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    "The Last O.G." neu im TV: Das taugt die Sitcom von "Get Out"-Mastermind Jordan Peele

    In „The Last O.G.” spielt Tracy Morgan einen Dealer aus Brooklyn, der nach 15 Jahren im Knast feststellen muss, dass sich sein Viertel vom Ghetto zum Hipster-Paradies gewandelt hat. Ab heute laufen die zehn Folgen der ersten Staffel auf TNT Comedy.

    TBS

    Jordan Peeles „Get Out“ war das Phänomen des Kinojahres 2017 schlechthin! Nicht nur ist die niedrigbudgetierte Horror-Satire an den Kinokassen eingeschlagen wie eine Bombe, sie hat auch eine gesellschaftliche Debatte weit über die üblichen Genrekreise hinaus ausgelöst. Am Ende wurde der TV-Komiker für sein Regiedebüt auf Anhieb für drei Oscars nominiert – und den Goldjungen für das Beste originale Drehbuch hat er sogar gewonnen!

    Get Out

    Nun legt Jordan Peele gemeinsam mit dem vor allem für solche kultigen Anarcho-Serien wie „Eastbound & Down“ berüchtigten John Carcieri eine eigene Sitcom nach – bei diesem Duo können wir gar nicht anders, als uns „The Last O.G.“ zum deutschen Start mal etwas genauer anzuschauen.

    Worum geht's in "The Last O.G."

    Im Jahr 2002, am Abend der letzten Folge der ersten Staffel von „American Idol“, wird Tray (Tracy Morgan) mit einer Tüte voller Drogen erwischt und für 15 Jahre eingebuchtet. Als er wieder rauskommt, will er eigentlich nur zurück nach Hause zu seiner damaligen Freundin Shay (Tiffany Haddish). Allerdings ist Brooklyn schon längst kein heruntergekommenes Ghetto mehr, sondern eine durchgentrifizierte Hipster-Hochburg voller überteuerter Coffeeshops, ihre Babys mit Seetang fütternder Helikoptereltern und mit Selfiesticks herumlaufender New-York-Touristen. Und auch Shay empfängt ihn nicht gerade mit offenen Armen – schließlich hat sie nicht wie von Tray erhofft 15 Jahre lang brav auf ihn gewartet, sondern den weißen Artdesigner Josh (Ryan Gaul) geheiratet und mit ihm gemeinsam die Teenager Amira (Taylor Mosby) und Shazad (Dante Hoagland) großgezogen...

    Wie lustig ist das wirklich?

    Cop Out“-Star Tracy Morgan verwendet sehr oft das Wort „Motherf***er“. Trotzdem bleibt die Sitcom für unseren Geschmack insgesamt viel zu harmlos. Aus dem eigentlich vielversprechenden Fish-out-of-Water-Plot um einen Ex-Gangster im Hipster-Wunderland werden überwiegend altbackene Pointen etwa über komplizierte Coffeeshop-Bestellungen oder Tinder-Dates herausgepresst – und wenn sich die Autoren dann doch mal trauen, dorthin zu gehen, wo es wehtut, dann handeln die Gags davon, welche Autos man alle im Arschloch eines aus dem Knast entlassenen Mannes parken kann. Mit solchen Seifenbück-Gags gewinnt man 2018 keinen Blumentopf mehr.

    Von den progressiven satirischen Elementen, die nicht nur „Get Out“, sondern auch Peeles TV-Sketchshow „Key und Peele“ großgemacht haben, finden sich in „The Last O.G.“ leider nur Spurenelemente. Etwa wenn Schülerin Amira einen perfekten freien Tag nach dem stereotypen Besuch im Schönheitssalon mit einem Kinobesuch von Raoul Pecks „I Am Not Your Negro“ abrundet. Ansonsten bleiben ein paar nette Beobachtungen wie zum Beispiel die Gegenüberstellung einer typischen Brooklyn-Auseinandersetzung 2002 (= Prügelei) und 2017 (ein Uber-Fahrer und sein Gast drohen sich wie Donald Trump und Kim Jong Un gegenseitig an, sich 1-Sterne-Wertungen zu geben).

    Trotzdem ist „The Last O.G.” kein Totalausfall. Man kann die Sitcom sogar im Gegenteil sehr gut weggucken. Das liegt vor allem an den liebenswürdigen Figuren (Tracy Morgan konnten wir schon in „30 Rock“ nie böse sein) und einer melancholischen Grundstimmung. Letztere verleiht „The Last O.G.“ einen gewissen Mellow-Vibe, der zwar auch die guten Gags ein Stück weit dämpft, ihr zugleich aber auch eine grundsympathische Lässigkeit beschert. Wir vermuten übrigens, dass „The Last O.G.“ schon produziert wurde, bevor Tiffany Haddish dank ihrer Rolle in „Girls Trip“ über Nacht zum Comedy-Shootingstar aufgestiegen ist. Deshalb stehen die Chancen auch gut, dass sie spätestens in der bereits bestätigten zweiten Staffel sehr viel mehr zu tun bekommen wird, als einfach nur die meckernde Ex zu spielen. Hier liegt definitiv das größte Entwicklungspotential.

    Fazit

    „The Last O.G.” hätte definitiv das Zeug zur bissigen (und womöglich sogar kultigen) Sitcom-Satire gehabt. Stattdessen begnügen sich die Macher um den frischgebackenen Oscargewinner Jordan Peele mit überwiegend altbackener, pädagogisch wertvoller Familien-Comedy – ein gewisser Pepp kommt meist nur durch die zum Teil weggepiepten Obszönitäten dazu. Als sympathischer Seriensnack zum Weggucken voll in Ordnung, aber gerade in Anbetracht der namhaften Beteiligten vor und hinter der Kamera wäre hier auf jeden Fall mehr drin gewesen.

    Diese Kritik basiert auf den ersten sechs (von zehn) Folgen der ersten Staffel, die uns vom Sender vorab zu Rezensionszwecken zur Verfügung gestellt wurden. „The Last O.G.“ läuft ab heute, dem 6. Juni 2018, immer donnerstags ab 21.00 Uhr in Doppelfolgen auf TNT Comedy. Parallel dazu sind die Episoden auch über den Streaming-Dienst Sky Ticket abrufbar.

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