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    Arkansas
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Arkansas

    Das (un-)organisierte Verbrechen

    Von Oliver Kube

    Kyle Ribb, der Protagonist von Clark Dukes „Arkansas“, stellt an einer Stelle fest: „Was viele Leute nicht wissen: Das organisierte Verbrechen in den US-Südstaaten ist nicht wirklich organisiert!” Im Voiceover erläutert der Kriminelle weiter, dass der seit den Siebzigern landläufig verwendete Begriff „Dixie Mafia“ viel zu großzügig eingesetzt würde. Denn die durch Banden betriebenen Aktivitäten – von illegalen Hundekämpfen über Drogen- und Waffenhandel bis hin zu Erpressung und Mord – würden keinem Vergleich mit denen ihrer mexikanischen beziehungsweise italienischen Pendants standhalten. Die für nur eine Handvoll mächtiger Bosse arbeitenden Kleinverbrecher von Texas bis Delaware seien eigentlich nur eine Ansammlung allenfalls lose miteinander verbundener Gammler, Junkies und Drecksäcke, die – wie Ribb selbst – keinen Ehrenkodex kennen und keiner übergreifenden Lebensphilosophie folgen.

    In diesem unberechenbaren Umfeld hat der aus „Kick-Ass“ und „Hot Tub Time Machine“ bekannte, hier zudem als Produzent und Drehbuchautor fungierende Schauspieler und Komiker Clark Duke seine erste Regiearbeit angesiedelt. Während das Ergebnis zwar recht weit davon entfernt ist, irgendwann als Klassiker in die Kinohistorie einzugehen, deutet der selbst in Arkansas geborene und aufgewachsene Duke mit der überraschend hochkarätig besetzten Indie-Produktion durchaus erzählerisches und inszenatorisches Potenzial an. Genre-Fans dürften mit „Arkansas“ zumindest einen unterhaltsamen Abend verleben.

    Der Inbegriff des Unorganisierten Verbrechend: Die Kleingangster Kyle (Liam Hemsworth) und Swin (Clark Duke) sind schnell mit der Situation überfordert.

    Kyle (Liam Hemsworth) und Swin (Clark Duke) schlagen sich mehr schlecht als recht als Kleindealer und Drogenkuriere im ländlichen Arkansas durch. Ihren Boss, ein Mann namens Frog (Vince Vaughn), haben sie noch nie getroffen, da der seine Geschäfte komplett über Mittelsmänner abwickelt. Eines Tages wird das Duo mit einer großen Ladung illegaler Substanzen auf ihrem Pickup-Truck vom Park Ranger Bright (John Malkovich) angehalten, der allerlei seltsame Fragen stellt. Allerdings verhaftet der Gesetzeshüter die jungen Männer nicht, sondern nimmt sie zu einem von ihm geführten Campingplatz mit.

    Kyle und Swin sind gerade unerwartet befördert worden. Bei freier Kost und Logis dürfen sie von nun an nicht nur einen kleinen Park pflegen, sondern auch Lieferungen in benachbarte Bundesstaaten durchführen. Im Anschluss an eine solche Tour nach Louisiana kommt es dann aber zu unvorhergesehenen Komplikationen. Plötzlich sind die zwei auf sich allein gestellt und haben niemanden mehr, der ihnen sagt, was zu tun ist. Diese neue Situation droht den ungleichen Kumpels, zu denen sich mittlerweile auch Swins Freundin Johnna (Eden Brolin) gesellt hat, schnell über den Kopf zu wachsen …

    Ein ungleiches Paar

    Der Zuschauer lernt den von „Die Tribute von Panem“-Beau Liam Hemsworth verkörperten Kyle gleich bei seiner Lieblingsbeschäftigung kennen: Mit sich allein Bier trinken, während er langsam, aber sicher vor dem Fernseher wegdämmert. Kyle beschreibt sich selbst als antrieblos und ohne Ehrgeiz. Swin hingegen ist fast das komplette Gegenteil zum mürrischen Eigenbrötler. Er ist eine hyperaktive Quasselstrippe mit übersteigertem Selbstbewusstsein, schrillem Äußeren und extrovertiertem Auftreten. Wären die zwei nicht engagiert worden, um als Komplizen bei der routinemäßigen Ausführung von Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz zusammenzuarbeiten, wären sie sich vermutlich niemals begegnet.

    Die Chemie zwischen den Protagonisten funktioniert trotz oder gerade wegen ihrer Gegensätzlichkeit bestens. Es ist den Darstellern anzumerken, dass sie Freude daran haben, die Eigenheiten ihrer Parts herauszustellen. Auch die Interaktion mit den anderen Figuren – vor allem mit dem von John Malkovich („Con Air“) auf seine unvergleichliche Art gegebenen Bright und später mit Vince Vaughn – macht nicht nur den Schauspielern Spaß, sondern ebenso dem Publikum. Da ist es (fast) kein Problem, dass es im Handlungsablauf zwischendurch wiederholt zu kurzen Leerlauf-Phasen kommt und das Produktionsbudget offensichtlich arg begrenzt war. Ein Umstand, der sich unter anderem an der zwar adäquaten, dabei jedoch alles andere als aufwändigen und mehr an eine TV-Produktion erinnernden Kameraarbeit von Steven Meizler („The OA“) ablesen lässt. Zudem hatte man wohl keine Dollars mehr für einen Make-up-Experten übrig, der Vaughns Antlitz zwischen den mehr als drei Jahrzehnte auseinander liegenden Zeitschienen glaubhaft altern lassen konnte. Ein wenig Haarfärbemittel sollte da offenbar reichen.

    Ein wenig Haarefärben muss reichen, um Frog (Vince Vaughn) 30 Jahre jünger aussehen zu lassen.

    Wer auf Neo-Noir-Krimis steht, dem dürfte „Arkansas“ trotzdem gefallen. Mag man dazu auch noch das von ebenso schrägen wie gefährlichen Charakteren bevölkerte Südstaaten-Ambiente der brillanten TV-Serie „Justified“, dann gehört der Film klar auf die Watchlist. Denn das auf dem gleichnamigen Roman von John Brandon basierende Skript orientiert sich in Sachen Story-Aufbau, Stimmung oder Dialogen merklich an den Werken des Autoren, auf dessen Vorlage etwa auch „Justified“ basiert: Elmore Leonard, das literarische Genie hinter beispielsweise „Out Of Sight“ und „Schnappt Shorty“.

    Die Klasse der genannten Leonard-Verfilmungen erreicht „Arkansas“ nie. Aber es ist durchaus amüsant, den von einem Schlamassel ins nächste geratenden Protagonisten zuzuschauen und ihren teilweise hirnrissigen, dann wieder überraschend bauernschlauen, mit ebenso nonchalanter wie deftiger Gewalt gespickten Aktionen zu folgen. Und auch die ausführlichen Flashbacks in Frogs Anfänge in den 1980ern, wo wir erleben, wie er innerhalb kürzester Zeit ein florierendes Drogen-Imperium aufbaut, werden nicht langweilig. Begleitet wird das Ganze von einem gelungenen Soundtrack: Für den wurden Country- und Americana-Klassiker von Künstlern wie Williams Jr. und Larry Gatlin bis hin zu The Band – bewusst ein wenig neben der Spur liegend – von den Alternative-Rockern The Flaming Lips neuinterpretiert. Die Gruppe bekommt als Dankeschön auch ein hübsches Cameo als Bar-Band spendiert.

    Fazit: Kein Glanzstück des Neo-Noir-Genres, aber immerhin ein kurzweiliger, sympathisch verschrobener Krimi mit stimmigem Südstaaten-Ambiente.

     

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