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    Columbus Circle
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Columbus Circle
    Von Robert Cherkowski

    Großes Kino muss nicht zwangsläufig aussehen wie „Lawrence von Arabien" oder „Der Herr der Ringe", auch ein einziges Zimmer kann zum Schauplatz großer Filmkunst werden. Romuald Karmakar etwa hat das mit dem „Der Totmacher" bewiesen und auch Roman Polanski hat in „Der Gott des Gemetzels" zuletzt mit einer Handvoll gut aufgelegter Darsteller gezeigt, dass eine räumlich beschränkte Kulisse die innere Spannung sogar noch steigern kann. Und außerdem sind Kammerspiele viel günstiger auf die Beine zu stellen als ein Wüsten- oder Fantasyspektakel. Das dachten sich offenbar auch die Macher des Thrillers „Columbus Circle" und scheuchen eine illustre Riege an Nebendarsteller-Veteranen durch geschlossene Räume. Aber Selma Blair, Amy Smart oder Giovanni Ribisi sind nicht vom gleichen Kaliber wie Kate Winslet, Jodie Foster oder Götz George. Und auch Regisseur George Gallo ist kein Romuald Karmakar und schon gar kein Polanski. Er vermag es nicht aus dem begrenzten Raum heraus das Fenster zur Welt zu öffnen: So ist „Columbus Circle" wenig mehr als ein billig aussehender Direct-to-DVD-Thriller.

    Seit fast 20 Jahren hat die traumatisierte Millionenerbin Abigail (Selma Blair) ihre Wohnung am Columbus Circle – einer ebenso schicken wie teuren Wohngegend in Manhattan – nicht mehr verlassen. Abigail leidet an Agoraphobie, einer psychischen Krankheit, die sie beim Betreten weiter Räume in panische Schockstarre versetzt. Kontakt zur Außenwelt pflegt sie per Internet, Telefon und mit Hilfe des Concierges Klandermann (Kevin Pollak), der Einkäufe und Erledigungen für sie tätigt. So ließe es sich – Krankheit hin oder her – leben, doch bald schon wird ihre Routine von einigen schicksalhaften Ereignissen aufgewirbelt. Als ein Nachbar unter ungeklärten Umständen verstirbt, wird sie vom ermittelnden Detective Giardello (Giovanni Ribisi) vorgeladen, was Abigail bereits stark verunsichert und als wenig später das zwielichtige, laut streitende und offenbar mörderisch veranlagte Pärchen Lillian und Charles (Amy Smart und Jason Lee) in die freie Wohnung einzieht, wird Abigail in einen Strudel aus Gewalt und Intrigen gezogen...

    Eine von Platzangst geplagte Protagonistin hätte eigentlich viele Möglichkeiten geboten, das knappe Budget effektvoll einzusetzen. Wer sich den zu Unrecht etwas in Vergessenheit geratenen Thriller „Copykill" mit Sigourney Weaver ins Gedächtnis ruft, wird wissen, dass Agoraphobie ein spannender Aufhänger sein kann: Der Gegensatz zwischen Gefangensein im Inneren und psychischem Druck von außen bietet sich für vielfältige Variationen an. „Columbus Circle"-Regisseur George Gallo („Middle Men", „Die doppelte Nummer") lässt diese Möglichkeiten ungenutzt und setzt das Geschehen in uninspirierte Schema-F-Bilder, die nie Spannung oder Atmosphäre aufkommen lassen.

    Und auch bei der Besetzung hatte Gallo keine glückliche Hand. Der sonst oft kraftvoll glänzenden Selma Blair („Eiskalte Engel", „Hellboy") fehlt als gebrochener, hilfloser, vom Zuspruch eines alten Familienfreundes (im besten Sinne des Wortes routiniert: Beau Bridges) und des Concierges (im schlechtesten Sinne des Wortes routiniert: Kevin Pollak) abhängigen Frau die Überzeugungskraft. Ähnlich fehlbesetzt wirkt auch der sonst eher auf Grenzgänger und Soziopathen festgelegte Giovanni Ribisi („Avatar", „Der Soldat James Ryan"), der hier einen durchschnittlichen Cop spielt, seiner Rolle aber keine Konturen verleihen kann. Ganz zu schweigen von Amy Smart („Crank", „Butterfly Effect"), die als Femme fatale durch den Film stolpert und wie ein Fremdkörper wirkt.

    Die Schauspieler stehen allerdings auch weitgehend auf verlorenem Posten und werden von den Drehbuchautoren ein ums andere Mal im Regen stehen gelassen. Dabei hat Regisseur und Co-Autor George Gallo einst auch immerhin Martin Brests „Midnight Run" geschrieben. Von dessen Cleverness und Zielstrebigkeit ist „Columbus Circle" weit entfernt. Was hier als Psycho-Drama beginnt, wandelt sich bald zu einem Thriller über Frauen in Gefahr, um schließlich zu einem leichenreichen Intrigenspiel zu werden. Zu diesem Zeitpunkt aber hat der Zuschauer längst den Faden verloren, zumal jede Figur mit mindestens einer ebenso unvorhersehbaren wie unglaubwürdigen Charaktereigenschaft ausgestattet ist. Und so ist es irgendwann wirklich egal, wer da wen betrügt und wer sich mit wem verbündet, um wen in die Pfanne zu hauen.

    Fazit: „Colombus Circle" ist ein holpriger und unmotivierter Thriller, der in seiner Mittelmäßigkeit spurlos vorbeirauscht.

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