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    Mehr "Star Trek" in "Star Trek: Discovery" Staffel 2: So gut sind die ersten Folgen

    Am heutigen 18. Januar 2019 erscheint die zweite Staffel „Star Trek: Discovery“ auf Netflix. Wir haben die ersten drei Episoden der neuen Season vorab gesehen und schildern euch unsere Eindrücke.

    Netflix

    Für eine Serie aus dem „Star Trek“-Franchise, das sich ja seit jeher stolz auf die Flagge geschrieben hat, in Galaxien vorzudringen, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat und deren Raumschiff passend dazu „Discovery“ heißt, gab es in der ersten Staffel „Star Trek: Discovery“ herzlich wenig Neues zu entdecken. Statt Kontakt mit fremden Kulturen zu knüpfen und diplomatische Probleme zu lösen, sprengten sich unsere Helden rund um Kommandeurin und Kriegsverbrecherin Michael Burnham (Sonequa Martin-Green) ohne Rücksicht auf Verluste durch altbekannte Orte und Szenarien. Das war zwar teilweise mächtig schick anzusehen, wahre Momente des Erstaunens oder gar eine anhaltende emotionale Wirkung ließ die neue Serie jedoch weitestgehend vermissen.

    Auch in Staffel zwei scheinen die Showrunner um Alex Kurtzman („Transformers“) bei Fans eher Gefühle der Nostalgie statt der Neugier wecken zu wollen. So gibt es gleich ein Wiedersehen mit zwei alten Bekannten aus der 60er-Original-Serie: Zum einen wäre da der frisch von der Enterprise rübergebeamte Captain Pike (Anson Mount), der das Kommando auf der Discovery übernehmen und den verstorbenen Captain Lorca beerben soll. Zum anderen sein wissenschaftlicher Offizier Spock (Ethan Peck), Michael Burnhams Adoptivbruder, dessen mysteriöses Verschwinden wohl eine der zentralen, episodenübergreifenden Geschichten der zweiten Staffel bilden wird. In den ersten drei Folgen tritt der Kultvulkanier zwar noch nicht (als Erwachsener) in Erscheinung, im Trailer zur Staffel gab es ihn jedoch schon zu sehen, was auf einen baldigen Kontakt zwischen den Figuren schließen lässt.  

    Darum geht’s in der 2. Staffel „Discovery“

    Die Handlung schließt direkt an das Finale der ersten Staffel an. Die Crew empfängt Captain Pike an Bord der Discovery, dieser übernimmt die Führung und verkündet, dass Gefahr im Verzug ist: In den folgenden Episoden jagt das Raumschiff einer Reihe von sonderbaren Explosionen hinterher, die zeitgleich an verschiedenen Stellen der Galaxis beobachtet wurden. Diese Phänomene deuten auf ein bevorstehendes Ereignis von gigantischem Ausmaß hin, an den betreffenden Orten werden zudem bald unheimliche, an Engel erinnernde, Gestalten gesichtet. Im Rahmen ihrer Mission sucht Burnham nach Spock, der bereits in seiner Jugend Erfahrungen mit diesen, Red Angels getauften, Gestalten gemacht hat und mehr über die Vorkommnisse zu wissen scheint. Dabei arbeitet sie innerlich die Beziehung zu ihrem Adoptivbruder auf, in Flashbacks erfährt das Publikum von der gemeinsamen Kindheit, in der sich Spock wie ein verzogenes Balg benommen hat und Burnham (zunächst) nicht als Familienmitglied akzeptierte.

    Auf der Suche nach Antworten besucht die Discovery außerdem verschiedene Planeten, die Red-Angel-Storyline fungiert dabei als Rahmenhandlung für kleinere Exkursionen, bei denen der Bodentrupp Figuren trifft, die auf irgendeine Form mit den Phänomenen in Kontakt kamen. Trotz einer sehr konstruierten Verbindung zwischen Spock, Burnham und dem Hauptplot, ist die Geschichte ein schöner Aufhänger für kleinere, persönlichere Abenteuer, bei denen sich die Figuren mit ihrer eigenen Vergangenheit auseinandersetzen müssen.

    CBS

    Captain Pike verordnet Aggressionsbewältigungstherapie

    Ein großes Problem der Serie war in der Vergangenheit vor allem, dass die Crewmitglieder der Discovery bis auf wenige Ausnahmen oft sehr schemenhaft gezeichnet, spröde und so auch als Sympathieträger eher ungeeignet waren. Statt ihre philosophischen Differenzen durch Empathie, Logik und Respekt zu überwinden und die Meinung anderer zu respektieren, gackern sie wie die Hühner und versuchen einander ständig zu beweisen, dass sie die schlausten, extremsten und geilsten Typen überhaupt sind und daher von Natur aus die richtige Meinung haben.

    Auch deshalb ist Neuzugang Pike mit Abstand das Beste an den Folgen, die wir bisher gesehen haben. Der neue Kapitän, der sich anfangs noch widerwillig an den Stänkereien und Wortgefechten seiner neuen Crew beteiligt, stellt nach der ersten Mission mit Burnham und Co. nämlich erst einmal klar, dass von nun an ein anderer Wind weht. Statt auf Dominanz wie sein Vorgänger setzt Pike auf Vernunft und Kommunikation im Umgang mit seinem Team, was den Nervfaktor der Dialoge wesentlich zurückschraubt. Außerdem bringt sein Schauspieler Anson Mount („Hell On Wheels“, „Marvel’s Inhumans“) eine natürliche Ausstrahlung von Lockerheit und Coolness mit, die das Arbeitsumfeld auf der Discovery gleich um einiges freundlicher wirken lässt. Seine ruhige und charmante Präsenz scheint auch einen Effekt auf die meisten anderen Hauptfiguren zu haben, die toxische Atmosphäre, die noch in Staffel eins auf der Brücke herrschte, weicht dadurch einem zunehmend professionelleren Miteinander.

    CBS

    Während Charakterköpfe wie Ingenieur Paul Stamets (Anthony Rapp) oder Kelpier Saru (Doug Jones), beide klare Highlights im Ensemble der ersten Staffel, von der eingekehrten Leichtigkeit profitieren und weiterhin durch ihre Eigenheiten unterhalten, wurden die Nervosität und Spleenigkeit von Kadettin Tilly (Mary Wiseman) so extrem hochgeschraubt, dass die Figur zu einer nervigen Karikatur verkommt. Ihre Szenen sind stellenweise nur schwer erträglich, auch weil sie in Staffel zwei (vermeintlich) von einer Figur aus ihrer Schulzeit heimgesucht wird, die sogar noch um einiges schriller und anstrengender ist als Tilly selbst. Auch die in Folge drei auftretenden Klingonen rund um Schlaftablette Voq alias Ash Tyler (Shazad Latif) passen nach dem Ende des Krieges nicht mehr so ganz in die Serie, ihre neue Storyline verspricht aber zumindest eine ordentliche Dosis Michelle Yeoh, die als (Ex-)Imperator Georgiou wieder einen Heidenspaß zu haben scheint.      

    Die "Star Trek"-Comedy-Hour

    Das eigentliche Problem von „Discovery“ in Staffel zwei ist jedoch, dass man sich als Sci-Fi-Fan beim Zuschauen schon fragt: „Für wen soll das alles überhaupt sein?“ Auf der einen Seite wollen die Macher von „Star Trek: Discovery“ eingefleischte Trekkies mit Referenzen und Anspielungen ködern und bei Laune halten, die Serie wie eine schlaue Science-Fiction-Show wirken lassen und mit der direkten Verbindung zur Originalserie die kanonische Wichtigkeit etablieren, auf der anderen Seite haben diese Verweise den Tiefgang einer Episode „The Big Bang Theory“. So beschreibt Michael Burnham die Nuancen ihrer Kultur beispielsweise mit den Worten: „I was raised on Vulcan, we don’t do funny“ („Ich bin auf Vukan aufgewachsen, Humor ist nicht unser Ding“). Und Tilly schreit nach einer Rettungstat „That’s the power of math, people!“ („Das ist die Macht der Mathematik!“), weil Vulkanier stoisch sind und die Nerds vor dem Fernseher Mathe mögen.

    Die Serie selbst hat es dann leider auch nicht so ganz mit „funny“, die Witze befinden sich alle auf dem Niveau einer typischen amerikanischen Studiositcom, wirken ohne die eingespielten Lacher aber etwas deplatziert. Tilly animiert in einer Szene die Pilotin der Discovery dazu, ein waghalsiges Manöver durchzuführen. Sie ist begeistert von der Vorstellung, dem was unmittelbar folgt beizuwohnen und verkündet lautstark, dass sie schon immer einmal „einen Donut im Weltraum ziehen“ wollte. Dominic Toretto wäre stolz. Aber was hat das mit „Star Trek“ zu tun?

    CBS

    Der ganze eingestreute Schabernack, der nicht von ungefähr an die bei Trekkies beliebtere Serie „The Orville“ erinnert, beißt sich mehr als ein bisschen mit den restlichen Szenen, die eindeutig ernst genommen werden sollen. Als Beispiel: In der ersten Episode erleben wir an einer Stelle einen Rotzwitz, danach eine Red-Shirt-Anspielung,  einige Szenen später gibt es eine Actionsequenz im All, bei der ein Mitglied des Bodentrupps ums Leben kommt, das danach nicht einmal mehr in einem Nebensatz erwähnt wird, danach bekommt eine Figur in Nahaufnahme ein brennendes Metallteil durchs Bein und am Ende diskutiert Pike mit Burnham in einer ruhigen Szene über seine Führungsmethoden. Das geht doch hinten und vorne nicht zusammen! „Star Trek“ hatte zwar schon immer sowohl ernste wie regelrecht alberne Momente, der Tonfall wechselte aber nicht innerhalb von zwei Szenen zwischen „Fast And Furious“, „Star Wars“ und „Family Guy“ hin und her.

    Fazit

    Unterm Strich bieten die ersten Folgen der zweiten Staffel „Star Trek: Discovery“ eine Mischung aus einigen erfreulich guten neuen Ideen, frustrierenden Verschlimmbesserungen und nervigen Altlasten. Was der Serie für viele Zuschauer – und vor allem für Liebhaber des „alten“ Star Trek – das Genick brechen dürfte, ist die Oberflächlichkeit der Referenzen und die Mutlosigkeit der Macher, die anscheinend das Gefühl haben, bereits in Staffel zwei auf die Einführung von Kultfigur Mr. Spock zurückgreifen zu müssen, um das Interesse der Fans für ihre Serie zu entfachen. Außerdem befindet sich die Serie immer noch in einer Identitätskrise irgendwo zwischen J.J.-Abrams-Abenteuer, Michael-Bay-Bombast und der Ironie einer Chuck-Lorre-Sitcom.

    Wer darüber hinwegsehen und sich wie wir zumindest mit einigen der Figuren anfreunden kann, wird in der zweiten Staffel zumindest mit einer originelleren und spannenderen Storyline belohnt. Wir sind zwar immer noch gespannt, wo die Reise mit dem verrückten Raumschiff hingeht, haben die Tür zu den Notshuttles aber vorsichtshalber immer im Blick.

    „Star Trek: Discovery“ Staffel zwei läuft seit dem heutigen 18. Januar 2019 wöchentlich auf Netflix.

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