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    TV-Tipp: Heute läuft ein ultra-stylischer, verstörender Horror-Hit im Doppelpack mit seiner umstrittenen Fortsetzung
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Sein erster Kinofilm war Disneys „Aladdin“. Schon in der Grundschule las er Kino-Sachbücher und baute sich parallel dazu eine Film-Sammlung auf. Klar, dass er irgendwann hier landen musste.

    Es ist ein US-Remake, das sein japanisches Original überflügelt: Der Horror-Hit „Ring“ von „Fluch der Karibik“-Regisseur Gore Verbinski. Der zweite Teil spaltet die Fans – manche lieben ihn, viele hassen ihn. Heute gibt’s den Doppelpack im Free-TV.

    +++ Meinung +++

    Während Remakes unter vielen Filmfans einen ungerechtfertigt harschen Ruf genießen, haben US-Remakes nicht-englischsprachiger Erfolge tatsächlich einen dürftigen Qualitätsdurchschnitt. Jedoch bestätigen auch hier Ausnahmen die Regel, und die wohl glorreichste Ausnahme ist „Ring“. Ohne das japanische Original schmälern zu wollen: Das US-Remake überflügelt es und hat sich vollkommen gerechtfertigt zum modernen Horrorklassiker gemausert.

    Drei Jahre nach „Ring“ kollidierten die Welten: Der Regisseur des Originals inszenierte die Fortsetzung des Remakes – und das Ergebnis spaltet die Genrefans. Heute Abend könnt ihr euch im TV beide Teile als Double Feature anschauen und entscheiden, in welches Lager ihr gehört: ZDFneo zeigt heute, am 12. Januar 2023, ab 22 Uhr „Ring“ und im Anschluss, also ab 23.45 Uhr, das umstrittene Sequel „Ring 2.

    "Ring": Ultra-stylisch, verstörend und fesselnd

    Eine Legende geht um: Es soll eine rätselhafte Videokassette existieren, und wer sie sich anschaut, erhält einen Anruf, der mahnt, dass man in sieben Tagen sterben wird. Diese Prognose erfüllt sich jedes Mal – so lautet die Sage. Als Journalistin Rachel Keller (Naomi Watts) davon Wind bekommt, recherchiert sie, was es damit auf sich hat. Sie spürt das Band auf und schaut es sich an – genauso wie ihr Sohn Aidan (David Dorfman). Nun muss Rachel das Geheimnis hinter dem Video lüften, bevor es zu spät ist...

    „Ring“ lebt von seiner extrem dichten Atmosphäre. Erzeugt wird diese durch einen unter die Haut gehenden Score von Hans Zimmer und durch ungeheuerlich stylische Bilder, die nasskalten Realismus und wahnhaft in ihn tröpfelnden Surrealismus vermengen. Dafür verantwortlich sind Kameramann Bojan Bazelli („Mr. & Mrs. Smith“) und Regisseur Gore Verbinski, der unmittelbar danach „Fluch der Karibik“ verantwortete. Obwohl diese Hits äußerst unterschiedlich sind, ist „Ring“ bereits die inszenatorische Spielfreude anzumerken, die aus dem Piratenspektakel einen globalen Blockbuster machte – bloß in finsterer Form.

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    Das die Handlung in Gang setzende Video ist eine komprimierte Abfolge subtil beunruhigender Bilder, die dadurch, wie sie auf uns und die Filmfiguren einprasseln, eine geradezu verstörende Wirkung entwickeln. Und die legt im Laufe des Films konstant zu, da sie sukzessive in Rachels Wirklichkeit träufeln. Damit zersetzen sie ausgerechnet jetzt, wo ihr analytischer Verstand mehr denn je gefragt ist, die Zurechnungsfähigkeit der Journalistin.

    Während Zimmers Score unaufhörlich an Härte und Wahnhaftigkeit zulegt, erden die Erzählstruktur und Watts' Spiel das Geschehen. Jedenfalls vorläufig, denn: Wenn „Ring“ gerade kein übernatürlicher Gruselschocker ist, erzählt Drehbuchautor Ehren Kruger („Top Gun: Maverick“) den Stoff so, als warte am Horizont eine plausible Erklärung. Eine, die rückwirkend aus dem übernatürlichen Grauen einen Journalismusthriller über eine besorgte Mutter macht. Umso erschreckender, wenn diese Hoffnung von Kruger und Verbinski gepackt und ertränkt wird!

    "Ring 2": Konsequente Fortführung oder stumpfer Nachklapp?

    Ein halbes Jahr nach den Ereignissen aus „Ring“: Journalistin Rachel Keller und ihr Sohn leben zurückgezogen in einer Kleinstadt. Als in der Nähe ein Teenager auf grauenvolle Weise stirbt, fürchtet Rachel, dass der Fluch rund um das verdammte Video doch nicht gebrochen wurde. Als zu allem Übel auch noch ihr Sohn schreckliche Visionen hat und schwer erkrankt, sieht sich Rachel gezwungen, erneut Nachforschungen anzustellen...

    Man nehme die Stars des US-Remakes eines Horrorphänomens, erzähle die Kontinuität dieser international gefeierten Neuauflage fort, und packe den Mann auf den Regiestuhl, ohne den es das alles nicht geben würde: „Ring 2“ wurde von Hideo Nakata inszeniert, dem Regisseur des japanischen Originals und dessen Fortsetzung. Auf dem Papier klingt das nach einem genialen Coup, nach der Vereinigung zweier Visionen.

    Darüber, ob dies gelungen ist, streiten Fans seit über 15 Jahren: Das Sequel wird gehasst oder gewürdigt, kaum wem ist es egal. Die US-Kritiken fielen überwiegend grantig aus und fanden vornehmlich Anstoß an der Story von „Ring 2“ und ihrer inneren Logik. Dafür wird in der positiven FILMSTARTS-Kritik sowohl die Metaphorik des Sequels gelobt, das sich am Element des Wassers entlanghangelt, als auch der effektive Score, der erneut von Hans Zimmer stammt.

    Ein Aspekt von „Ring 2“, bei dem Einigkeit vorherrschen dürfte, ist die Performance David Dorfmans: Als von wahnhaften Visionen verfolgter Aidan erhält er im Sequel ausgiebig Gelegenheit, sein Schauspieltalent vorzuführen – gerade im letzten Filmdrittel gibt er eine unbehagliche Performance. Allein das ist schon ein Argument „Ring 2“ eine (erneute) Chance zu geben: Mit „Ring“ kann die Fortsetzung nicht mithalten, allerdings hat das Sequel genügend Höhepunkte, um es nicht mit rein seelenlosen cash grabs über einen Kamm zu scheren.

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