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    James Bond 007 - Diamantenfieber
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    James Bond 007 - Diamantenfieber
    Von Martin Soyka

    Nachdem James Bond 007 - Im Geheimdienst Ihrer Majestät und dessen Hauptdarsteller George Lazenby zu Kinozeiten auf ein geteiltes Echo gestoßen waren und letzterer – nach eigenen Angaben auf Anraten seines Agenten – die Rolle aufgegeben hatte, suchte das Team um Albert R. Broccoli und Harry Salzman händeringend nach einem Nachfolger für den Nachfolger. Man verpflichtete schweren Herzens den vergleichsweise unbekannten US-Schauspieler John Gavin und setzte sich in den Kopf, die Reihe ab jetzt auf Amerikanisch zu trimmen. Da geschah das Unfassbare: In letzter Sekunde einigte man sich mit dem unvergleichlichen Sean Connery, der nach „Man lebt nur zweimal“ vollmundig erklärt hatte, mit Bond durch zu sein. Für eine für damalige Verhältnisse astronomische Gage (die er angeblich spendete), eine Beteiligung an den Einspielergebnissen und die Zusage, zwei Nicht-Bond-Filme des Schotten zu finanzieren (die heute vergessen sind), brach der Star sein Versprechen, nie mehr als Agent Ihrer Majestät zurückzukehren. Mit ihm zurück kam auch Regisseur Guy Hamilton (James Bond 007 – Goldfinger). Der hatte ja schon einmal gezeigt, dass er 007 richtig positionieren konnte. Dieses Mal drehte er noch mehr an der Spaßschraube….

    007 jagt um die Welt. Er ist auf der Suche nach seiner Nemesis, dem Superverbrecher Ernst Stavro Blofeld (Charles Gray, „The Rocky Horror Picture Show“), der Bonds Frau Tracy auf dem Gewissen hat. Der Bösewicht wird noch vor dem Vorspann ausfindig gemacht und fachgerecht im Moorbad entsorgt. Damit ist James Bond endlich frei, sich mit anderen Dingen zu beschäftigen. Sehr zu seinem Missfallen setzt man ihn auf einen schnöden Diamantenschmugglerring an, der die hübschen Steinchen von Afrika über Amsterdam bis in die USA verschiebt. Bond nimmt die Spur auf und begegnet bald der ebenso hübschen wie durchtriebenen Tiffany (!) Case (Jill St. John). Unter dem Decknamen Peter Franks folgt Bond mit ihr der Spur der Steine bis nach Las Vegas. Dort residiert der seit langem nicht mehr gesehene Multimillionär Willard Whyte (Jimmy Dean), der dem Vernehmen nach seit Jahren in seinem Penthouse oberhalb eines Spielcasinos und Hotels lebt und keinen Fuß vor die Tür setzt. Als Bond dem scheuen Eremiten einen Besuch abstatten will, erlebt er eine faustdicke Überraschung….

    Nach dem vergleichsweise ernsten Thriller „Im Geheimdienst…“ beschlossen die Produzenten, der Reihe abermals eine Neuausrichtung zu geben. Der bittere Schluss des Vorgängerfilms hatte viele Zuschauer verstört, die einen harten, fehlbaren 007 nicht sehen wollten. Also zog man noch vor dem Vorspann einen Schlussstrich und entließ einen schon sichtlich älteren Sean Connery in ein deutlich leichteres Abenteuer. Als Regisseur wurde Guy Hamilton zurückgeholt und mit ihm Shirley Bassey, die zum zweiten Mal nach dem triumphalen „Goldfinger“ den Titelsong singen durfte.

    Mit Ian Flemings viertem Roman hat der Film nichts mehr gemein. Wie schon bei „Man lebt zur zweimal“ nahm man den Titel und warf den Rest weg. Einzug hielt dagegen ein latent alberner Witz, der in der deutschen Synchronisation noch verstärkt wurde. Die Geschichte um eine Superwaffe im Weltall, die aus lauter Diamanten besteht, wurde später in James Bond 007 - Stirb an einem anderen Tag recycelt, stellt aber hier wie dort ersichtlich nur ein Mittel zum Zweck dar, 007 möglichst aufregende Episoden erleben zu lassen. Das eigentliche Zentrum war von Anfang an folgende Idee: Was wäre, wenn der (reale) Millionär Howard Hughes (siehe: Aviator), der seit vielen Jahren seine Dachwohnung in Las Vegas nicht mehr verlassen hatte, nicht mehr dort wäre und statt seiner ein Doppelgänger die Geschäfte führen würde? Auf dieser Idee aufbauend wurde ein hübsches Nichts an Handlung gewoben und mit den üblichen Zutaten garniert. So ganz haut das dann aber doch nicht hin, denn warum sich der im Film rotzig und extrovertiert agierende Willard Whyte in luftiger Höhe eingeigelt haben sollte, wird nicht erklärt. Trotzdem stand der echte Hughes dem Film wohlwollend gegenüber, hatte dieser doch in jüngeren Jahren selbst als Regisseur gearbeitet, und gestattete Dreharbeiten an seinem Hotel, speziell auf den Außenfahrstühlen.

    Trotz leichten Mängeln hat der Film seine Momente. Beachtlich ist zum Beispiel die Autoverfolgungsjagd auf den Boulevards von Las Vegas, für die die Hauptverkehrsadern gesperrt wurden und die den bekanntesten Filmfehler aller Bondfilme enthält: Bond fährt auf zwei Reifen in eine für das Auto viel zu schmale Gasse und kommt auf den anderen beiden Reifen wieder heraus. Anfang und Ende der Sequenz mussten an unterschiedlichen Tagen von zwei verschiedenen Fahrern bewerkstelligt werden und der zweite war nur auf einer Seite zu dem Trick in der Lage – der falschen. Hübsch ist auch die Auseinandersetzung mit den zwei Bewacherinnen von Whyte in dessen Wüstendomizil („Bambi und Klopfer“). In Erinnerung bleibt noch die Prügelei zwischen James Bond und Peter Franks in einem Aufzug in Tiffanys Wohnhaus, die roh und direkt rüberkommt und ein echter Bond-Moment ist.

    Weniger gut sind die Schurken getroffen. Die vorangegangenen Blofelds (Donald Pleasence und Telly Savalas) waren sinistere Schurken, während Charles Gray dandyhaft und arrogant daherkommt und damit nicht richtig bedrohlich wirkt. Auch nicht befriedigend ist sein Ende, denn ob Bond ihn am Schluss endlich zu seinen Ahnen schickt oder nicht, ist nicht mit letzter Sicherheit auszumachen (der Beginn von James Bond 007 - In tödlicher Mission legt nahe, dass Blofeld überlebt, wenn auch schwer lädiert). Mutig ist auch, die obligatorischen Handlanger des Bösewichts (Putter Smith und Bruce Glover als Mr. Wint und Mr. Kidd) als Homosexuelle darzustellen. Weniger schön ist, dass auf dem Rücken der beiden einige Schwulen-Klischees und –witze abgefeiert werden, zumal ihnen auf der deutschen Tonspur unglaublich tuckige Stimmen verpasst wurden. Aber Connery ist – das muss man eingestehen – im siebten Film der Reihe so lässig und cool wie nie zuvor.

    „Diamantenfieber“ bietet insgesamt gute Unterhaltung, wenn auch weniger als Thriller denn Abenteuerfilm. Hiermit gab Connery seine endgültige Abschiedsvorstellung vom offiziellen Franchise und machte den Weg frei für „einen Jüngeren“, namentlich für den fast drei Jahre älteren Roger Moore. Zwölf Jahre später musste sich Connery aber von seiner Frau raten lassen: „Sag niemals nie“.

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