgewachsen fast einen Meter hoch und bis zu 70 Kilo schwer werden kann. Die optischen Vorzüge der rauen Natur der okzitanischen Pyrenäen an der Grenze zu Spanien werden von Chef-Kameramann Gilles Porte („Ein königlicher Tausch“) zudem nahezu perfekt ins Bild gesetzt. Der Wald wirkt lebendig und mystisch zugleich, während die Berge sich ausgesprochen majestätisch präsentieren. Das lokale Fremdenverkehrsbüro muss überglücklich mit dem Film sein, denn attraktiver hätte diese Region wohl kaum dargestellt werden können.

    Robinson Mensah-Rouanet wurde früher mal von einem Hund gebissen – aber der Respekt, den er deshalb vor den vierbeinigen Belle-Darstellerinnen hat, passt perfekt zu seiner Figur.

    Nur eine Enttäuschung gibt es dann doch: Bei einem seiner Streifzüge entdeckt das Duo in einer Berghöhle einen riesigen unterirdischen See. Mehrfach betonen verschiedene Charaktere, wie herrlich dieser doch sei. Und obwohl dem Gewässer eine wichtige Rolle bei der finalen Auflösung der Geschichte zugedacht ist, sehen wir bis auf eine spiegelnde Oberfläche im Vordergrund des Bildes nicht allzu viel von ihm. Was die Vermutung nahelegt, dass eine solche Location in der Gegend wohl einfach nicht aufzutreiben war und hier deshalb getrickst werden musste.

    Die Story um eine natürlich wachsende, von gemeinsamen Glücksmomenten wie Ängsten geprägte Freundschaft funktioniert mit ihren klug gesetzten Spannungsmomenten gut. Wobei eine actionreiche Konfrontation mit den Wölfen für zartbesaitete Youngster vielleicht sogar ein wenig zu aufregend inszeniert wurde. Alles in allem ist „Belle & Sebastian - Ein Sommer voller Abenteuer“ aber eine weitere ansprechende Umsetzung des Romans, die speziell Hunde- und Naturfreunden gefallen sollte.

    Fazit: „Belle & Sebastian“ ist der „Spider-Man“ der Kinderliteratur – und bekommt nur fünf Jahre nach dem letzten Film der Reihe einen Reboot spendiert. Die großen Emotionen zwischen Kind und Tier vor fantastischer Naturkulisse funktionieren aber auch in der wiederholten Neuauflage des offenbar unkaputtbaren Klassikers einmal mehr.

     

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