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    Die Kritik an der 4. Staffel von "The Crown" wird lauter: Darum ist die Forderung der Politiker an Netflix ziemlicher Quatsch!

    In Großbritannien ist eine Diskussion losgebrochen, ob Netflix vor die vierte Staffel von „The Crown“ einen Hinweis packen sollte, dass es sich bei dem Inhalt um „Fiktion“ handelt. Inzwischen hat sogar die Regierung ihren Senf dazugegeben.

    Netflix

    Die Netflix-Produktion „The Crown“ widmet sich den Herrschaftsjahren von Elisabeth II. – und das sind inzwischen eine ganze Menge, schließlich wurde die heute 94-jährige Monarchin bereits 1952 zur Königin des Vereinten Königreichs gekrönt! Deshalb hat es auch drei ganze Staffeln gedauert, bis der Serien-Hit endlich bei der skandalträchtigsten Story von allen angekommen ist – dem legendären Klatschspalten-Drama um das Liebesdreieck von Prince Charles (Josh O'Connor), seiner Frau Prinzessin Diana (Emma Corrin) und seiner Geliebten Camilla Parker Bowles (Emerald Fennell)...

    Ein Traum für Soap-Fans mit Anspruch, der in den vergangenen Tagen jedoch auch eine ganze Menge (zum Teil mächtige) Gegner auf den Plan gerufen hat – selbst Oliver Dowden, der Kulturminister in der Regierung von Boris Johnson, hat in einem Interview mit der Boulevardzeitung The Mail gefordert, dass Netflix zu Beginn der Serie klarmachen sollte, dass es sich dabei um einen fiktionalisierten Stoff handelt. Zudem kündigte er an, deshalb in der kommenden Woche auch noch einen Brief an Netflix schreiben zu wollen.

    Neben vielen Diana-Fans sowie Royals-Experten wie Hugo Vickers gehört auch Charles Spencer zu den schärfsten Kritikern der Serie. Wobei sich der Bruder der 1997 bei einem Autounfall ums Leben gekommenen Prinzessin von Wales vor allem um die Zuschauer jenseits des Atlantik sorgt, wenn er in einem Gespräch mit dem TV-Sender ITV erklärt: „Amerikaner erzählen mir, dass sie ‚The Crown‘ gucken, als würden sie eine Geschichtsstunde nehmen. Nun ja, das tun sie aber nicht. Es gibt viele Vermutungen und viele Erfindungen. Man kann sich an Fakten entlanghangeln – aber die Momente dazwischen sind dazuerfunden.“

    So weit, so erwartbar. Überraschend ist hingegen, dass die Forderung inzwischen auch in den eigenen Reihen erhoben wird: Helena Bonham Carter („The King’s Speech“), die in den Staffeln 3 und 4 als Prinzessin Margaret auftritt, betonte etwa in einer kürzlich erschienenen Episode des offiziellen „The Crown“-Podcasts, dass sie eine ähnliche Ansicht vertrete: „Ich denke, wir haben eine moralische Verantwortung, zu sagen: ‚Wartet mal, das hier ist kein Doku-Drama, das ist ein Drama.‘ Das sind zwei vollkommen verschiedene Dinge.“

    Die Macher der Serie oder Verantwortliche von Netflix haben sich bisher übrigens nicht offiziell zu der Forderung nach einem erklärenden Hinweis vor den einzelnen Episoden geäußert. Ob Kulturminister Oliver Dowden den angekündigten Brief abgeschickt hat oder ob er einfach nur eine genehme Schlagzeile in einem Boulevardblatt mit Millionenauflage erreichen wollte, ist nicht bekannt.

    +++ Meinung +++

    Ja, ja, es muss doch auch mal jemand an die armen Amerikaner denken, die offenbar zu blöd sind, um Fakt und Fiktion bei einer Streaming-Serie auseinanderzuhalten. Aber selbst wenn man mal über die europäische Arroganz in dem Statement von Charles Spencer hinwegsieht: Es glaubt doch wohl niemand ernsthaft, dass es den Kritikern hier wirklich um das Hinzufügen eines Warnhinweises geht – bei dieser Forderung handelt es sich doch maximal um einen Stellvertreterkrieg.

    Es geht überhaupt nicht darum, dass in „The Crown“ etwas hinzuerfunden oder dramatisiert wird – sonst hätte man den Warnhinweis ja auch schon in den ersten drei Staffeln fordern müssen (sowie bei Tausenden Filmen, die sich mit historischen Figuren von Politikern über Kriegsherren bis zu Sportstars beschäftigen und von denen die allermeisten ohne Dramatisierungs-Hinweis auskommen.) Stattdessen geht es darum, was hinzuerfunden wurde – und dass das vielen Royalisten nicht in den Kram passt.

    Hätte man Prinzessin Dianas belegte Bulimie einfach unter den Tisch fallen lassen oder Prinz Charles selbstbewusster porträtiert, als er es während der elfjährigen Ehe zwischen 1981 und 1992 tatsächlich war – keiner der jetzigen Kritiker hätte sich dann über diese dramatischen Freiheiten beschwert. Aber wer A sagt, muss auch B sagen. Oder er sagt gleich, was er wirklich will – und verlangt nicht nach einem Warnhinweis, der nur zeigt, dass man das Gros der Netflix-Zuschauer offenbar für nicht sonderlich medienkompetent hält.

    Alle vier Staffeln von „The Crown“ sind aktuell auf Netflix zum Streamen verfügbar.

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