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    The Boss Baby
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    The Boss Baby
    Von Christian Horn

    Ein sprechendes Baby im Business-Anzug - schon wenn wir uns das nur vor dem inneren Auge ausmalen, müssen wir schmunzeln und das geht den Verantwortlichen bei Dreamworks Animation offenbar ganz ähnlich: Als die Idee einer Verfilmung des Bilderbuchs „The Boss Baby“ an sie herangetragen wurde, bekam Regisseur Tom McGrath den Auftrag, nach der „Madagascar“-Trilogie und „Megamind“ sein fünftes 3D-Abenteuer für die Animationsschmiede zu realisieren, die auch die Reihen „Shrek“, „Drachenzähmen leicht gemacht“ und „Kung Fu Panda“ hervorgebracht hat. Doch an die besten Filme des Hauses kommt „The Boss Baby“ nicht heran. Drehbuchautor Michael McCullers („Austin Powers in Goldständer“, „Saturday Night Live“) bleibt recht nah am kindgerechten Tonfall der Vorlage, aber die Filmemacher setzen recht einseitig auf Gags und Action, ohne sich groß um differenzierte Figurenzeichnung und Handlungsführung zu kümmern. Und so driftet das Geschehen zuweilen in Chaos und Hektik ab – da nutzt sich selbst das wirklich sehr lustige Titelhelden-Baby irgendwann ab.

    Als der siebenjährige Tim (Stimme im Original: Miles Christopher Bakshi) einen kleinen Bruder bekommt, steht das neue Baby (Alec Baldwin) fortan im Mittelpunkt des Familienlebens. Tims Eltern (Lisa Kudrow und Jimmy Kimmel) ahnen nicht, dass der Nachwuchs von der Hilflosigkeit eines Säuglings weit entfernt ist: Das ausgebuffte Baby kann sprechen, trägt einen Business-Anzug und beansprucht den Führungsanspruch in der Familie. Das sorgt für Knatsch mit Tim, der die ungeteilte elterliche Aufmerksamkeit vermisst und den ungeliebten Windelträger loswerden will. Doch schließlich raufen sich die Brüder zusammen, um gemeinsam dem windigen Geschäftsmann Francis E. Francis (Steve Buscemi) das Handwerk zu legen. Der sorgt dafür, dass die Menschen ihre Liebe immer mehr in Hundewelpen statt in Babys investieren…

    „The Boss Baby“ beginnt mit einer Vorstellung der Lebenswelt des Off-Erzählers Tim. In seiner blühenden Fantasie avancieren der Vorgarten und die Badewanne zum Kongo und zur Tiefsee, vor dem Schlafengehen lesen ihm die Eltern eine Gutenachtgeschichte vor und singen ein selbst komponiertes Schlaflied. Tim genießt die Zuwendung von Mama und Papa und beantwortet die Frage, ob er nicht ein Brüderchen wolle, mit einem schlichten „Nein, danke.“ Doch der runde Bauch seiner Mutter verheißt anderes: Der Nachwuchs ist schon unterwegs und wurde nicht etwa vom Storch gebracht. Vielmehr stammen die Säuglinge aus der Firma Baby Corp., wo sie am Fließband gepudert, gewindelt und beschnullert werden, ehe die Kitzelprobe zeigt, aus welchem Holz die Kleinen geschnitzt sind: Wer lacht, landet ganz normal im Schoß einer Familie, wer nicht lacht, empfiehlt sich für das Management – so auch das titelgebende Boss-Baby. Mit Anzug, Aktentasche und vollentwickeltem Sprachvermögen im Gepäck geht es für diesen Säugling undercover in die neue Familie, wo der kleine Manager sich als gewöhnliches Baby ausgibt, insgeheim aber den Launch der neuesten Sorte Hundewelpen verhindern soll.

    In der Prämisse mit dem frühreifen Kind in Schlips und Kragen steckt eine implizite Kritik an unserem von Konkurrenzdruck, Machtstreben und Geldgeilheit bestimmten Leben, das als absurd und einseitig entlarvt wird, wenn das strebsame Baby Tim allen Ernstes erklärt, dass er mit siebeneinhalb Jahren viel zu alt für eine Karriere sei. Zwischenmenschliche Irritationen besänftigt der Junior-Manager mit Geld, seine Gedanken kreisen allein um den angestrebten Erfolg. Trotzdem ist das abgebrühte Baby keineswegs so zynisch wie etwa Stewie aus „Family Guy“, so kann der eifersüchtige Tim den komischen Bruder schließlich doch ins Herz schließen. Und nachdem sie mit Teamwork alle Probleme gelöst haben, steht am Ende des Films eine dieser typischen harmonischen „Die Familie ist das Wichtigste“-Botschaften.

    Die Konflikte sind klar ausformuliert und werden auch für die jüngeren Zuschauer verständlich aufbereitet, gelegentlich finden die Filmemacher dabei sehr hübsche sprechende Bilder für die Nöte der kindlichen Protagonisten: Als Tim seine heile Welt vom neuen Brüderchen überschattet sieht, geht die Sonne morgens als Babygesicht auf, die Einsamkeit des Mini-Managers wiederum findet ihren visuellen Ausdruck in einem absurd hohen Schreibtisch, der ihn von den Mitmenschen abkoppelt. Besonders tiefschürfend ist letztlich aber weder die Darstellung dieser Sorgen, noch die Satire auf Karrieremenschen – all die Probleme sind vor allem der erzählerische Aufhänger für ein actionreiches Buddy-Movie mit ausgeklügelt-aufwändigen Setpieces und viel Tempo.

    Da wird dann beispielsweise die legendäre Eröffnungsszene von „Jäger des verlorenen Schatzes“ parodiert – nur diesmal ohne rollenden Stein, sondern mit dem Fokus auf das Fingerspitzengefühl beim Austausch des Diebesguts. Oder eine Sequenz im dreidimensionalen Klappbilderbuch-Design verweist liebevoll auf die Vorlage des Animationsfilms. Doch viele der Verfolgungsjagden und Action-Hatzen sind allzu überdreht und wirken hektisch, auch wenn es ähnlich wie bei „Ant-Man“ immer wieder für Lacher sorgt, wenn zwischendrin aus der „Normalperspektive“ auf das nach außen hin unspektakuläre Treiben der Babys geschaut wird. Durch die hohe Schlagzahl ist der hyperaktive „The Baby Boss“ auch nie langweilig, doch anstelle von immer mehr Gags und immer mehr Action hätte man dem Film etwas mehr Tiefgang in der Bruderbeziehung und mehr ruhige Momente gewünscht.

    Fazit: „The Boss Baby“ bietet einen originellen Titelhelden, eine faszinierende Prämisse und jede Menge hochwertig animierte 3D-Action, doch dabei wird zu einseitig auf Tempo und Aufregung gesetzt.

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