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    Dumm und Dümmehr
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Dumm und Dümmehr
    Von Andreas Staben

    Sie haben keine Oscars gewonnen wie Joel und Ethan Coen („No Country For Old Men“) und auch keine Goldenen Palmen wie Jean-Pierre und Luc Dardenne („Zwei Tage, eine Nacht“), aber dafür sind Peter und Bobby Farrelly unter den regieführenden Brüderpaaren im Filmgeschäft als diejenigen bekannt, die Cameron Diaz Sperma ins Haar schmierten (in „Verrückt nach Mary“), Gwyneth Paltrow fast 100 Kilo schwerer machten (in „Schwer verliebt“) und auch mit anderen Schauspielern, mit Tieren und Exkrementen allerlei unaussprechliche Dinge anstellten. Zugleich gehören die Farrellys aber auch zu den Hollywood-Filmemachern mit einem besonders ausgeprägten Familiensinn. Ihre derben Komödien sind im Kern meist warmherzig und versöhnlich – eine Mischung, die nur Adam Sandler („Jack und Jill“) noch besser beherrscht als die Regisseure von „Unzertrennlich“ und „Ein Mann für eine Saison“. Und so fühlt sich die Fortsetzung ihres (nach „Mary“) größten kommerziellen Hits auch an wie ein filmisches Familientreffen: 20 Jahre nach „Dumm und Dümmer“ sind Lloyd Christmas und Harry Dunne zurück. Jim Carrey, Jeff Daniels und die Farrellys drehen in ihrem Komödien-Sequel „Dumm und Dümmehr“ noch einmal voll auf, die Gagdichte ist trotz überlanger Laufzeit beeindruckend hoch und die Trefferquote liegt immerhin irgendwo zwischen 15 und 30 Prozent. Zu jeder Menge bewährt hemmungslos-debilem Humor gesellt sich diesmal aber auch eine gute Dosis Nostalgie und ein Hauch Trägheit.

    Seit seine Traumfrau ihn vor 20 Jahren abgewiesen hat, vegetiert Lloyd Christmas (Jim Carrey) in einer psychiatrischen Anstalt vor sich hin. Sein Kumpel Harry Dunne (Jeff Daniels) kommt ihn einmal die Woche besuchen,  aber nun ist der selbst krank und braucht eine neue Niere. Nachdem Lloyd überraschend aus seinem „Koma“ erwacht und Harry erfährt, dass er eine Tochter hat, machen sie sich gemeinsam auf die Suche nach der inzwischen erwachsenen Penny (Rachel Melvin), die als Organspenderin in Frage kommen könnte. Die beiden Freunde reaktivieren das alte „Hundemobil“ und finden heraus, dass Penny auf einer Superhirn-Konferenz den berühmten Wissenschaftler Dr. Pinchelow (Steve Tom) vertreten wird, der sie als seine Tochter großgezogen hat. Der Forscher selbst vertraut Lloyd und Harry ein Paket mit einer wichtigen und streng geheimen Erfindung an, das sie Penny übergeben sollen. Doch Pinchelows intrigante Frau Adele (Laurie Holden) und deren Komplize, der Gärtner Travis Lippincott (Rob Riggle), wollen sich das wertvolle Päckchen unter den Nagel reißen. Es beginnt eine abenteuerliche Verfolgungs- und Verwechslungsorgie…

    Bei Witzen kommt es aufs Timing an: Das wissen sogar die zertifizierten Dummköpfe Lloyd und Harry. Da spielt der eine dem anderen 20 Jahre lang (!) ein Koma vor, spricht in der Zeit kein Wort, erträgt Schocktherapie und eine partielle Lobotomie, lässt sich vom Kumpel den Hintern abwischen und reagiert nur durch Urinieren auf die Außenwelt. Als Lloyd dann doch enttarnt wird, ist Harry nicht etwa entsetzt, sondern begeistert. Er hält das für einen genialen Streich und versucht sich auf ähnlich extreme Weise zu revanchieren (dazu sollen hier außer einem Schweinekotelett jedoch keine Einzelheiten verraten werden). Im Nullkommanichts ist man wieder mittendrin in der grenzdebilen Wahnsinnswelt der beiden legendären Erbsenhirne, zum Vergnügen des Zuschauers sind sie keinen Deut schlauer geworden und die Dummheit kennt einmal mehr keine Grenzen. Für die inzwischen angegrauten Stars Jim Carrey („Die Truman Show“) und Jeff Daniels („The Newsroom“) ist das Vollbad in Albernheit dabei ein regelrechter Jungbrunnen. Sie machen etwa aus einer Szene, in der Lloyd und Harry miteinander telefonieren, ohne zu merken, mit wem sie da reden, echtes Komödiengold. Vor allem Carrey ist bei dieser Wiedervereinigung in seinem Element und findet noch einmal zu seinen berühmten Knautschgesicht- und Gummikörpermodus aus „Die Maske“- und „Ace Ventura“-Zeiten zurück, während Daniels insbesondere auf der Konferenz der Superschlauen glänzt, als Harry irrtümlich für einen der klügsten Köpfe unserer Zeit gehalten wird...

    Allerdings funktionieren die neuen Witze längst nicht alle so gut wie ein unglaublicher Gag über das Asperger-Syndrom oder die chamäleonartigen Auftritte eines Zaungastes. Und auch wenn das Überschreiten jeglicher Geschmacksgrenzen erneut für schmerzhafte Momente sorgt (etwa beim Versuch, einer Oma ihr Hörgerät zu entwenden), ist „Dumm und Dümmehr“ vor allem durch die liebevolle Erinnerung an den ersten Film geprägt (an das unglückselige Prequel „Dumm und Dümmerer“ von 2002, an dem die Stars und die Farrellys nicht beteiligt waren, mag hingegen niemand mehr denken). Vom blinden Jungen mit dem Vogel bis zu einem Überraschungsauftritt nach dem Abspann, vom Bo-Derek-Poster an der Wohnungswand bis zum Gefährt im Hundefell – die Anspielungen, Variationen und Verneigungen sind so zahlreich, dass man sich fast ein Spiel daraus machen kann, sie zu suchen. Und auch die wieder überaus dünne Story mit dem Road Trip, der wertvollen Fracht und den Häschern auf den Fersen der Freunde weist starke Ähnlichkeiten zum Klassiker auf. Die Beteiligten haben sichtlich Spaß daran, die alten Zeiten aufleben zu lassen, manchmal wirkt das allerdings auch wie ein nostalgisches Privatvergnügen. Ohne „Dumm und Dümmer“ gäbe es „Dumm und Dümmehr“ nicht und ohne ihn im Hinterkopf macht er auch nur halb so viel Spaß.       

    Fazit: Mit dem Original kann diese späte Fortsetzung nicht mithalten, aber wer „Dumm und Dümmer“ mag, der wird auch bei „Dumm und Dümmehr“ etwas zu lachen haben.

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