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    Three
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Three
    Von Ulf Lepelmeier

    Der Meister der geschmackvoll stilisierten Triaden-Thriller, der bis 2017 bereits über 60 Filme in den unterschiedlichsten Genres inszeniert hat, scheint immer noch hungrig auf Neues zu sein. Nach seiner romantischen Musical-Komödie „Office“ versucht sich Johnnie To („Election“, „The Mission“) nun an einem Klinikkrimi, der auf einen grandiosen Showdown hinausläuft. Allerdings ist „Three“ wie ein zweischneidiges Skalpell-Messer - scharf in seiner wunderbar choreografierten Actionfinalwucht, doch stumpf in seiner Krankenhauskriminalstory. Man darf sich immerhin freuen, dass To mit seinem Finale zu dem visuell herausragenden Actionfeuerwerken der fliegenden Projektile und Körper zurückkehrt. Doch bis dieser furiose Schlussakt einsetzt, gibt es ein zwar bedacht arrangiertes, aber doch weitgehend maues Katz-und-Maus-Spiel um Kontrolle und Hybris im „Grey’s Anatomy“-Ambiente.

    Drei Leben kreuzen sich in der neurochirurgischen Station eines Hospitals in Hongkong. Da ist zum einen die begabte und hart arbeitende Chirurgin Dr. Tong Qian (Wei Zhao), die erstmals an sich selbst zweifelt, als ihr ein Patient nach einer Operation extreme Vorwürfe macht. Zum anderen sind da Chefinspektor Ken (Louis Koo) und der von ihm ins Krankenhaus eskortierte und mit Argusaugen bewachte Verdächtige Shun (Wallace Chung). Die Verhaftung scheint nicht gemäß den Polizeibestimmungen durchgeführt worden zu sein und zudem sind die Komplizen des nun ans Bett gefesselten angeschossenen Bankräubers noch auf freiem Fuß. Der sich zwischen Genie und Wahnsinn präsentierende Verbrecher, der trotz des Projektils in seinem Kopf noch bei Bewusstsein ist, könnte jederzeit versterben. Die notwendige Operation lehnt er aber ab und lässt lieber durchscheinen, dass sich der Inspektor noch auf einiges gefasst machen kann. Hat der Todgeweihte wirklich noch ein paar Asse im Ärmel, oder spielt er sich nur wichtigtuerisch auf?

    Während die Operationsszenen und das Finale penibel durchdacht in Szene gesetzt sind, scheinen die übrigen Vorkommnisse im Krankenhaus sowie das gegenseitige Belauern von Polizisten und Verbrechern für Johnnie To eher nebensächliche Fingerübungen zu sein. Die Story ist hier kaum mehr als ein Vorwand und fungiert vor allem als Vorbereitungsmaßnahme: Das Krankenhaussetting schafft ein enges räumliches Korsett, ein Spielfeld, auf dem die einzelnen Schachfiguren von To für das große Finale in Stellung gebracht werden. Viele Nebenfiguren lassen sich erst im Lauf der Zeit der Polizei- oder der Gangsterfraktion zuordnen, so wird leidlich die Spannung hochgehalten, während zwei Sidekicks (ein verwirrter Patient sowie ein übergewichtiger und etwas trotteliger Polizist) mit unberechenbaren Störmanövern und Pannen für Erheiterung sorgen. Das dramatische Potenzial der Konstellation wird indessen kaum ausgeschöpft und das liegt daran, dass die Figuren aus etwas grobem Holz geschnitzt sind.

    Zwar müht sich etwa der chinesische Schauspielstar Wei Zhao („Red Cliff“, „Exiled“) um eine emotionsgeladene Darstellung der zielstrebigen und an sich zweifelnden Chirurgin Tong Qian, aber sie erreicht nie das Format einer Schachkönigin. Ein wenig leichter hat es Wallace Chung („Drug War“) als angeschossener Verbrecher Shun: Mit diabolischem Grinsen und dem übereifrigen Zitieren von Philosophen macht der Darsteller die Gefahr deutlich, die von Shun ausgeht. Der ans Bett gefesselte Verdächtige mit den angezählten Lebensstunden ist hier noch die dankbarste Rolle, wohingegen der Part des schweigsamen Hauptinspektors Chen dem erfahrenen Louis Koo („Election“, „Drug War“) nicht allzu viel abverlangt. Insgesamt gilt, dass die Figuren nicht wirklich zum Mitfiebern einladen, aber immerhin wird professionell dafür gesorgt, dass das Interesse am Geschehen nie vollständig erlahmt. Und so lässt sich das genüsslich zelebrierte, herausragend choreografierte Finale genießen, auch wenn es allein nicht ausreicht um „Three“ als Ganzes über solides Genreniveau hinauszuheben. Wir setzen darauf, dass sich Johnnie To nach seinem Musicalausflug und diesem Hospital-Crime-Mix demnächst wieder einem echten Triadenthriller vornimmt.

    Fazit: Mit gekonntem Skalpelleinsatz trifft Johnnie To in seinem furiosen Action-Finale direkt ins Herz der Genrefans, doch bis dahin ist „Three“ nur ein routiniert abgewickelter Krankenhauskrimi.

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