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    Neu auf Disney+: Eine der wichtigsten Serien des Jahres – unbedingt anschauen!
    Stefan Geisler
    Stefan Geisler
    -Redakteur
    Stefan liebt Film. Er vermisst die wöchentlichen Besuche in der Videothek, denn das ziellose Umherirren in den Gängen hat ihm Seherfahrungen wie "Donnie Darko" oder "Fear and Loathing in Las Vegas" beschert.

    Mit „Deutsches Haus“ startet auf Disney+ heute eine der wichtigsten Serien des Jahres. Die Aufarbeitung der Frankfurter Auschwitz-Prozesse ist eine gelungene Auseinandersetzung mit Schuld und der Unmöglichkeit, mit dieser umzugehen.

    Die fünfteilige Miniserie „Deutsches Haus“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Annette Hess und behandelt die Frankfurter Auschwitz-Prozesse, die vor dem Schwurgericht in Frankfurt am Main zwischen 1963 und 1965 verhandelt wurden. In diesen wurden medienwirksam die menschenverachtenden Gräueltaten offengelegt, wodurch die Periode des Schweigens durchbrochen und eine gesellschaftliche Aufarbeitung der Verbrechen beginnen konnte.

    Im Mittelpunkt der Handlung steht hierbei die Übersetzerin für polnische Sprache Eva Bruhns (Katharina Stark), die noch bei ihren Eltern (Anke Engelke und Hans-Jochen Wagner) lebt, die das Gasthaus „Deutsches Haus“ betreiben. Eigentlich lebt Eva ein gutes Leben und auch ihre Verlobung mit dem wohlhabenden Jürgen Schoormann (Thomas Prenn) steht kurz bevor.

    Doch eine unerwartete Anfrage, als Gerichtsdolmetscherin in einem Strafprozess auszuhelfen, soll schon bald ihr Leben verändern. Dieser Prozess ist von historischer Bedeutung, da hier ehemalige SS-Offiziere wegen ihrer Verbrechen im Konzentrationslager Auschwitz auf der Anklagebank sitzen – und auch das Medieninteresse ist gewaltig. Schon wird Eva mit einer Wahrheit konfrontiert, die in ihrem Elternhaus bislang immer verschwiegen worden ist.

    "Deutsches Haus": Gelungene Aufarbeitung des Themas

    „Deutsches Haus“ gelingt die Kunst emotional zu fesseln, ohne reißerisch zu werden. Die Serie verzichtet tatsächlich gänzlich auf Rückblenden oder unangebrachte Schockbilder, sondern zieht seinen Schrecken aus den vorgetragenen Berichten der Überlebenden, die während des Prozesses zu Wort kommen – welche auf den realen Mitschnitten der Verhandlungen beruhen. Das Grauen, was hier geschildert wird, hat auch nach all den Jahren nichts von seiner lähmenden Wirkung verloren und ist auch heute noch ein nachhallendes Mahnmal – eine Erinnerung, dass so etwas nie wieder geschehen darf.

    Mittäterschaft, der Verweis auf den Befehlsnotstand, Erbschuldsfragen oder auch das Überlebensschuld-Syndrom sind dabei schwierige und äußerst komplexe Sachverhalte, die in dieser Serie angesprochen werden. Doch um nicht zu überfordern, wird den Zuschauer*innen mit Eva Bruhns eine Figur an die Hand gegeben, die ebenso wie das Publikum erschlagen von der schieren Masse der unbegreiflichen Schrecken ist, die dort auf sie zugerollt kommt – und somit als eine emotionale Ankerfigur dienen kann. Wenn Eva letztlich mit der Frage nach der Rolle ihrer Eltern konfrontiert wird, dann werden bestimmt auch viele vor den heimischen Bildschirmen schwer schlucken müssen und keinen Rat wissen. Welche Schuld trägt die stille Masse?

    Showrunnerin und Drehbuchautorin Annette Hess gelingt es dabei hervorragend, die Unentschuldbarkeit der Mittäter herauszuarbeiten, ohne gleichzeitig die viel zu oft in solchen Debatten vorherrschende moralische Hochstellung einzunehmen. Gleichzeitig wird hier auch die Unfähigkeit der nachfolgenden Generation thematisiert, mit der Schuld der Eltern umzugehen. Denn auch wenn sie nicht direkt damit konfrontiert waren, sind sie doch im Schatten von Auschwitz aufgewachsen.

    Eine großartig besetzte Serie

    Wer sich sonst mit solch historisch-dramatischen Stoffen schwertut, findet vielleicht an den Schauspieler*innen gefallen, die für „Deutsches Haus“ gecastet worden sind: Mit Anke Engelke („Mutter“), Max von der Groeben („Die Mittagsfrau“), Iris Berben („Buddenbrooks“), Henry Hübchen („Alles auf Zucker“), Heiner Lauterbach („Der blinde Fleck“) und einer fantastisch aufspielenden Katharina Stark („Dead Girls Dancing“) ist die Produktion wirklich bis in die kleinste Rolle großartig besetzt.

    „Deutsches Haus“ findet einen guten Mittelweg in der Aufarbeitung eines solch schweren Themenfeldes, das sowohl thematische Neueinsteiger*innen abholt, aber gleichzeitig auch vor komplexeren Fragestellungen nicht zurückschreckt - und sich durchaus traut, sein Publikum auch mit unbeantworteten Fragen zurückzulassen. Damit gehört die Serie definitiv zu den wichtigsten und spannendsten Produktionen des Serienjahres.

    Im Vorfeld des Disney-Plus-Starts hatten wir nicht nur die Gelegenheit, bereits die komplette Serie zu sehen, sondern auch mit Showrunnerin Annette Hess zu sprechen. Das gesamte Interview findet ihr hier:

    "Wir sind wieder im Mittelalter angekommen": Die "Deutsches Haus"-Showrunnerin über Unschuld im Schatten von Auschwitz

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