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    Scar 3D
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Scar 3D
    Von Jan-Thilo Caesar

    Spätestens mit dem Triumphzug von James Camerons „Avatar - Aufbruch nach Pandora" ist das 3D-Kino von der Modeerscheinung zum dominanten Trend geworden. Auch bei Horrorfilmen setzt sich das stereoskopische Verfahren immer mehr durch: Bei „Final Destination 4" oder „My Bloody Valentine 3D" war bereits zu sehen, wie sehr der Unterhaltungswert sonst eher durchschnittlicher Filme von der neuen Technik profitieren kann. Nun kommt mit „Scar 3D" auch ein Vertreter der nach den Erfolgen von Werken wie „Saw" und „Hostel" besonders beliebten Horror-Variante des Torture Porn dreidimensional in die deutschen Kinos. Der Film entstand immerhin in Zusammenarbeit mit den Effekttüftlern von RealD, die auch schon bei „Avatar" und „Alice im Wunderland" für räumliche Tiefe gesorgt haben. Die 3D-Umsetzung ist dementsprechend durchaus gelungen, das reicht allerdings bei Weitem nicht aus, um die uninspirierte Regie von Jed Weintrob oder das hanebüchene Drehbuch vergessen zu machen und das Genre in die nächste Dimension zu katapultieren.

    Die Kleinstadt Ovid in Colorado wurde vor 16 Jahren von einer grausigen Mordserie heimgesucht und die Taten des ehemaligen Bestatters Ernie Bishop (Ben Cotton) sind dort bis zum heutigen Tage nicht in Vergessenheit geraten. Der Psychopath gab seinen Opfern die Wahl entweder selbst zu Tode gefoltert zu werden oder dem Mord an einem Mitgefangenen zuzustimmen. Eines jener Opfer, Joan Burrows (Angela Bettis), konnte jedoch entkommen und tötete Bishop, wodurch die junge Frau zu einer Lokalheldin avancierte. Nach dem traumatischen Erlebnis hat Joan ihrer Heimatstadt allerdings den Rücken gekehrt und ist mittlerweile eine erfolgreiche Immobilienmaklerin in Denver. Nun kommt sie nach Ovid zurück, um bei der Wahl ihrer Nichte Olympia (Kirby Bliss Blanton) zur „Queen Of The Fish" dabei zu sein. Doch kaum kommt Joan in der Stadt an, beginnt erneut eine Mordserie nach dem Muster von Bishops Taten. Sie vermutet, dass dieser höchstselbst zurückgekehrt ist und zweifelt langsam an ihrem Verstand. Doch dann verschwindet Olympia und Joan jagt den Killer auf eigene Faust...

    Nichts an „Scar 3D" ist wirklich neu, nicht einmal der Film selber. Er lief nämlich schon 2007 in den amerikanischen Kinos, hat es aber aufgrund der damals hierzulande noch geringen Anzahl von 3D-Sälen nicht gleich bis zu uns geschafft. Doch mittlerweile wird das Prädikat „3D" auch in Deutschland gern gesehen, verspricht es doch gute Geschäfte und sichert besondere Aufmerksamkeit. Ob „Scar 3D" nun von dem Boom profitieren kann, ist aufgrund seiner großen erzählerischen Schwächen fraglich, aber immerhin ist die Dreidimensionalität bei dem Spätstarter rein technisch betrachtet überzeugender umgesetzt als bei manch anderer 3D-Produktion, was vor allem darauf zurückzuführen ist, dass „Scar" anders als beispielsweise „Final Destination 4" oder „Kampf der Titanen" nicht erst im Nachhinein umgerechnet wurde, sondern komplett bereits in 3D gedreht worden ist.

    Das produktionstechnische Niveau ist insgesamt gerade noch akzeptabel, aber sonst schwächelt „Scar 3D" an allen Ecken und Enden. Der dünne Plot ist dabei noch eines der geringeren Übel, obwohl es diesen in ähnlicher Form schon bei „WAZ" gab und die Story keinerlei Höhepunkte oder Überraschungen bietet. Doch um so etwas schert sich der genreerfahrene Gorehound gar nicht unbedingt. Viel interessanter ist da schon die Verbindung von Folter und 3D, die dem Film zu einer nie dagewesenen Intensität verhelfen könnte. Doch auch diese Chance wird kläglich vertan, denn der 3D-Einsatz ist so einfallslos ausgefallen, dass er irgendwann - wenn überhaupt - nur noch als störend wahrgenommen wird. Kein Blut, das auf die Zuschauer zu spritzen scheint, keine spitzen Gegenstände, die bedrohlich aus dem Bild ragen. Sämtliche inszenatorischen Möglichkeiten werden gekonnt ignoriert und was bleibt, ist ein klischeebeladenes, überflüssiges Folterfilmchen, das trotz modernster Technik absolut billig und altbacken wirkt.

    „Scar 3D" besitzt zwei ineinander verschränkte Handlungsebenen, einmal die Vorgeschichte um Bishop, die in Bruchstücken aus Joans Erinnerung erzählt wird und dazu die Gegenwartshandlung um den vermeintlichen Nachahmer. Mit dieser erzählerischen Zweiteilung geht ein Spagat zwischen Torture-Porn und Slasher-Film einher. Während Olympias Freunde in bewährter „Halloween"–Tradition einer nach dem anderen als Leichen enden, werden immer wieder Foltersequenzen aus der Vergangenheit eingestreut. Die Morde geschehen dabei in der Regel im Off und man bekommt nur das Ergebnis zu sehen. Trotzdem sind die Filmemacher vor allem in der Darstellung der Folter nicht gerade zimperlich, zumal mit Blut nicht gespart wird. Allerdings war das alles schon in weitaus besserer Qualität zu sehen und auch die Effekt- und Make-Up-Arbeit kann eher selten überzeugen.

    Die Schauspieler sind bei einem solchen erzählerischen Debakel auf verlorenem Posten, entsprechend scheinen sie auch erst gar keine größere Anstrengung unternommen zu haben. Die einzige Ausnahme ist Angela Bettis, die eine durchaus glaubwürdige Darstellung bietet - wäre da nur nicht diese außerordentlich künstlich aussehende Narbe in ihrem Gesicht, deren Schorf sich in 16 Jahren anscheinend noch nicht gelöst hat. Sowohl Bishop als auch sein Nachahmer wirken dagegen äußert albern, die Rollen besitzen keinerlei Substanz und die Figurenzeichnung stützt sich, sofern davon die Rede sein kann, ausschließlich auf abgeschmackte Klischees und Genrekonventionen. Alleine die markige Kopfbedeckung Bishops sollte auch dem naivsten Teenager klar signalisieren, dass mit dem Mann etwas nicht stimmt. Noch schlimmer ist der Killer der Haupthandlung, dessen Identität erst am Ende des Films preisgegeben wird. Da der Kreis der Verdächtigen aber im Grunde nur aus einer Person besteht, ist die Auflösung nicht wirklich überraschend. Immerhin bietet sie einen der am wenigsten furchteinflößenden Killer der Filmgeschichte, Vergleichbares war bisher nur in obskuren Werken wie „Der Kühlschrank", „Pervert!" oder „Killer Tongue" zu sehen, bei diesen Trash-Granaten wurde allerdings anders als bei „Scar 3D" keinerlei Wert auf Ernsthaftigkeit gelegt.

    Durch James D. Hopkins Rolle als roboterähnlicher Papa des Nachahmers bekommt der Film sogar eine humoristische Note, die in dieser Form kaum beabsichtigt sein kann. Der stur geradeaus starrende Veteran, der seine Nächte bevorzugt in seiner Uniform und ohne Licht auf der Toilette sitzend zu verbringen scheint, sorgt für den einen oder anderen ungläubigen Lacher. Für jeden, der eins und eins zusammenzählen kann, bieten diese grotesken Auftritte sowie seine Vergangenheit als militärischer Folterknecht dazu überdeutliche Hinweise auf die Auflösung der Handlung und die Identität des Killers. Von thematischer Verdichtung oder glaubwürdiger Motivkette kann allerdings keine Rede sein. Vielmehr stellt sich schlicht die Frage, was sich die Macher dabei gedacht haben mögen.

    Fazit: Alles in allem ist „Scar 3D" eine der überflüssigsten Produktionen, die es hier in den vergangenen Jahren auf die Leinwand geschafft haben. Wäre der Film nicht in 3D, hätte diese erzählerische und inszenatorische Bankrotterklärung wohl niemals einen Verleih gefunden.

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