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    Dirty Cops: War On Everyone
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Dirty Cops: War On Everyone
    Von Carsten Baumgardt

    Die McDonagh-Brüder sind die Doppelspitze des schwarzen Humors unter den irischen Filmemachern: Während der Jüngere, Martin McDonagh, mit „Brügge… sehen und sterben?“ (2008) debütierte und mit „7 Psychos“ (2012) stark nachlegte, ließ sich der Ältere, John Michael McDonagh, seinerseits mit „The Guard - Ein Ire sieht schwarz“ (2011) und „Am Sonntag bist du tot“ (2014) nicht lumpen. Was haben alle diese Werke gemeinsam, außer der 4,5-Sterne-Wertung auf FILMSTARTS und ihrer entsprechenden Klasse? Sie bersten vor abgründigem, tiefschwarzem Witz - und ihre Verwandtschaft ist unübersehbar. Nun setzt John Michael mit der bei der Berlinale 2016 in der Nebensektion Panorama aufgeführten satirischen Thriller-Komödie „Dirty Cops: War On Everyone“ noch einen drauf. Diesmal überspannt er allerdings den Bogen, der überkandidelte Film läuft ihm erzählerisch aus dem Ruder und wirkt eher wie eine Fingerübung für zwischendurch.

    Terry Monroe (Alexander Skarsgard) und Bob Bolano (Michael Pena) sind die schlimmsten Cops von ganz New Mexico. Mit ihren rüden Methoden machen sie sich keine Freunde, weder unter den Kollegen noch in der Verbrecherwelt: Sie überfahren Verdächtige, schieben ihnen Kokain unter, saufen, rauchen und koksen, was das Zeug hält - und nun wollen sie auch noch die großen Gangster abzocken und sich eine Million Dollar, die nach einem Raub vermisst wird, unter den Nagel reißen. Deshalb nehmen die bösen Bullen den aalglatten britischen High-Class-Kriminellen James Mangan (Theo James) ins Visier, der seine Hände im Spiel hat. Unterwegs verliebt sich Terry noch in die Stripperin Jackie (Tessa Thompson), während der zweifache Vater Bob Schwierigkeiten hat, sein Familienleben in den Griff zu bekommen.

    Ernst nimmt John Michael McDonagh in „Dirty Cops“ nichts. Auf eine sinnstiftende Handlung verzichtet er gleich ganz. Er beginnt irgendwo mittendrin, als Terry und Bob einen Flüchtigen über den Haufen fahren und endet mit einer kuriosen Schlusswendung, wenn sich all der Ärger wundersam in Wohlgefallen auflöst. „Dirty Cops: War On Everyone“ könnte auch als Spielfilmfassung des legendären Beastie-Boys-Musikvideos zu „Sabotage“ durchgehen. Was in dem dortigen Rahmen funktioniert – karikaturhafte Zuspitzung und ein Sperrfeuer an coolen Gesten – nutzt sich auf Spielfilmlänge allerdings irgendwann ab. Da macht sich dann schon bemerkbar, dass Terry und Bob weder interessante noch sonderlich sympathische Figuren sind, sondern nur zwei völlig überzeichnete Cops außer Rand und Band. Dem Film fehlt jede Erdung, McDonagh ergeht sich in Anspielungen und Attacken – vor allem auf das Genre des Buddy-Cop-Movies, wie es Hollywood mit „Nur 48 Stunden“, „Bad Boys“, „Lethal Weapon“ und Co kultivierte, aber auch auf „Pulp Fiction“. Der Look wiederum erinnert an die pastellfarbenen 70er Jahre von „Starsky & Hutch“: In dieser rotzigen Persiflage werden die Zitate und Verweise wild durcheinander geworfen.

    Das große Ganze ergibt keinen Sinn, aber dafür sprüht „Dirty Cops“ vor verrückten Ideen. In einer Szene wird erwähnt, dass die Spur nach Island führen könnte, in der nächsten Einstellung finden wir uns wie selbstverständlich auf der nordischen Insel wieder. Von solch großartigem Stückwerk hat McDonagh jede Menge auf Lager, erwähnt sei nur noch der beißende Kommentar zum Rassismus in den USA, wenn Terrys und Bobs Vorgesetzter wie selbstverständlich feststellt, dass das Police Department ausschließlich aus „rassistischen weißen Idioten“ besteht. Auch die Schar der schillernden Nebendarsteller von Caleb Jones Birdwell („X-Men: Erste Entscheidung“) als campy Krimineller bis zu David Wilmot („Am Sonntag bist du tot“) und Malcolm Barrett („Tödliches Kommando“), die als skurrile Spitzel wie Punchingballs in die Mangel genommen werden, verbreitet Kurzweil. Mit Tessa Thompson („Creed“) als Terrys Geliebter bekommt „War On Everyone“ sogar einen kleinen Funken Anstand, denn in der seltsamen Beziehung der zwei blitzt etwas Menschlichkeit und Wärme auf.

    Fazit: John Michael McDonagh liefert mit dem Gangster-Thriller „Dirty Cops: War On Everyone“ eine vogelwild-überdrehte Satire auf das Buddy-Cop-Genre ab.

    Dieser Film läuft im Programm der Berlinale 2016. Eine Übersicht über alle FILMSTARTS-Kritiken von den 66. Internationalen Filmfestspielen in Berlin gibt es HIER.

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